Zähl Pixel
Archiv

Neues Leben in alter Werft

Die Blütezeit der Küstenschifffahrt und der Krooß-Werft in Wischhafen war Anfang der 1970er Jahre. Betrieben wurde sie bis 1993. Der Kaufmann Christian Isernhagen hat das ehemalige Gelände saniert und will dort ein Bootslager, Liegeplätze und Sanitäranlagen anbieten. Foto: privat

Die Blütezeit der Küstenschifffahrt und der Krooß-Werft in Wischhafen war Anfang der 1970er Jahre. Betrieben wurde sie bis 1993. Der Kaufmann Christian Isernhagen hat das ehemalige Gelände saniert und will dort ein Bootslager, Liegeplätze und Sanitäranlagen anbieten. Foto: privat

Der Hamburger Kaufmann Christian Isernhagen will die alte Krooß-Werft in Wischhafen wieder zu neuem Leben erwecken. Zwar nicht als Werft, aber als Bootslager und maritime Anlage. Isernhagen will mit den ersten Sanierungsarbeiten in Herbst fertig sein.

Von Peter von Allwörden Freitag, 24.08.2018, 13:00 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Isernhagen, der in Hamburg und auch Stade im Immobiliengeschäft tätig ist, kannte das marode Gelände schon lange. 15 Jahre lang sind das Gelände und die Gebäude komplett vernachlässigt worden. Es gab mehrere Vorbesitzer, nachdem die Krooß-Werft aufgrund des Strukturwandels in der Küstenschifffahrt 1993 schließen musste.

„Wir sind als Bootseigner an allem Maritimen interessiert und fanden es sehr schade, dass diese historische Anlage ungenutzt brach lag“, erklärt Isernhagen sein Interesse. Drei Jahre lang wurde verhandelt, bis es vor knapp zwei Jahren zum Kauf kam. Das Gelände gehört zuletzt einer Bremerin.

Er gründete die Werft: Wilhelm Krooß.

Alles an der ehemaligen Werft habe historisches maritimes Flair, finden Isernhagen und seine Lebensgefährtin Claudia Kubirschki. Besonders die alte Slipanlage, die wieder gangbar gemacht werden soll, hatte es Isernhagen angetan.

Zunächst stimmten die neuen Eigentümer mit den Behörden ab, was machbar und an Auflagen zu erwarten sei. Dann ging es vor einem Jahr ans Aufräumen und Entrümpeln. „Das ist unvorstellbar, wie verwildert hier alles war“, sagt Claudia Kubirschki. Zufahrten und Teile des gut einen Hektar großen Werftgeländes direkt an der Wischhafen Süderelbe wurden neu gepflastert und die Hallen und Gebäude gereinigt.

Isernhagen will auf dem Gelände ein Bootslager in der Halle und auf dem Außengelände anbieten. Zudem gibt es an der eigenen Spundwand mehrere Liegeplätze. Der Kaufmann denkt zudem an Stellplätze für Wohnmobile. „Schiffe bis zu drei Meter Tiefgang können unsere Gelände bei Hochwasser anlaufen“, sagt Isernhagen.

Gelände und Halle sollen zum Bootslager umfunktioniert werden.

Den Besuchern will das Paar einen Gemeinschaftsraum mit Sanitäranlagen einrichten. Und mit Blick in die nähere Zukunft hat Isernhagen noch eine Vision: „Das Werftgelände bietet interessante Möglichkeiten für Handwerker oder andere Startup-Ideen, die Teilflächen in Wertstatt und Halle mieten können.“ Kontakttelefon: 04770/8083046

„Als ich Kind war, lagen die Kümos in zwei Reihen im Wischhafener Hafen“, erzählt der Wischhafener Ulf Lorenzen. Der Enkel des Gründers der alten Krooß-Werft erinnert an die Blütezeiten des Betriebes, als die Küstenschifffahrt noch florierte.

Mit dem Strukturwandel in der Schifffahrt, ausgelöst durch die Einführung des Containers, gaben auch die vielen kleinen Werften entlang Niederelbe nach und nach den Betrieb auf. So war es auch mit der Krooß-Werft, die in zweiter Generation von Ulf Lorenzens Vater Hans-Adolf Lorenzen bis 1993 geführt wurde. „Dass mein Vaterüberhaupt solange durchgehaltem hat, lag an der Maschinenbauabteilung auf der Werft“, sagt Sohn Ulf, der heute als Rechtsanwalt und Notar in Freiburg arbeitet.

Hans Lorenzen musste Konkurs anmelden, weil es keine Aufträge mehr gab und die Schiffe, die immer größer und länger wurden, gar nicht in der Wischhafener Süderelbe verkehren konnten. Allein mit der Wartung und Reparatur der vier Elbefähren, die zwischen Wischhafen und Glückstadt verkehren, konnte der Betrieb nicht aufrechterhalten werden.

Blick auf die alten Werftgebäude. Fotos: von Allwörden

Die Geschichte der Werft ist übrigens ganz eng mit der der Fähre verbunden. 1951 war es, als der Baljer Georg Harttermann auf die Idee kam, zwischen den beiden Flussufern einen Fährbetrieb für Autos und Personen aufzunehmen. Er gab bei Wilhelm Krooß – nach dem Werftgründer ist heute noch eine Fähre benannt – dem Bau einer Fähre in Auftrag.

Doch dem wagemutigen Baljer ging damals das Geld aus. Krooß baute die Fähre auf eigene Rechnung zu Ende, verlangte aber eine Zweidrittel-Beteiligung an den Fährbetrieben. Bis heute sind die beiden Enkel Ulf und Kai Lorenzen Gesellschafter der Fährbetriebe.

Weil das erste Fährschiff „Wischhafen 1“ nicht ausreichend manövrierfähig war, wurde auf der Werft ein neues Fährschiff gebaut – und das funktionierte und war geschäftlich erfolgreich. Auf holsteinischer Seite hatte der Ex-Lotse Ernst Sturm auch eine Fähre in Betrieb genommen. Weil man gemeinsam schlagkräftiger war, schlossen sich 1959 die beiden Fährbetreibe zusammen. Die Werft Krooß baute zwar keine Fähren mehr, wartete und reparierte sie aber fortan.

In diesem alten Slipbuch sind alle Schiffe, die auf der Werft reparierte wurden, von 1929 bis 1993 dokumentiert.

Als Wilhelm Krooß, Jahrgang 1902, den Betrieb auf einem Gelände an der Wischhafener Süderelbe am 1. April 1923 eröffnete, startete der gelernte Schlosser zunächst mit einer Schmiede. Schon bald kam die Reparatur von Stahlschiffen dazu. 1929 baute er die erste Slipanlage. Später kamen noch zwei hinzu, die letzte und größte baute Hans Lorenzen Mitte der 1970er Jahr. Es konnten nun bis zu 100 Meter lange Schiffe geslippt werden. Damals befand sich die Küstenmotorschifffahrt noch in ihrer Blütezeit.

Wilhelm Krooß hatte nur eine Tochter. Thekla heiratete später den Stader Hans-Adolf Lorenzen, der eigens noch eine Schlosserlehre machte, um einmal den Betrieb seines Schwiegervaters weiterzuführen. Die Übernahme kam dann schneller, als gedacht. 1967 starb Wilhelm Krooß und Hans Lorenzen übernahm die Geschäfte.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.