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Großer Wurf für die Gemeinde

Das gibt es auf dem Erlebnispfad in Oldendorf zu entdecken

Neuer Rahmen für das wiedervernässte Moor – der Erlebnispfad erklärt, macht neugierig und lässt neue Blicke auf alte Natur-Schönheiten zu.

Neuer Rahmen für das wiedervernässte Moor – der Erlebnispfad erklärt, macht neugierig und lässt neue Blicke auf alte Natur-Schönheiten zu.

Blau ist der Wald in Sunde, grün der Kohlspring und gelb das Hohe Moor. Wer den farbigen Schildern folgt, ist auf dem neuen Erlebnispfad "Moor, Wasser, Wald" unterwegs. Ein großer Wurf ist mit dem Projekt geglückt – aber: Vorsicht ist geboten.

Von Grit Klempow Sonntag, 31.10.2021, 19:00 Uhr

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Am Sonnabend durften sich sowohl Bürgermeister Johann Schlichtmann als auch alle Oldendorfer Ratsmitglieder auf die Schulter klopfen, weil sie doch noch den Mut für das Vorzeigeprojekt hatten. Schon 2014 gab es die Idee, die Sunder Seen und das geschützte Hohe Moor auf diese Weise zu verbinden. Erst durch das Leaderprogramm kam neuer Schwung in die Pläne und wurde auch für Schlichtmann „zur Herzensangelegenheit“. Weitere Geldgeber zeigten sich angetan, die nötigen 680 000 Euro kamen zusammen, der Landkreis stellte Flächen und Know how – und nun hat Oldendorf einen Erlebnispfad, der nicht nur für Familien ein echter Anziehungspunkt werden wird. Die Ehrengäste waren begeistert.

BLAU: Die Streuobstwiese an den Sunder Seen ist neben dem Parkplatz, Start- und Zielpunkt des Pfades, die erste Station. So wie hier ist an allen Stationen das Wissenswerte auf den Punkt gebracht. „Ich hatte nur 100 Wörter zur Verfügung. Einfach war das nicht“, sagt Dieter Offermann aus Oldendorf, der alle Texte entlang der Strecke verfasst hat. Drehbar sind die runden Tafeln zu den Fischen im See. Wer mehr über Fledermäuse erfahren will, kann wenig später Scheiben rotieren lassen. „Wie oft ruft eine Fledermaus?“. Die Antwort lässt Staunen: „Bis zu 100 rufe pro Sekunde gibt die Fledermaus von sich, um die Umgebung auszuloten.“ Aber der Bärenspinner hat als Nachtfalter einen eigenen Störsender, der selbst Ultraschallaute aussenden kann, damit er nicht als Beute endet. Mit Blick auf die spiegelglatte Wasseroberfläche lässt sich hier auf der neuen Bank die Aussicht genießen. Wer weitergeht, lernt, was die Douglasie auszeichnet, wo eine alte Furt war oder warum der Sunder Wald Multikulti ist.

Jana und Maxim Geselle freuen sich über den Erlebnispfad in ihrer Nachbarschaft. Fotos: Klempow

Jana und Maxim Geselle freuen sich über den Erlebnispfad in ihrer Nachbarschaft. Fotos: Klempow

 Ein kleiner Bach als Hauptattraktion

GRÜN wird es nach dem Überqueren der Kreisstraße: Der Kohlspring ist hier die Hauptattraktion. Der kleine Bach fließt schnurgerade und dann in sanften Kurven durch die Wiesen und macht in seinem späteren Verlauf als Horsterbeck eine stattliche Gewässer-Karriere. In diesem Abschnitt fließt er mit klarem, bräunlichen Wasser. Er soll renaturiert werden. Der Silberreiher an seinem Ufer findet jetzt schon Beute. Entlang des neuen Weges sind Blühwiesen gepflanzt oder heimische Bäume wie Esskastanien. Drehbare Ruhemöbel laden mit Blick auf die Kohlspring-Niederung zur Pause ein, von einem anderen Aussichtspunkt aus sind oft Kraniche zu sehen. Wer beim Gang Richtung Oldendorf-Siedlung aufmerksam ist, lernt den Gagelstrauch kennen.

Der Silberreiher sucht am Kohlspring nach Beute.

Der Silberreiher sucht am Kohlspring nach Beute.

Unterwegs auf schmalen Pfaden.

Unterwegs auf schmalen Pfaden.

GELB: Nach der Ortschaft geht es ins Moor. Der Rundweg in das Naturschutzgebiet ist schon lange bei allen beliebt, die die Stille über den Wasserflächen genießen wollen oder denen das Schimpfen der Schwanzmeise nichts ausmacht. Beschriftete Holzbalken am Weg zeigen, wie lange das Moor braucht, um zu wachsen. Sehr lange: 1 Millimeter pro Jahr. Als die Menschen den Torf abbauten, nahmen sie in kürzester Zeit, was 6000 Jahre zum Wachsen gebraucht hatte. Die Moore als Kohlenstofflager bekommen im Zuge der Klimakrise eine bedeutende Rolle. Schon seit den 1980er Jahren wird das Hohe Moor wiedervernässt. Mit Erfolg. „Der verbliebene Torfkörper saugt sich voll und wächst von unten nach oben“, sagt Dr. Uwe Andreas, Leiter des Kreis-Naturschutzamtes. Ein Prozess, der Zeit braucht. Aber hellgrüne Torfmoose sind schon zwischen Binsen zu sehen. Er selbst war zum Torfstechen noch mit seiner Familie hier im Moor, erzählt Johann Schlichtmann. „Aber ich hatte immer Angst, in eine Moorgrube zu fallen“, erzählt er, während der Ruf von Wildgänsen über dem Moor ertönt.

 Viel Zeit und Ausdauer mitbringen

Zurück geht es über neue Schotterwege und einen alten Sanddamm, der beste Aussichten auf Kraniche bietet, wieder zum Kohlspring und auf der anderen Seite des Waldes zurück zum Parkplatz.

Vorsichtig sollten Besucher auf jeden Fall sein: der Erlebnispfad wird seinem Namen zwar in allen Facetten gerecht, bietet Balancierbalken und Gucklöcher, Stationen zum Ausprobieren und Wege über Baumwurzeln und Lärchennadeln. Aber er entschleunigt auch, sofort. Wer sich auf den Weg macht, sollte deshalb vor allem viel Zeit haben. Zu schön sind die Plätze zum Verweilen.

Und wer sich vornimmt, den neuen Pfad in einem Rutsch zu erkunden, der braucht zusätzlich Ausdauer für fast neun Kilometer und vielleicht ein Getränk, denn eine Einkehrmöglichkeit gibt es unterwegs nicht. Dafür aber auch die Möglichkeit, jeden farbigen Abschnitt einzeln zu erkunden, Moor, Wasser und Wald.

Geldgeber

Land Niedersachsen über das Leader-Projekt: 272 600 Euro, Metropolregion Hamburg, Förderfonds: 179 500 Euro, Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung 50 000 Euro, Gemeinde Oldendorf: 102 300 Euro, Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten 67 000 Euro

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