Bundesrat gibt grünes Licht: Heizungsgesetz tritt 2024 in Kraft – Das müssen Sie wissen

Die Ländervertreter kommen zur Sitzung des Bundesrats zusammen. Themen der ersten Sitzung nach der Sommerpause sind neben dem Schwerpunkt Heizungsgesetz auch Verbandsklagen und die Cannabislegalisierung. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Der Bundesrat hat am Freitag das Heizungsgesetz gebilligt. Ein Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat anzurufen, fand keine Mehrheit. Damit kann das Gesetz Anfang 2024 in Kraft treten. Das kommt auf Hauseigentümer zu.
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(Update um 13.48 Uhr)
Der Bundestag hatte das Gebäudeenergiegesetz, umgangssprachlich als Heizungsgesetz bezeichnet, vor drei Wochen beschlossen - nach langen Konflikten innerhalb der Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Vor allem die FDP hatte wesentliche Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf durchgesetzt.
Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), sagte im Bundesrat: "Selten hat ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land derart verunsichert und verärgert." Er kritisierte außerdem, dass bei der künftigen staatlichen Förderung Holzheizungen benachteiligt werden sollen. Holz spiele aber vor allem in ländlichen Räumen beim Heizen noch eine wichtige Rolle. Die neue Förderrichtlinie befindet sich innerhalb der Bundesregierung derzeit noch in der Abstimmung.
Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) nannte das Verfahren zum Heizungsgesetz einen "traurigen Tiefpunkt" in der Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland. Es seien weiter viele Fragen offen.
Brandenburgs Ministerpräsident sieht Umsetzung der Wärmeplanung in Gefahr
Das Gebäudeenergiegesetz soll einen wesentlichen Beitrag für mehr Klimaschutz in Gebäuden leisten, so die Bundesregierung. Es zielt darauf ab, durch einen Austausch von Öl- und Gasheizungen Schritt für Schritt das Heizen in Deutschland klimafreundlich zu machen. Das Gesetz sieht vor, dass künftig jede neu eingebaute Heizung mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Das Gesetz gilt ab 2024 unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete.
Für Bestandsbauten soll eine kommunale Wärmeplanung der Dreh- und Angelpunkt sein, die schrittweise kommen soll. Der Bundesrat beriet am Freitag erstmals über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung - die Länderkammer muss nicht zustimmen, was die Einflussnahme schwieriger macht.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, Deutschland hinke bei der Wärmeplanung hinterher. Die Menschen müssten wissen, ob ihre Häuser etwa an ein Fernwärmenetz angebunden werden. Die Umsetzung der Wärmeplanung sei aber mit dem Gesetzentwurf in Gefahr. Woidke verwies auf unterbesetzte Ämter und Behörden sowie überlastete Ingenieur- und Planungsbüros. Die Fristen müssten dringend verlängert werden, vor allem für kleinere Kommunen. Eine Empfehlung des Bundesrats-Bauausschusses, die Fristen zu verlängern, fand im Plenum keine Mehrheit.
Bundesbauministerin sieht entscheidenen Fortschritt durch Wärmeplanungsgesetzt
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte, der Gesetzentwurf stelle die Kommunen vor eine große Herausforderung, finanziell und personell. Es gebe aber keine Übernahmegarantie für die Kosten durch den Bund.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte, das Wärmeplanungsgesetz bringe einen entscheidenden Fortschritt zur Modernisierung des Gebäudesektors. Eine Wärmeplanung schaffe mehr Klarheit für alle Hauseigentümer. Es würden bei den Bürgerinnen und Bürgern keine Daten abgefragt, sondern nur solche Daten genutzt, die bei Behörden, Energieversorgern und Schornsteinfeger bereits vorliegen. Ob es längere Fristen gebe, liege nun beim Bundestag. Der Bund gebe zudem finanzielle Hilfen.
Neues Heizungsgesetz: Was Hauseigentümer und Mieter wissen müssen
Was sind die Kernpunkte?
Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Die Regelungen des GEG sollen von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Bestehende Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden können.
Mit anderen Worten: "Es gibt keine sofortige Austauschpflicht für bestehende Heizungen", betont die Bundesregierung. Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen. Ältere Hausbesitzer oder solche mit wenig Geld sollen nicht überfordert werden.
Gibt es Geld vom Staat für eine neue Heizung?
Ja. Der Staat übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung. Die maximal förderfähigen Kosten sollen zum Beispiel bei einem Einfamilienhaus bei 30.000 Euro liegen. Der maximale staatliche Zuschuss liegt also bei 21.000 Euro. Ferner soll es zinsgünstige Kredite geben. Verbände fordern aber Nachbesserungen am neuen Förderprogramm.
Für 30 Prozent der Investitionskosten soll es eine Grundförderung für alle Wohn- und Nichtwohngebäude geben. Sie soll allen Gebäude-Besitzern offenstehen. Bei einem zu versteuerndem Haushalts-Jahreseinkommen von bis zu 40.000 Euro sollen selbstnutzende Eigentümer einen weiteren Bonus von 30 Prozent bekommen. Für selbstnutzende Eigentümer gibt es einen weiteren Bonus für einen frühzeitigen Austausch alter fossiler Heizungen.
Was soll mit bestehenden Heizungsanlagen geschehen?
Dreh- und Angelpunkt für bestehende Heizungen soll eine verpflichtende und flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein. Erst wenn diese vorliegt, sollen die Vorgaben des Gesetzes zum Heizen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien auch für Bestandsgebäude gelten. Hausbesitzer können dann entscheiden, was sie machen.
Nach dem Gesetzentwurf sollen Großstädte spätestens bis zum 30. Juni 2026 einen Wärmeplan erstellen, Städte unter 100.000 Einwohner bis zum 30. Juni 2028. Für kleine Gemeinden unter 10.000 Einwohnern soll es vereinfachte Verfahren geben können. Die Länder sollen vorsehen können, dass für mehrere Gemeindegebiete eine gemeinsame Wärmeplanung erfolgen kann.
Solch ein kommunaler Wärmeplan soll zum Beispiel zeigen, ob es eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung gibt oder geben wird, an die ein Gebäude angeschlossen werden kann. Dies soll laut Bundesregierung "Planungs- und Investitionssicherheit" geben. Heizungsgesetz und Wärmeplanungsgesetz sind also eng miteinander verbunden. Beide Gesetze sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Was müssen neue Heizungen können?
Die Bundesregierung sagt, dass das Gesetz "technologieneutral" ausgestaltet ist. So könnten Eigentümer den vorgeschriebenen Erneuerbaren-Anteil von mindestens 65 Prozent auch rechnerisch nachweisen. Als weitere Möglichkeiten für das Erreichen des Anteils sieht das Gesetz etwa einen Fernwärme-Anschluss, eine elektrische Wärmepumpe, eine Stromdirektheizung oder eine Heizung auf der Basis von Solarthermie vor. Auch eine Hybridheizung, also eine Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel, ist möglich.
Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch die Möglichkeit so genannter wasserstofffähiger Gasheizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Für bestehende Gebäude sind etwa Biomasseheizungen oder Gasheizungen möglich, die erneuerbare Gase wie Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff nutzten.
Auch für neue Anlagen, die bei fehlenden Wärmeplänen im Übergangszeitraum bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 in Bestandsgebäuden eingebaut werden, gibt es Klima-Vorschriften. Sie müssen ab 2029 einen steigenden Anteil Biomasse oder Wasserstoff für die Wärmeerzeugung nutzen. Ab 2029 sind es mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent.
Welche Übergangsfristen gibt es?
Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt ist, soll es eine fünfjährige Übergangsfrist geben - das gilt auch bei geplantem Heizungstausch. Während der Frist können Heizungsanlagen eingebaut, aufgestellt und betrieben werden, die nicht die 65-Prozent-Regel erfüllen.
