Unwetter-Bilanz: So wütete Sturmtief "Ylenia" im Landkreis Stade

Etliche Bäume im Landkreis Stade wurden durch den Sturm entwurzelt.
Unzählige entwurzelte Bäume, eine gesperrte Bundesstraße und ein spektakulärer Fensterbruch in einer Hadag-Fähre: Der Orkan Ylenia ist gestern über die Region hinweggefegt. Polizei und Feuerwehr waren im Dauereinsatz. Eine Bilanz.
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Nachdem der Schulunterricht für alle Schüler der allgemeinbildenden und der berufsbildenden Schulen am Donnerstag wegen des Sturms ausfiel, soll der Unterricht am Freitag voraussichtlich wieder stattfinden. Das teilte der Landkreis Stade auf seiner Internetseite mit: "Die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle Landkreis Stade geht nach einem Informationsaustausch mit dem Deutschen Wetterdienst davon aus, dass sich am Freitagfrüh und bis zum frühen Nachmittag eine vorübergehende Beruhigung der Sturmlage im Landkreis Stade ergibt. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass Schülerbeförderung und Unterricht am Freitag (18. Februar) im Landkreis Stade wie gewohnt stattfinden."
Die Entscheidung ist noch nicht final. Bei neuen Erkenntnissen könnte Landrat Kai Seefried den Unterricht und die Schülerbeförderung erneut aussetzen.
Sturmschäden an der Halepaghen-Schule
In der Spitze waren laut Mitteilung 40 Feuerwehren am Morgen im gesamten Landkreis mit den Folgen des Sturmtiefs „Ylenia“ beschäftigt. Vor allem Sägearbeiten waren nötig, da zahlreiche umgestürzte und entwurzelte Bäume Straßen versperrten oder zu kippen drohten.
Laut Lagebericht mussten die Feuerwehren seit Mittwochabend (19 Uhr) zu mehr als 350 sturmbedingten Einsätzen ausrücken. Alleine zwischen 7 und 10 Uhr kam es zu rund 100 Einsätzen. Umgestürzte Bäume behinderten den Berufsverkehr stark, beschädigte Häuser und Autos. Der Sturm riss Dachpfannen von Häusern und warf Baugerüste und Schilder um.
Wie die Stadt Buxtehude über den Kurznachrichtendienst Twitter bekanntgab, kam es an der Halepaghen-Schule sowie an der neuen Sporthalle zu Sturmschäden. Die Veranstaltungen "Das Oberlicht" (19. Februar) und "Sophie Scholl – Die letzten Tage“ (20. Februar) fallen daher aus. Ticketinfos und Umtausch im Kulturbüro. Die Sporthalle ist bis auf Weiteres gesperrt.
Zudem informiert der Buxtehuder SV - ebenfalls über die sozialen Medien - darüber, dass das Jahnstadion am heutigen Donnerstag sowie am Freitag für jegliche Nutzung gesperrt wurde.
Ein Verletzter nach Vorfall auf Elbfähre
Dramatische Szenen spielten sich gegen 8.40 Uhr auf der Hadag-Fähre zwischen Teufelsbrück und dem Airbus-Anleger in Finkenwerder ab. Eine mächtige Frontalwelle hatte die Scheiben einer Bügeleisen-Fähre zertrümmert, Wasser lief in den Fahrgastraum. „Ein Passagier erlitt Schnittverletzungen“, sagte der Hamburger Polizeisprecher Florian Abbenseth dem TAGEBLATT. Nach Erstbehandlung durch den Airbus-Betriebsarzt sei der 32-Jährige im Krankenhaus ambulant versorgt worden. Die Hadag, eine Tochter der Hochbahn, hatte den Unfall nicht gemeldet. Die Polizei hatte über Medien davon Kenntnis erlangt.
Acht Passagiere waren an Bord, die Hälfte von ihnen fuhr mit der nächsten Fähre nach Hause. „Sie waren klitschnass“, so Abbenseth. Die Polizei ermittelt. Möglicherweise war der Kapitän bei ablaufend Wasser und Gegenwind auf der Linie 68 (Teufelsbrück - Airbus) zu schnell unterwegs, sagte ein Schifffahrtsexperte. Die Hadag bestätigte später den Vorfall.
