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Zwei Autoren zu Gast

Buxtehuder Bulle: Preisträger sind in der Stadt

Bullen-Preisträger Alan Gratz gibt Einblicke in sein Leben und seine Autorenarbeit. Fotos: Weselmann

Bullen-Preisträger Alan Gratz gibt Einblicke in sein Leben und seine Autorenarbeit. Fotos: Weselmann

Die festliche Preisverleihung als Höhepunkt des Buxtehuder Bullen steht kurz bevor. Im Jubiläumsjahr sind mit den Gewinnern von 2020 und 2021 diesmal gleich zwei Autoren in der Stadt. Schüler kommen bei ihrem Aufenthalt in besonderen Genuss.

Von Fenna Weselmann Mittwoch, 10.11.2021, 10:00 Uhr

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Denn neben der Plattenenthüllung für den Buxtehuder BULLEvard am heutigen Mittwochnachmittag und der offiziellen Preisverleihung am Donnerstagabend stehen gleich mehrere Besuche in Schulen auf dem Programm. Auch in der Realschule Süd waren die Gewinner des Buxtehuder Jugendliteraturpreises zu Gast. Dabei gaben die beiden US-amerikanischen Autoren Schülern der 10. Klassen Einblick in ihr Leben, ihre Arbeit als Schriftsteller und die Geschichte ihres ausgezeichneten Buches.

Mit kurzweiligem Erzählen und anschließender Fragerunde begeistern die Autoren Bücherfreunde genauso wie erklärte Lesemuffel. Voll von sprühender Freude über den Bullenpreis offenbart Wendelin van Draanen in einem heiteren, mit alten Familienfotos gespickten Vortrag ihren Lebenshintergrund. Sie erklärt, wie sie auf Themen stößt und warum sie mit dem Spielort ihres Gewinner-Buches „Acht Wochen Wüste“ bestens vertraut ist. Spätestens als sie mit vollem Körpereinsatz beweist, wie sehr sie sich selbst mit dem Feuermachen abgemüht hat, um diese Survival-Erfahrung in ihrer Geschichte über ein Wildnis-Camp für aus der Bahn geratene Jugendliche richtig beschreiben zu können, sind die Schüler vollends gepackt von ihrer Erzählung.

Beeindruckt waren die Realschüler auch von Alan Gratz’ Gastvortrag. Das zeigten die vielen interessierten Fragen aus dem Zuhörerkreis. Was hat ihn zum Schreiben gebracht? Welches seiner Bücher er selbst besonders mag? Ob er seine aktuellen Bücher besser findet als seine älteren Werke? Wie es zu dem Buch über drei verschiedene Flüchtlingsgeschichten gekommen ist, mit dem er den Buxtehuder Bullen für sich entschieden hat? Wie Schüler das Thema Flucht beschäftigt, zeigen die Stimmen aus dem Kreis der Zehntklässler.

Wendelin van Draanen.

Wendelin van Draanen.

 

Schüler mit Alan Gratz im Gespräch

Hadieh Abo Azan ist als Kind selbst mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet, erst nach Libyen und dann von dort aus nach Deutschland. Da war sie nur wenig älter als der Junge Mahmoud in Alan Gratz’ Buch. Die 16 Jahre alte Schülerin erzählt offen von ihrer eigenen Fluchtgeschichte. „Ich finde es spannend, dass jemand wie Alan Gratz über das Thema schreibt“, sagt sie. „Als er von Mahmoud und dem zerstörten Haus erzählt, kamen bei mir sofort die eigenen Bilder zurück“, erzählt sie. Auch ihr Nachbarhaus sei zerstört worden. Und wie Mahmoud führte ihre Flucht mit 180 Menschen in einem viel zu kleinen Boot über das Mittelmeer, und wie Mahmouds Mutter war auch ihre Schwester mit einem kleinen Baby unterwegs.

Auch Omar Moubids Familie stammt aus Syrien. Der 15-Jährige ist in Deutschland geboren, sein Vater ist schon seit 40 Jahren hier zu Hause. Als Kleinkind hat der 16-Jährige einige Jahre in Syrien gelebt, kam vor Kriegsausbruch nach Deutschland zurück. Er liest gerade das Buch von Alan Gratz. „Unabhängig davon, dass ich selbst Syrer bin, hat mich die Geschichte von Mahmoud besonders angesprochen“, sagt er. Vor allem von dem Unsichtbarsein, das Mahmoud beschreibe. Bei den Erzählungen der drei Jugendlichen habe er sich immer sofort ein Bild vorstellen können und wissen wollen, wie es weitergeht. Nach seinem Erleben werden Flüchtlinge hierzulande gut aufgenommen, wenngleich er auch andere Geschichten gehört habe.

Entstehungsgeschichte interessiert

Auch Leanna Witt hat der Besuch von Alan Gratz gefallen. Sie selbst ist kein Lesefreund. „Aber meine Cousine liest viel, der werde ich das Buch auf jeden Fall empfehlen“, sagt sie. Sie fand besonders spannend, zu hören, was Alan Gratz über die Entstehung seines Buches erzählt hat. „Meine Klassenkameradin hat von ihrer Flucht erzählt. Es ist wirklich schlimm, was sie so jung schon erleben musste“, sagt die 15-Jährige. Sie finde es traurig, dass es Leute gibt, die gegen Flüchtlinge wettern.

Salija Beganaj war ebenfalls rundum angetan von dem besonderen Autorenbesuch in seiner Schule. „Ich hätte mir nur gewünscht, dass er noch einen Teil vorliest.“ Mit besonderem Interesse hat der 16-Jährige verfolgt, wie der Autor auf Ideen für seine Themen kommt. „Ich lese immer meinen kleinen Brüdern vor. Wenn ich selbst lesen würde, dann so eine spannende Geschichte wie das Buch von Alan Gratz“, sagt er. Das Thema Flucht beschäftigt ihn. Seine Familie stammt aus Montenegro. Die Auswirkungen des Kosovokonflikts hat er durch eine Reise in die alte Heimat seiner Familie sehr präsent. Das habe ihm vor Augen geführt, wie gut es ihnen hier gehe.

Theaterstück „Die Reise der Verlorenen“

Auf der Halepaghenbühne wird am heutigen Mittwoch, 10. November, um 20 Uhr das Theaterstück „Die Reise der Verlorenen“ aufgeführt. Genau wie eine der drei in dem Gewinnerbuch „Vor uns das Meer“ von Alan Gratz beschriebenen Fluchtgeschichten, beleuchtet auch das Schauspiel von Daniel Kehlmann nach dem Buch „Voyage of the Damned“ von Gordon Thomas und Max Morgan-Witts die Geschichte jüdischer Flüchtlinge, die 1939 in Hamburg an Bord der St. Louis gingen, in der Hoffnung in Kuba aufgenommen zu werden und so der Verfolgung und den Verbrechen durch die Nazi-Diktatur Hitlers zu entkommen.

Buxtehuder Bulle: Preisträger sind in der Stadt

Hadieh Abo Azan (16 Jahre).

Hadieh Abo Azan (16 Jahre).

Leanna Witt (15 Jahre).

Leanna Witt (15 Jahre).

Omar Moubid (15 Jahre).

Omar Moubid (15 Jahre).

Salija Beganaj (16 Jahre).

Salija Beganaj (16 Jahre).

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