Nach Ablauf der Frist sollen dann vor Ort kommunale Wärmeplanungen vorliegen, auf Basis derer sich die Bürger für eine passende klimafreundliche Heizung entscheiden sollen.
Was ist mit den Betriebskosten bei Mietwohnungen?
Das Gesetz soll Mieter schützen. Bisher dürfen Vermieter bis zu 8 Prozent der Kosten für eine Modernisierungsmaßnahme auf die Jahresmiete umlegen, wenn sie zum Beispiel eine Wohnung sanieren. Im GEG ist nun eine neue Modernisierungsumlage verankert. Vermieter sollen Investitionskosten für den Heizungstausch in Höhe von 10 Prozent auf den Mieter umlegen können. Bedingung ist aber, dass eine staatliche Förderung in Anspruch genommen und die Fördersumme von den umlegbaren
Kosten abgezogen wird. Das soll Vermietern Anreize zum Heizungstausch geben. Zugleich gilt eine Kappungsgrenze: Die Monatsmiete soll sich durch eine neue Heizung um nicht mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen. Kommen weitere Modernisierungsmaßnahmen hinzu, können es wie bisher zwei bis drei Euro werden.
Was steht im Gesetz noch drin?
Unter anderem sieht das Heizungsgesetz eine Beratungspflicht vor. Sie greift dann, wenn neue Heizungen eingebaut werden sollen, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Die Beratung soll auf mögliche Auswirkungen der jeweiligen Wärmeplanung der Kommune sowie eine eventuelle Unwirtschaftlichkeit hinweisen, insbesondere wegen der steigenden CO2-Preise.
Wie groß sind die Klimaschutzeffekte des Gesetzes?
Das kommt unter anderem darauf an, wie schnell die Hauseigentümer in den kommenden Jahren ihre Heizungen wechseln. 2022 lagen im Gebäudesektor die CO2-Emissionen bei rund 112 Millionen Tonnen. Das Bundeswirtschaftministerium geht nun davon aus, dass unter günstigen Bedingungen bis einschließlich 2030 insgesamt 39,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, im Jahr 2030 selbst etwa 10 Millionen Tonnen. Das Ministerium beruft sich dabei auf eine Studie des Öko-Instituts, das Modellrechnungen für vier Szenarien angestellt hat.
Im schlechtesten Fall würde sich demnach die große Mehrheit der betroffenen Gebäudeeigentümer bis zur geplanten Vorlage einer kommunalen Wärmeplanung nicht für nachhaltige Heizungen entscheiden. In diesem Fall lägen die CO2-Einsparungen bei insgesamt 10,8 Millionen Tonnen bis einschließlich 2030 und 4,5 Millionen Tonnen nur im Jahr 2030. Das Ministerium geht aber davon aus, dass in jedem Fall die Einsparung an CO2 im Zeitverlauf immer stärker werden wird.
Wie lange darf noch mit fossilen Brennstoffen geheizt werden?
Laut Heizungsgesetz bis zum 31. Dezember 2044. Ab 2045 dürfen Gebäude dann nur noch klimaneutral mit erneuerbaren Energien geheizt werden.
Wie heizen die Bundesbürger momentan?
Vor allem mit Gas. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurde 2022 knapp die Hälfte der gut 43 Millionen Wohnungen und Einfamilienhäuser mit Erdgas beheizt. Auf Platz zwei liegt die Ölheizung mit fast einem Viertel. Auf dem dritten Rang rangiert die Fernwärme mit gut 14 Prozent.
Zugelegt haben Elektro-Wärmepumpen. Lag ihr Anteil 2017 noch bei 2,0 Prozent, sind es mittlerweile 3,0 Prozent. Stromheizungen sorgten 2022 in 2,6 Prozent aller Wohnungen für Wärme. Auf sonstige Heizungsarten wie Holzpellets, Solarthermie oder Koks und Kohle entfielen 6,2 Prozent. (dpa)