Energieeffizienz: Buxtehuder Studierende entwickeln Häuser der Zukunft

So könnte das Quartier aussehen, wenn es dem Standard „Effizienzhaus Plus“ entspräche: Photovoltaik- und kleine Windkraft-Anlagen auf den Dächern, ein Hubspeicher (der Turm ganz links im Bild) für die überschüssige Energie. Außerdem soll ei
Die Initiative „Effizienzhaus Plus“ setzt sich für mehr Klimaschutz beim Bauen ein. Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens lobte sie einen Wettbewerb aus, auch studentische Projekte waren gefragt. Die Hochschule 21 hat teilgenommen – mit großem Erfolg.
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Die Initiative ist ein Projekt des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Gebäude, die den Standard „Effizienzhaus Plus“ erfüllen, haben eine positive Energie-Bilanz: Sie produzieren mehr Energie, als sie im Betrieb verbrauchen. An dem deutschlandweiten Wettbewerb konnte sich jeder beteiligen, der eine Idee zu diesem Thema hatte. Neun studentische Projekte wurden eingereicht, davon drei von der Hochschule 21 – und alle drei wurden mit einem Preis ausgezeichnet.
Der erste Preis, dotiert mit 8000 Euro, ging an eine fünfköpfige Studierendengruppe, die ihrem Projekt den Namen „Grau zu Grün“ gegeben hatte. Maria Garbuz, Celina Pachaly, Johannes Isheim, Julia Reinholz und Björn Bergmann aus den dualen Studiengängen Architektur und Bauingenieurwesen beschäftigten sich nicht mit Neubauten, sondern mit dem Bestand: Wie können bestehende Häuser so saniert werden, dass sie dem Standard „Effizienzhaus Plus“ entsprechen? „Bestandsbauten abzureißen und neu zu bauen, ist wegen der Ressourcenverschwendung nicht sinnvoll“, sagt Johannes Isheim. Die Gruppe schaute sich nicht nur ein Haus an, sondern ein ganzes Wohnviertel: das Quartier entlang der Altländer Straße, Bechsteinstraße, des Rotkäppchenwegs und Leanderwegs.
Wärmedämmung mit Stroh möglich
Plattenbauten aus den Siebzigerjahren. Außenwände und Geschossdecken aus Stahlbeton, kaum Dämmung, die Flachdächer leer und ungenutzt. Dass das Bild, das das Quartier abgibt, auch ganz anders sein könnte, erläutern die Studierenden bei einem Termin vor Ort. In ihren Überlegungen im Rahmen des Projekts werden die Dächer begrünt und mit Photovoltaik-Anlagen bestückt – auch Mikro-Windkraftanlagen wären denkbar. An den Fassaden könnten zusätzliche Holzrahmen angebracht werden, die, gefüllt mit gepresstem Stroh, eine Wärmedämmung bieten.
Das mag erst einmal beinahe altmodisch anmuten – es ist aber die Zukunft des Bauens. Das sagt Professor Martin Kusic, der an der Hochschule 21 Bauphysik, Gebäudetechnik und Entwerfen lehrt und Wettbewerbs-Projekte der Studierenden betreut hat. Stichwort ist hierbei „zirkuläres Bauen“: Das bedeutet, dass die Baumaterialien bei einem späteren Abriss eines Gebäudes sortenrein trennbar sein müssen. Bei Holz und Stroh ist das möglich, bei den bisher in der Regel verwendeten Wärmedämmverbundsystemen ist es das nicht – der Begriff „Verbund“ im Wort sagt es ja schon. Kusic ist sich sicher, dass zirkuläres Bauen zukünftig ein Muss sein wird. Eine entsprechende EU-Verordnung dazu sei gerade in Arbeit. Bedenken um den Brandschutz können die Studierenden ausräumen: Das Stroh wäre so stark gepresst, dass kaum noch Luft dazwischen ist – das brennt dann kaum.
Wohnviertel könnte sich komplett selbst mit Energie versorgen
Hinzu kommt: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Auch beim mehrgeschossigen Wohnungsbau werde sich die Holzbauweise durchsetzen, sagt Kusic. „Der Gebäudebereich ist einer der Schlüssel zum Klimaschutz.“ Die Studierenden haben es ausgerechnet: Wenn alle Gebäude des Quartiers so gedämmt, wenn alle Gebäude entsprechend mit Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen bestückt wären, dann könnte sich das Wohnviertel komplett selbst mit Energie versorgen – und wäre unabhängig von Erdöl und Gas – ein Thema, das angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine sehr aktuell ist. Ein Speicher für die Energie müsste allerdings im Quartier zusätzlich gebaut werden.
An der Entstehung des Wettbewerbs beteiligt war unter anderem Peter Friemert, Geschäftsführer des Zentrums für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt, der Energieagentur der Stadt Hamburg. Er ist begeistert vom Siegerprojekt der Hochschule: „Die Arbeit spiegelt den Zeitgeist und die Themen der Gegenwart wider.“ Und auch Professor Martin Kusic ist voll des Lobes: „Die Studierenden haben alles zusammengebracht, was wir über diese Themen wissen.“

Die Studierenden Johannes Isheim (von links), Maria Garbuz, Julia Reinholz und Björn Bergmann diskutieren mit ihrem Professor Martin Kusic in der Altländer Straße über ihr Projekt. Foto: Frank
Die weiteren Preisträger der Hochschule 21
Ein zweiter, mit 5000 Euro dotierter Preis ging an die Gruppe „Plus kann so einfach sein“, die zeigte, wie ein in konventioneller Bauweise geplantes Rathaus durch die Optimierung des Gebäudes den Standard „Effizienzhaus Plus“ erreichen kann.
Ein mit 1000 Euro dotierter Anerkennungspreis ging an die Gruppe „Der Utopiehaus-Standard“, die auf einem für den Wettbewerb eingerichteten Instagram-Kanal präsentierte, wie die Zukunft des Bauens interaktiv gestaltet werden kann.