Streit um Baumfrevel in Harsefeld schwelt weiter
Die Aufarbeitung des Baumfrevels am Harsefelder Ortsrand geht weiter. Klarheit in der Sache herrscht indes noch nicht.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Im Rahmen der jüngsten Sitzung des Flecken-Ausschusses für Bau, Umwelt und Verkehr berichtete Gemeindedirektor Rainer Schlichtmann (parteilos) von einem gemeinsamen Termin mit dem Auftraggeber des Grünschnitts. Bei dem Treffen sind Vertreter der Kommune, ein Sachverständiger, der verantwortliche Landwirt und sein Rechtsbeistand die Straße Auf dem Klingenberg abgeschritten und haben die Schäden in Augenschein genommen. Bisher sei immer nur der gesamte Schaden betrachtet worden.
Doch Schadenersatzansprüche könnten nur für die zerstörten oder entfernten Pflanzen auf Gemeindegrund geltend gemacht werden, erläuterte Verwaltungschef Rainer Schlichtmann. Deshalb gehe es jetzt darum, nach Eigentumsverhältnissen zu differenzieren. Anschließend soll der Flecken Verhandlungen mit dem Landwirt aufnehmen, um Schäden am kommunalen Eigentum auszugleichen. In welchem Umfang sich die Schäden belaufen, die Eigentum der Gemeinde betreffen, konnte Rainer Schlichtmann noch nicht sagen.
Eine vom Flecken Harsefeld beauftragte gutachterliche Stellungnahme zum in Politik und Bevölkerung kontrovers diskutierten Baumfrevel im Bereich Auf dem Klingenberg/Westerrohrfeld hatte die Vorwürfe der Kritiker bestätigt. Der zertifizierte Baumkontrolleur und Sachverständige Werner Meincke vom Stader Büro Meincke & Härting hat die beschädigten Pflanzen in Augenschein genommen. Sein Urteil: eindeutige Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Sachverständiger Werner Meincke schreibt von 55 geschädigten Bäumen, die einen „fachlich falschen und teilweise ordnungswidrigen Schnitt“ aufweisen würden. 49 Fällungen würden „von der mangelnden Fachkenntnis des Ausführenden“ zeugen. „Der Habitus und die Baumstatik wurden völlig missachtet“, heißt es in der Einschätzung des Experten, die dem TAGEBLATT vorliegt.
Laut Naturschutzgesetz handelt rechtswidrig, wer „eine wild lebende Pflanze oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur entnimmt oder sie oder ihren Standort beschädigt oder zerstört“ (Paragraf 69 Absatz 2). Die Arbeiten seien „entgegen aller gängigen anerkannten Techniken“ durchgeführt worden. Werner Meincke bezeichnet sie als „baumzerstörende Maßnahmen“. Die gesamte Maßnahme sei „nur auf den eigenen Vorteil ausgerichtet – ohne Rücksicht auf Eigentum und Rechte Dritter“.
Die Gemeinde werde in Zukunft einen höheren Pflegeaufwand haben, an den Schnittwunden würden Zersetzung und Pilzbefall beginnen. Der Landwirt, der die Arbeiten in Auftrag gegeben hat, zieht die Aussagen des Gutachters in Zweifel. Das machte er auch im Gespräch mit dem TAGEBLATT deutlich. Er habe eine eigene Expertise in Auftrag gegeben, der Redaktion liegt das Papier jedoch noch nicht vor.
FWG, Grüne und Linke hatten den Baumfrevel öffentlich gemacht. In öffentlichen Sitzungen hatten sich auch Anwohner zu Wort gemeldet und die von einem Dienstleister im Auftrag eines Landwirts ausgeführten Arbeiten kritisiert. Bäume seien verstümmelt und ausgerissen, das Holz zusammengefahren. An der Ackerseite hätten einige Pflanzen keine Wurzeln mehr. Gemeindedirektor Rainer Schlichtmann (parteilos) hatte einräumen müssen, dass die Arbeiten nur hätten ausgeführt werden dürfen, wenn das Gehölz von kommunalen auf private Flächen geragt und er zuvor die Gemeinde zur Beseitigung aufgefordert hätte: „Das fand nicht statt.“ Ratsleute und Bürger hatten kritisiert, dass die Kommune von sich aus die Vergehen nicht ahnden wolle. Das Ergebnis der politischen Diskussion: Ein Runder Tisch mit Politik, Verwaltung, Landwirten und Naturschutzexperten soll sich jetzt mit dem Thema Grünstreifenpflege in Harsefeld beschäftigen.