Aufdringliche Glasfaser-Vertreter: Beschwerden nehmen zu

In Hüll haben deutlich mehr als jeder Dritte einen Vertrag mit dem Unternehmen Deutsche Glasfaser abgeschlossen - der Ausbau kann starten. Foto: Matthias Rietschel/dpa-Zentralbild/dpa
Im Alten Land und in der Samtgemeinde Horneburg wird gerade auch an der Haustür für den Anschluss ans schnelle Netz geworben. Die Verbraucherzentrale erhält zunehmen Klagen über forsche und fragwürdige Vertreter.
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Glasfaser-Anschlüsse sind für viele Menschen attraktiv – versprechen sie doch eine schnellere Internetleitung und deutlich weniger Störungen. Aber der Ausbau bringt auch Probleme mit sich: Immer wieder erreichen die Verbraucherzentrale Niedersachsen Beschwerden über aufdringliche Außendienstmitarbeiter sowie fragwürdige Vertriebspraktiken. "Wehren können sich Verbraucherinnen und Verbraucher gegen ungewollte Werbebesuche kaum. Eine klare gesetzliche Regelung ist überfällig", teilt die Verbraucherzentrale Niedersachsen mit.
Die Glasfaser-Vertreter suchten dabei ungebeten die Adressen in ihrem Einzugsgebiet auf, um Glasfaserverträge zu verkaufen. Teils seien diese Besuche nur lästig, oft brächten sie jedoch Ärger mit sich: "Die Betroffenen fühlen sich von dem Geschäftsgebaren überrumpelt. Sie sollen am besten gleich unterschreiben, Zeit, um die Vertragsunterlagen zu prüfen, bekommen sie in den meisten Fällen nicht", heißt es von der Verbraucherzentrale weiter. Später bereuten Verbraucher den schnellen Vertragsabschluss dann oft.
Glasfaserausbau: Teure Verträge sorgen für Frust
Auch ein Ärgernis: Verträge seien zu teuer oder überdimensioniert, böten nicht den gewünschten Vorteil. Oder der vereinbarte Wechselzeitpunkt passe nicht zu vorhandenen Verträgen.
Zwar können an der Haustür geschlossene Verträge grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden, "ärgerlich ist es für die Betroffenen trotzdem", so die Verbraucherschützer.
Bei der Deutschen Glasfaser, die derzeit in der Samtgemeinde Horneburg sowie in den Ortsteilen Jork, Ladekop, Hove, Estebrügge sowie Moorende für Glasfaseranschlüsse wirbt, muss bis zu einem bestimmten Zieldatum eine Quote von 33 Prozent erfüllt werden, damit der Ausbau überhaupt begonnen wird. Das Versprechen: Wer sich vertraglich bindet, spart die Anschlussgebühr, die für diejenigen fällig werde, die sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Mit dem Glasfaseranschluss sollen Bürger in Höchstgeschwindigkeit (1000 Mbit/s) im Internet surfen können.
Tipps der Verbraucherzentrale Niedersachsen
Verbraucher sollten sich nie zu einer sofortigen Unterschrift auf Papier oder Tablet drängen lassen, rät die Verbraucherzentrale Niedersachsen. "Für eine gute Vertragsbeziehung ist es unerlässlich, Zeit zum Überlegen zu haben. Klingt das Produkt gut, sollten sich Interessierte das Angebot daher aushändigen lassen und sowohl Preise als auch technische Details sorgfältig prüfen."
Handelt es sich um einen echten Glasfaseranschluss, der bis in die ihre Wohnung oder ihr Haus verlegt wird? Ein ‚Fiber-to-the-curb‘-Anschluss, der nur bis zum grauen Kasten auf der Straße gelegt wird, bietet hingegen keinen Geschwindigkeitsvorteil.
Und: "Prüfen Sie, ob Sie die angebotene Bandbreite überhaupt benötigen."
Gesetzesänderung erforderlich
Anders als unerwünschte Werbung per Telefon oder E-Mail seien Haustürgeschäfte im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, kritisiert die Verbraucherzentrale: "Unserer Ansicht nach sind Hausbesuche zu Werbezwecken aber gleichermaßen belästigend und die Gefahr ungewollter Vertragsabschlüsse ist hier mindestens genauso groß."
Um Verbraucher besser zu schützen, sollte der Gesetzgeber nachbessern und auch Haustürgeschäfte ohne ausdrückliche Einwilligung verbieten, so die Forderung.
Glasfaserausbau-Förderung wird im kommenden Jahr fortgesetzt
Der Bund unterstützt auch in diesem Jahr die Gigabit-Förderung in Milliardenhöhe; richtet die Zuschüsse aber noch stärker am tatsächlichen Bedarf in den Regionen aus. Das Fördervolumen soll wie 2022 rund 3,1 Milliarden Euro betragen.
Im vergangenen Jahr war das Förderprogramm vorzeitig gestoppt worden, weil die zur Verfügung stehende Fördersumme ausgeschöpft war. Das hatte zu Protesten aus einzelnen Bundesländern geführt. Ziel des Gigabit-Programms ist ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeitsnetz für alle Haushalte, Unternehmen, Schulen und Krankenhäuser in Deutschland.
Das Digitalministerium von Volker Wissing (FDP) betonte, es sei ein normaler Vorgang, dass Förderprogramme überzeichnet werden. „Die große Nachfrage zeigt, dass die Förderung erfolgreich läuft.“ Staatliche Förderung sei nur dort angezeigt, wo der Ausbau stocke und nicht wirtschaftlich betrieben werden könne. „Die Gigabitförderung darf den eigenwirtschaftlichen Ausbau nur ergänzen und keinesfalls verdrängen“, hieß es aus dem Ministerium.
Der Glasfaserausbau in Deutschland gehe trotz der „vorübergehenden Antragspause bei der Förderung unvermindert weiter“, erklärte das Ministerium. Hier seien derzeit vor allem private Unternehmen aktiv, die ohne öffentliche Förderung die Glasfaserstrecken bauen. Über 87 Prozent der Glasfaseranschlüsse würden eigenwirtschaftlich errichtet. Nur jeder achte Glasfaseranschluss (13 Prozent) werde mit staatlicher Förderung gebaut.
Das Ministerium bereitet sich auch darauf vor, dass es wieder zu einer großen Welle an Anträgen kommt. In diesem Fall müsse die Förderung sinnvoll gesteuert und für die Gebiete priorisiert werden, in denen der größte Förderbedarf besteht. Dabei sollen Regionen mit „weißen oder hellgrauen Flecken“, also einer sehr schlechten Versorgung, zuerst in den Genuss einer Förderung kommen. Erst dann seien die mittelmäßig versorgten Gebiete dran. (tip/dpa)