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AfD in Hamburg sieht Eklat – Debatte über Patriotismus

Carola Veit (SPD), Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, während der Rede von Hamburgs AfD-Chef Dirk Nockemann. Foto: Brandt/dpa

Carola Veit (SPD), Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, während der Rede von Hamburgs AfD-Chef Dirk Nockemann. Foto: Brandt/dpa

Die AfD in der Hamburgischen Bürgerschaft fühlt sich in ihrer patriotischen Haltung von der Parlamentspräsidentin verunglimpft - und meldet das Thema zur Debatte an. Dabei steht sie aber ziemlich allein da.

Mittwoch, 26.04.2023, 17:36 Uhr

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Eine von der AfD angemeldete Patriotismus-Debatte in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft hat zu einer heftigen Kontroverse mit den anderen Parteien geführt. Vertreter von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP warfen der AfD am Mittwoch vor, mit einer falsch verstandenen Vaterlandsliebe die Spaltung der Gesellschaft zu betreiben. Hintergrund der Debatte war eine Rede von Parlamentspräsidentin Carola Veit zur Machtergreifung der Nationalsozialisten vor 90 Jahren in der vorletzten Sitzung.

Die AfD sah sich darin zu unrecht angegriffen und hatte das Thema unter dem Titel „Von Willy Brandts „Deutsche - wir können stolz auf unser Land sein“ zu Carola Veits Patriotenbeschimpfung und anderen Verdrehungen - Patriotismus ist Grundlage für ein demokratisches Gemeinwesen“ zur Aktuellen Stunde angemeldet. Es sei ihr eine Ehre, in einem Satz mit Willy Brandt genannt zu werden, sagte Veit am Mittwoch vor Eröffnung der Debatte.

Nazi-Vergleiche in Hamburger Bürgerschaft

In ihrer Rede Ende März hatte sie es als beschämend bezeichnet, auch in der Bürgerschaft immer wieder Relativierungen des Faschismus zu vernehmen - und dazu aus Reden von AfD-Abgeordneten zitiert. Das „stumpfe „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“, ist sicherlich eine der unbedachtesten politischen Äußerungen, die man sich vorstellen kann“, hatte sie gesagt und vor der „Erhebung der eigenen Nation über andere Staaten und ihre Völker, das verächtlichmachende Schubladendenken und Einsortieren von Menschen anderer Herkunft, anderer Religion, anderer Hautfarbe“ gewarnt.

„Hören Sie endlich auf, aufrechte Patrioten als Nazis zu verunglimpfen“, forderte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sie auf. Veit stelle alle Patrioten unter „einen ungeheuren Generalverdacht“. In ihrer Rede „bösartig falsch gezogene Parallelen zur AfD“ hätten außerdem „so gar nichts mehr mit einer neutralen Präsidentin zu tun“.

Die SPD-Abgeordnete Dagmar Wiedemann verteidigte die Rede Veits. „Die deutsche Demokratie wird auch heute (...) wieder von rechts bedroht, und es ist die AfD, die Rechtsextremen in vielen Parlamenten eine Plattform bietet.“

Linke: „Billiger Angriff der AfD“

Die Nationalsozialisten hätten die Demokratie genutzt, „um sich und ihrer Diktatur den Anstrich von Legitimität zu geben“, sagte die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Lena Zagst. Deshalb könne auch eine Parlamentspräsidentin nicht neutral sein, wenn es um den Erhalt der Demokratie gehe.

Patriotismus setze voraus, dass man ein positives Bild von der Gesellschaft habe, in der man lebe, und die Menschen möge, sagte der verfassungspolitische Sprecher der CDU, André Trepoll, an die Adresse der AfD. „Ihr Problem ist deshalb nicht, dass Sie zu viel Patriotismus haben, sondern dass Sie zu wenig Patriotismus haben.“

Die Linke versicherte Veit in der Debatte ihre Solidarität und wies „den billigen Angriff der AfD“ auf die Person der Präsidentin entschieden zurück, wie der Antifaschismusexperte der Fraktion, Deniz Celik, sagte. Nationalismus und Patriotismus seien nicht Grundlage der Gesellschaft, „sondern die gleiche Würde eines jeden Menschen und die Unteilbarkeit der Menschenrechte“.

Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP warf der AfD vor, dass es ihr mit der Debatte gar nicht um die Stadt gehe, „sondern mal wieder um ihre vermeintliche Opferrolle in diesem Parlament“. Die AfD wolle „den Bürgern vorgaukeln, dass Weltoffenheit und Toleranz das Gegenteil von Patriotismus ist“.

Während sich die anderen Parteien lediglich mit einem Redebeitrag an der Debatte beteiligten, schöpfte die AfD ihre Redezeit voll aus, so dass sich ihre Abgeordneten schließlich am Rednerpult abwechselten. (dpa)

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