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Fredenbecker Messertat soll hart bestraft werden

Im Prozess um die Messerstecherei in der Asylbewerberunterkunft in Fredenbeck bleibt es spannend. Wenn es nach dem Staatsanwalt geht, wandern die Angeklagten für viele Jahre hinter Gitter.

Von Wilfried Stief Donnerstag, 17.11.2016, 17:59 Uhr

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Die Verteidiger hingegen plädierten am Donnerstag für eine Strafe, die „so mild wie möglich“ ausfallen sollte. Bis zum Montag lässt sich die Erste Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rolf Armbrecht Zeit, die Inhalte der so unterschiedlichen Plädoyers auszuloten. Sind die rechtlichen Einschätzungen zum Tatgeschehen vom April dieses Jahres für die drei Berufsrichter beinahe alltägliches Geschäft, so kommt auf die beiden Schöffen – als Laienrichter aus dem Volk – eine anspruchsvolle Aufgabe zu.

Für den Staatsanwalt ist am Ende der Beweisaufnahme klar, dass die beiden Angeklagten sich gemeinsam entschlossen haben, ihr Opfer mit einem Messer anzugreifen. Den Tod des Landsmannes hätten sie dabei billigend in Kauf genommen. Sie passten den Moment ab, in dem der junge Mann nach seinem Praktikumstag allein in der Küche hantierte und griffen ihn an. Ein lebensbedrohlicher Stich in den Hals, Verletzungen am Bauch und schwere Verletzungen an der Hand waren die Folge.

Zu noch Schlimmerem kam es nicht, weil das Opfer fliehen und bei einem Bekannten in der Unterkunft Schutz finden konnte. Für den Staatsanwalt ist eindeutig, dass die Täter damals ihren Tatplan nicht freiwillig aufgegeben haben und daher sind seine Forderungen heftig. Wegen versuchten Totschlags soll der zur Tatzeit 17-jährige A. für vier Jahre und acht Monate in Haft, der 20-jährige Y. für sechs Jahre. Soweit die Forderungen des Staatsanwaltes, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Die beiden Stader Strafverteidiger Rainer Mertins und Rainer Kattau kamen in ihren Plädoyers zu gänzlich anderen Bewertungen. Die Angeklagten hätten den Angriff abgebrochen, sie hätten beide aufgehört und seien ihrem Landsmann nicht gefolgt, um die Tat zu vollenden. Damit seien sie freiwillig von ihrem Tun zurückgetreten, so die Verteidiger. Von versuchtem Totschlag könne also nicht die Rede sein, sondern lediglich von gefährlicher Körperverletzung. Und da sehe der Gesetzgeber einen viel niedrigeren Strafrahmen vor.

Einen anderen Gedanken brachte die Strafverteidigerin Katrin Bartels ein, die als Vertreterin des Opfers im Gerichtssaal sitzt. Nicht die Strafhöhe sei für ihren Mandanten wichtig, sondern die Tatsache, dass ihm ein deutsches Gericht glauben schenkt und die Täter zur Rechenschaft zieht. Unter dem hinterlistigen Angriff werde der Sudanese, der bei seiner Integration auf einem guten Weg sei, noch lange zu leiden haben, so Bartels.

In einem waren sich die Juristen dann doch noch einig. Eine Alkoholtherapie wurde ausdrücklich befürwortet, denn die Angeklagten waren mehrfach durch Saufen aufgefallen und hatten auch zur Tatzeit weit über drei Promille Alkohol im Blut.

Das Urteil wird am Montag um 15 Uhr gesprochen.

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