Mehrere Videos, die im Netz etwa auf Youtube hochgeladen wurden, zeigten offensichtlich den Moment des Unglücks. Dort sind nur wenige Fahrgäste zu sehen, die nach dem Wassereinbruch aus dem Fahrgastraum laufen.
Alle Passagiere seien am Anleger zu Fuß von Bord gegangen, sagte der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Hadag, Tobias Haack. Die Hadag versuche, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. "Es war ein Zwischenfall, den wir so noch nie hatten." Die Scheiben sollten eigentlich "seeschlagfest" sein. Es handele sich um Sicherheitsglas, das zerbröselt sei. Das Schiff sei eine sogenannte Bügeleisen-Fähre des Typs 2000.
Auf der Bundesstraße 73 krachte ein Baum zwischen Neukloster und dem EVB-Bahnübergang auf die Motorhaube eines fahrenden Pkw. Die beiden Insassen wurden nach ersten Erkenntnissen leicht verletzt. Die B 73 war für die Dauer des Einsatzes voll gesperrt. Der Verkehr staute sich in beide Richtungen.
Auto auf Pendlerparkplatz in Buxtehude beschädigt
Am Bahnhof Buxtehude war auf nördlicher Seite ein Baum in die Oberleitung gefallen und hat dabei auch darunter geparke Autos auf dem Pendlerparkplatz beschädigt. Immer wieder sprangen Funken aus der 18.000 Volt führenden Oberleitung auf. Die Feuerwehr fürchtete, dass die Autos in Brand geraten könnten. Nach der Erdung der Leitung konnten die Fällarbeiten beginnen.
In Buxtehude-Hedendorf war zudem die B 73 in der Nacht überflutet.
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Kiefer kracht auf Schöpfwerk in Neuenkirchen
Am Schöpfwerk in Neuenkirchen war eine Kiefer auf den Rechen umgestürzt. Die Feuerwehr begann am Vormittag mit den Fällarbeiten. Bei einer größeren Beschädigung des Schöpfwerks würden die Altländer Ortschaften innerhalb von zwei Tagen überflutet, sagte Hans-Jürgen Bremer vom Wasser- und Bodenverband. Über Neuenkirchen werden 800 Hektar entwässert.
Am Lühe-Anleger in Grünendeich war das Deichtor bereits am Mittwochabend geschlossen worden. Am Morgen wurden auch die Tore am Sperrwerk geschlossen. Am Mittag wird im Elbegebiet das Hochwasser bis 1,5 Meter höher sein als normal. Für Freitagfrüh wird erneut eine Sturmflut erwartet.
Die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle des Landkreises hat die Zahl der Wachhabenden seit Mittwochabend deutlich erhöht.
Das Sturmtief Ylenia hat auch die Feuerwehren im Landkreis Harburg rund um die Uhr auf Trab gehalten. Zu mehr als 500 sturmbedingten Einsätzen mussten die 107 Feuerwehren des Kreises ausrücken. Die ersten Alarmierungen erfolgten bereits kurz nach 23 Uhr am Mittwochabend, als bei Durchzug einer Schauerfront zahlreiche Bäume umknickten und Straßen und Wege blockierten. Ein Einsatzschwerpunkt war die Stadt Buchholz, wo die Feuerwehr bis zum Donnerstagmittag 115 Einsätze bearbeiten musste. In Luhdorf wurde das Dach einer Schulsporthalle erheblich beschädigt, bei Marxen stürzte ein Baum in die Oberleitung der Bahnstrecke und beschädigte sie schwer. Zahlreiche Bäume stürzten auch auf Gebäude. In der Gödenstorfer Bahnhofsstraße zerschmetterte eine Kiefer Dachstuhl und Giebelwand eines Einfamilienhauses. Die Bewohnerin des Hauses blieb unverletzt. (bv/tip/bat, mit dpa)
Bildergalerie

Das Video auf Youtube zeigt, wie die Welle die Scheiben der Fähre zerschlägt und der Passagierraum mit Wasser vollläuft. Screenshot: youtube.com

Hochwasser: Am Lühe-Sperrwerk sind die Tore geschlossen. Foto: Vasel



Der Unterricht an den Schulen im Kreis Stade soll am Freitag wieder stattfinden. Foto: Julian Stratenschulte/dpa