„Der schönste Moment“ - Junge Seehunde werden ausgewildert

Ein Heuler wird aus einer Transportbox zur Auswilderung freigelassen. Foto: Daniel Bockwoldt/dp
Ab ins Wasser - an der Nordsee sind einige junge Seehunde zurück in die Freiheit entlassen worden. Zuvor wurden sie mehrere Wochen lang in den Seehundstationen in Friedrichskoog und Norddeich aufgepäppelt. In den kommenden Wochen werden noch mehr Heuler ausgewildert.
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Von Birgitta von Gyldenfeldt
Zögerlich schaut Moni aus ihrer großen Transportbox. Immer wieder blickt der junge Seehund nach links, nach rechts. Robbt erst vorsichtig halb, dann immer schneller ganz heraus und die wenige Meter zur Wasserkante. Ein kurzer Stopp noch, dann verschwindet Moni in der Meldorfer Bucht in der Nordsee. Auswilderung erfolgreich. Moni ist eine von fünf jungen Robben, die die in der Seehundstation in Friedrichskoog aufgepäppelt wurden und am Donnerstag wieder zurück in die Freiheit entlassen werden konnten.
Am Mittwochabend hat die Station in Norddeich ebenfalls vier Seehunde ausgewildert. Nach einer erfolgreichen Aufzucht in der Seehundstation wurden Mokki, Berthold, Choupinette und Fine per Schiff zur ostfriesischen Insel Juist gebracht und dort ausgesetzt. Sie waren im Juni als Heuler zur Station gebracht worden, wie deren Leiter Peter Lienau sagte.
Nur sie dürfen in Deutschland Heuler aufnehmen
In den kommenden Wochen werden aus beiden Einrichtungen weitere junge Seehunde zurück in die Nordsee entlassen. Die Seehundstationen Friedrichskoog und Norddeich sind nach einem internationalen Abkommen die einzigen berechtigten Aufnahmestellen für Heuler in Deutschland.

Heuler schwimmen in der Seehundstation Friedrichskoog in einem Becken. Die schleswig-holsteinische Einrichtung hat am Donnerstag fünf junge Seehunde in die Freiheit entlassen. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Bevor es zurück ins Watt ging, wurden die Tiere am Donnerstagmittag in Friedrichskoog ein letztes Mal gewogen: Mindestens 25 Kilogramm müssen sich die jungen Seehunde anfuttern, bevor sie ausgewildert werden. Das Jagen konnte ihnen in der menschlichen Obhut nur bedingt beigebracht werden. Bei der Futtersuche in der Nordsee müssen sich die zwei bis drei Monate alten Seehund-Teenies wie ihre Artgenossen auf den Instinkt verlassen, da sie die Jagd nicht von den Seehund-Müttern gelernt haben. Die Jungtiere brauchen daher bis zur Auswilderung ein gutes Speckpolster, von dem sie in den ersten Wochen im Wattenmeer zehren können.
Bei Moni zeigt die Waage 29,2 Kilogramm an - sie ist der zweitschwerste Seehund an diesem Tag. Als sie als Frühgeburt einen Tag nach dem ersten Heuler Manu am 18. Mai in die Seehundstation gebracht wurde, wog sie 8,1 Kilogramm. Auch Susi, Hubert, Frederik und Gizmo haben die 25-Kilogramm-Marke locker geschafft - eine gute Grundlage für das Leben in der Freiheit. Manu wurde übrigens schon im Juli ausgewildert. Anders als Moni habe er von Anfang an selbstständig gefressen, sagt Stationsleiterin Tanja Rosenberger.

Heuler "Moni" sitzt in der Seehundstation Friedrichskoog in einer Transportbox und wird gewogen. Die schleswig-holsteinische Einrichtung hat am Donnerstag fünf junge Seehunde in die Freiheit entlassen. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
„Das ist immer der schönste Moment, wenn die Tiere wieder ausgewildert werden können“, sagt Rosenberger. „Sie gehören raus.“ Vor allem bei Frühgeburten wie Moni kribbele man mit. Denn bei ihnen sei die Überlebenschance etwas schlechter.
Im Wattenmeer werden die jungen Seehunde rund vier bis fünf Wochen von ihren Müttern gesäugt und aufgezogen. Wenn die Muttertiere im Wasser nach Nahrung suchen, werden die Jungtiere kurzzeitig am Strand zurückgelassen. Als Heuler gelten sie erst, wenn sie infolge von Störungen dauerhaft von der Mutter getrennt werden.
Warum lassen die Muttertiere ihre Jungen allein?
Lienau sagt, dass Muttertiere ihre Jungtiere allein ließen, liege meist am Menschen, der den Wildtieren am Strand zu nahe komme. Insgesamt seien in der Station Norddeich in dieser Saison 100 Heuler aufgezogen worden. Die meisten von ihnen müssen noch ausgewildert werden. Nach Friedrichskoog sind bisher 177 gebracht worden, wie Rosenberger sagt.
Und was soll man tun, wenn man Robben sieht? Einen möglichst großen Abstand einhalten, um die Wildtiere nicht zu beunruhigen, heißt es von beiden Stationen. Und beim Fund eines allein liegenden jungen Seehundes in von Menschen genutzten Bereichen, etwa an einem Strand, sollen Seehundjäger, Seehundstation oder Polizei benachrichtigt werden.
Moni, Hubert und Co. sind derweil alle in der Meldorfer Bucht abgetaucht. Ab und zu schaut noch mal ein Tier aus dem Wasser und blickt sich neugierig um. Eine Zeit lang bleiben die jungen Seehunde vielleicht noch nahe beieinander. Doch dauerhafte Freundschaften werden sie wohl nicht geschlossen haben. Seehunde seien wie Kegelrobben auch Einzelgänger, sagt Rosenberger.