Corona-Maßnahmen: Keine Lockerung ohne höhere Impfquote

Kerstin Münstermann kommentiert die Corona-Politik von Bund und Ländern.
Bei allen Lockerungsrufen und dem neidischen Blick ins Ausland: Bevor in Deutschland die Corona-Maßnahmen fallen können, muss die Impfquote erhöht werden. Das ist jetzt die Hauptaufgabe der Politik.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Von Kerstin Münstermann
Oh, wie schön ist Dänemark! Als eines der ersten Länder in der EU hat Dänemark am Dienstag die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben. Das skandinavische Land erachtet den Covid-19-Ausbruch nicht länger als „gesellschaftlich kritische Krankheit“. Warum? Die zuständigen Behörden sagen, dass der Anstieg der Fälle durch die Ausbreitung von Omikron keinen hohen Druck auf das Gesundheitssystem ausübe. Und dass Dänemark über eine hohe Impfquote verfüge.
Auch hierzulande mehren sich Stimmen, vor allem aus den Ländern, verstärkt auf Öffnungen zu setzen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), ehemals im Team Vorsicht, will die Tür in der Omikron-Wand suchen, FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner stellt Maßnahmen etwa im Handel in Frage – auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Schäden.
Bund-Länder-Gipfel ist ein Drama
Die Bundesregierung winkt dagegen ab, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bremst, auch der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, spricht von einem völlig falschen Signal zur jetzigen Zeit.
Die Vielstimmigkeit ist zurück auf der Corona-Bühne. Bis zum nächsten Akt des Ministerpräsidentenkonferenz-Dramas am 16. Februar ist noch einiges an Verlautbarungen zu erwarten.
Corona-Regeln: Koordiniert geht's schon lange nicht mehr zu
Unser Land befindet sich gerade in einer bizarren Situation: Omikron läuft nahezu ungebremst durch die Schulen und bringt das Virus zu Kindern und ihren Familien. Die wiederum sollen sich aber nicht mehr mit PCR-Tests auf das Virus untersuchen lassen, da nicht genug davon verfügbar sind. Ist irgendwie auch egal, denn Kontakte werden in weiten Teilen der Republik ohnehin nicht mehr nachverfolgt. In manchen Bundesländern gilt im Einzelhandel die 2G-Regel, in Baden-Württemberg ist die von Gerichten gekippt worden. In Niedersachsen gilt eine FFP2-Maskenregel im Handel. In der Gastronomie verzichtet Bayern auf die 2G-plus-Regel. Koordiniert ist da schon lange nichts mehr.
Dennoch: Länder wie Dänemark und Großbritannien haben eine deutlich höhere Impfquote als Deutschland. Bei uns sind immer noch Millionen Menschen ungeimpft, auch ältere. Die laufen Gefahr, die Krankenhäuser zu bevölkern, auf Normal- und Intensivstationen. Und damit sind sie auch ein Problem für alle anderen, die ebenfalls stationäre Hilfe benötigen.
Zu viele Ungeimpfte in Deutschland
Diese Personengruppe noch zum Impfen zu bewegen, ist die Hauptaufgabe der Politik. Dann würde sich vieles andere erübrigen, auch ins Leere laufende Lockerungsdebatten. Je mehr sich von den potenziell Gefährdeten noch impfen lassen, desto weniger müsste sich die Politik auch mit einer Impfpflicht befassen. Die, wenn sie überhaupt kommt, erst im Frühsommer greift, wenn das Infektionsgeschehen wohl ohnehin vorübergehend im Griff ist. Diese dann umzusetzen wird eine spannende Feld-Studie in politischer Kommunikation.
Die Vorstellung aber, dass zur nächsten MPK in zwei Wochen ein zumindest grob abgestimmtes bundesweites Konzept für Handel, Gastronomie und Großveranstaltungen vorliegt – die hätte etwas.