Darum bleiben Apotheken am Mittwoch geschlossen

Die Apotheken sind bundesweit aufgerufen, am Mittwochnachmittag ihre Türen zu schließen. Foto: dpa
Apotheker setzen den Betrieb einen Nachmittag lang aus. Mit der drastischen Maßnahme wollen sie die Politik wachrütteln. Vorwurf: Der Gesetzgeber forciere ein Apothekensterben - und das aus vielerlei Gründen.
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Von Dennis Paasch
Viele Patienten werden vor verschlossenen Türen stehen: An diesem Mittwoch könnte die Suche nach dringend benötigten Medikamenten noch schwieriger sein als derzeit ohnehin schon. Denn viele Apotheken werden am Nachmittag von 13 bis 16 Uhr schließen. Aus Protest.
Die Alarmglocken läuten seit Monaten in Deutschlands Apotheken, und der Grund dafür ist beunruhigend: Lieferengpässe, Personalmangel und schwindende Honorare gefährden die Existenz der Apotheker. Nun wollen sie sich mit einem bundesweiten Protest zur Wehr setzen. Die Bühne für ihren Aufschrei: Der diesjährige Deutsche Apothekertag in Düsseldorf, der vom 27. bis 29. September stattfindet.
Protest-Aktion: Apotheken im Kreis Stade bleiben geschlossen
Schon im Vorfeld des Apothekertages hat die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit sechs brennenden Fragen konfrontiert. Weil die Apothekerschaft auf diese Fragen zukunftsweisende Antworten in Lauterbachs Rede auf dem Deutschen Apothekertag erwartet, wollen sie am „Tag der Antworten“ genau zuhören - und schließen deshalb früher als normal üblich.
Der Auslöser für diesen Aufruhr? Eine Honorar-Kürzung durch die Ampel-Koalition, die die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage der rund 17.800 Apotheken weiter verschärft hat. Laut ABDA steht die Zukunft von rund 160.000 Apotheken-Beschäftigten auf der Kippe.
Große Protestwelle der Apotheken angekündigt
Am Nachmittag des 27. September werden Apotheken deutschlandweit ihre Türen schließen, um die Rede des Ministers live im Internet zu verfolgen. Währenddessen werden Notdienst-Apotheken die Versorgung aufrechterhalten.
Doch das ist nur der Anfang. Sollte sich die Lage nicht schnell verbessern, werde es noch in diesem Herbst eine groß angelegte Protestwelle der Apotheken geben, so die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening.
Erst im Juni hatte es einen Protesttag mit geschlossenen Apotheken gegeben. Im Kreis Stade war die Beteiligung an dem Protest besonders hoch. „Patientinnen und Patienten werden im ländlichen Raum nicht wie heute 20 Kilometer zur nächsten Apotheke zurücklegen müssen, sondern 40 oder 50 Kilometer“, klagte Dr. Mathias Grau, Inhaber der Rats-Apotheke in Horneburg, damals im TAGEBLATT. Grau ist der stellvertretende Landesvorsitzende des niedersächsischen Landesapothekerverbandes.
Annähernd 50 Apotheken gibt es im Kreis Stade - noch. Vier Apotheken hätten in jüngster Zeit bereits für immer geschlossen, sagt Grau. Lieferengpässe bei Medikamenten, Sparmaßnahmen und Honorarkürzungen durch die Bundesregierung, wachsende Bürokratie und Nachwuchssorgen beklagen die Apotheker.
Umfrage: Stimmung in der Apothekenbranche verdüstert sich
Der Pessimismus in den Apotheken in Bezug auf die eigene wirtschaftliche Lage und den anhaltenden Nachwuchs- und Personalmangel habe zuletzt noch einmal deutlich zugenommen, sagte Overwiening gestützt auf eine Umfrage unter 500 Apothekeninhaberinnen und -inhabern. Rund zwei Drittel (63,6 Prozent) aller Befragten befürchten demnach, dass sich die wirtschaftliche Lage ihrer eigenen Apotheke in den nächsten zwei bis drei Jahren verschlechtert. Für die Branche sehen sogar über 80 Prozent der Befragten düstere Zukunftsperspektiven.
Die Apothekerverbände fordern deshalb eine rasche Erhöhung der Apothekenvergütung um 2,7 Milliarden Euro pro Jahr sowie für die Zukunft eine automatisierte Kopplung des Honorars an die Kostenentwicklung. Der für die Apothekenhonorierung besonders wichtige Festzuschlag auf die per Rezept verordneten Medikamente sei zuletzt 2013 erhöht worden, begründete Overwiening die Forderung. (tip/dpa)