Familienhebammen helfen Eltern und Kind
Sie helfen Eltern in Buxtehude: Kristin Scholz, Karin Barnowsky, Frauke Schulte und Andrea Lange-Reichardt (Foto von links). Foto: Wisser
Die Jugendämter in Deutschland werden immer mehr zu Reparaturbetrieben für fehlende familiäre Strukturen. Ein Instrument, das junge Eltern unterstützen und Kinder bis zum Alter von drei Jahren schützen soll, sind die „Frühen Hilfen“ und hier besonders die Familienhebammen.
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Sie kümmern sich um die Mütter und Familien, die ausgiebiger oder länger die Hilfe einer Hebamme brauchen, weil sie sich in besonderen Lebenssituationen befinden. Damit die Arbeit der Familienhebammen in Buxtehude intensiviert werden kann, geht die Hälfte der Einnahmen aus dem TAGEBLATT-Glücksschweine-Verkauf in Buxtehude diesmal an das Netzwerk „Frühe Hilfen“, das damit eine zusätzliche Sprechstunde der Familienhebammen in Stadt Buxtehude einrichtet. Die zweite Hälfte geht wie gewohnt in den Sozialfonds der Stadt. „Frühe Hilfen“ sind gemäß dem Aktionsprogramm der Bundesregierung präventiv ausgerichtete Unterstützungs- und Hilfsangebote für Eltern ab Beginn einer Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr eines Kindes. In Netzwerken „Frühe Hilfen“ arbeiten Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen zusammen und tauschen ihr Wissen aus. Die Fachkräfte kommen aus dem Gesundheitswesen, der Kinder- und Jugendhilfe, aus der Schwangerschaftsberatung und der Frühförderung.
Die Stadt hat im Stadtteiltreff „Unser Viertel“ im Bollweg zwei Angebote der Familienhebammen etabliert. Das ist einmal eine Krabbelgruppe, die von der Familienhebamme Karin Barnowsky geleitet wird, und einen Babymassage-Kursus. Den Stadtteiltreff in einer normalen Wohnung gibt es seit 2015. Damals sorgten randalierende Kinder und Jugendliche in der Gegend für viele Negativschlagzeilen. Die Räume stellt Eigentümer Vonovia (ehemals Deutsche Annington) kostenlos zur Verfügung. „Inzwischen verlagert sich der Schwerpunkt von der Jugendhilfe zur Hilfe für die ganze Familie“, sagt Frauke Schulte, die bei der Stadt für das Projekt zuständig ist. Dabei spielen die Familienhebammen eine wichtige Rolle, indem sie die Eltern aufsuchen. „Das zusätzliche Gruppenangebot hat aber den Vorteil, dass es länger genutzt werden kann“, sagt Karin Barnowsky. Die aufsuchende Arbeit endet, wenn die Kinder ein Jahr alt sind. Die offenen Gruppenangebote können Eltern nutzen, bis ihre Kinder drei Jahre alt sind. Für die Koordination der Fälle ist in der Stadt Kristin Scholz zuständig.
Der Kontakt der Eltern zu den Familienhebammen kommt über sehr unterschiedliche Wege zustande. Das Angebot kann für die Krankenhäuser in Stade und Buxtehude, für die sozialen Dienste oder die Diakonie vermittelt werden. „Wir besuchen die Eltern ein- bis zweimal in der Woche und wenn notwendig auch jeden Tag“, sagt Karin Barnowsky. Dabei geht es um viele Dinge des Alltags, wie das Füttern, das Wickeln und Ähnliches. Dinge, die in funktionierenden Familienstrukturen zum Teil die Großeltern der Babys aus eigenem Erleben an die nächste Generation weitergeben konnten. Es geht aber auch um Arzt- und Behördenbesuche und die Mutter-Kind-Bindung.
Das alles geht weit über die normale Hebammentätigkeit, die von den Krankenkassen bezahlt wird, hinaus. Die Familienhebammen sind im zunehmenden Maße auch in Doppelfunktion in den Familien unterwegs. Im Idealfall haben betreute Eltern und Hebamme schon in der Schwangerschaft Kontakt zueinander. „Wichtig ist, dass die Eltern Vertrauen zu den Hebammen haben“, sagt Karin Barnowsky.
„Im Präventionsbereich haben alle Jugendämter noch Luft nach oben. Diese vorbeugenden Tätigkeiten befinden sich gerade erst im Aufbau“, sagt Andrea Lange-Reichardt, Leiterin des Buxtehuder Jugendamts. „Deshalb können wir das Geld aus dem Glücksschweine-Verkauf an dieser Stelle sehr gut gebrauchen“.