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Gesundheit

Gefährliche Zecken-Viren schon im Stader Nachbarkreis nachgewiesen

Das Landesgesundheitsamt sammelt jedes Frühjahr an ausgewählten Orten Zecken und untersucht diese unter anderem auf das FSME-Virus. Foto: dpa

Das Landesgesundheitsamt sammelt jedes Frühjahr an ausgewählten Orten Zecken und untersucht diese unter anderem auf das FSME-Virus. Foto: dpa

Die winzigen Blutsauger können die Krankheiten FSME und Borreliose übertragen. Die Gefahr im Norden steigt, in Niedersachsen gibt es bereits ein Risikogebiet.

Dienstag, 16.05.2023, 10:00 Uhr

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Die Gefahr eines Zeckenbisses droht nicht nur beim Waldspaziergang oder am Feldrand, sondern auch im Stadtpark oder im heimischen Garten. Darauf weist das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) zum Start der Zeckensaison hin. Bei steigenden Temperaturen und einer feuchten Wetterlage nimmt laut NLGA die Aktivität der blutsaugenden Parasiten zu. Sie können in Deutschland die gefährlichen Krankheiten Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose übertragen.

Als FSME-Risikogebiet gilt seit 2019 in Niedersachsen lediglich der Landkreis Emsland. Das Landesgesundheitsamt sammelt allerdings in jedem Jahr an ausgewählten Orten Zecken und untersucht die Tiere unter anderem auf das FSME-Virus. Ort dieser Aktion war am Dienstag die Parkanlage Alter Stadtfriedhof am Lindener Berg in Hannover. Die Expertinnen und Experten wurden schnell fündig.

Zeckengefahr auch im Park: Behörde sammelt Tiere

„Zecken halten sich besonders gerne am Waldrand in Grünstreifen auf, um die direkte Sonne zu vermeiden”, sagte Masyar Monazahian vom Landesgesundheitsamt. „Hier finden sie optimale Bedingungen vor.” Der Virologe zog eine große weiße Flagge durchs hohe Gras, an die sich die kleinen Spinnentiere anhefteten.

„Im Landkreis Cuxhaven, in Nienburg, im Emsland und in der Region Hannover haben wir FSME-Viren vereinzelt in Zecken nachweisen können”, berichtete Monazahian. Dies zeige, dass das FSME-Virus in Niedersachsen auch außerhalb des Landkreises Emsland vorkomme. Eine Infektion sei aber in den meisten Gebieten immer noch sehr unwahrscheinlich.

Masyar Monazahian, Zeckenexperte am NLGA, sammelt auf einer Wiese mit einer weißen Flagge Zecken. Foto: Stratenschulte/dpa

Masyar Monazahian, Zeckenexperte am NLGA, sammelt auf einer Wiese mit einer weißen Flagge Zecken. Foto: Stratenschulte/dpa

Stiko empfiehlt Impfung gegen FSME in Risikogebieten

Die Ständige Impfkommission rät in Risikogebieten zu einer Impfung gegen FSME. Aber auch für Menschen, die sich viel in der Natur aufhalten, kann laut Landesgesundheitsamt eine Impfung sinnvoll sein. Zudem empfiehlt sich eine FSME-Impfung vor Reisen in Risikogebiete, etwa nach Bayern oder Baden-Württemberg.

Die bekanntesten FSME-Symptome sind zwar Gehirn- und Hirnhautentzündung. Unter Umständen können aber auch Anzeichen einer Sommergrippe wie Fieber, Kopfschmerzen oder Erbrechen und selbst Darmsymptome auf eine FSME-Infektion hindeuten. Experten zufolge gibt es auch zunehmend Fälle mit einer völlig untypischen Symptomatik.

So hoch ist die Borreliose-Gefahr in

Mit Borreliose kann man sich überall in Niedersachsen infizieren, laut Landesgesundheitsamt tragen bis zu 40 Prozent der Zecken diesen Erreger in sich. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es nicht. Erstes Symptom ist oft eine größer werdende Rötung um die Einstichstelle herum, später können Nerven, Gelenke und Herz von den Bakterien befallen werden.

Generell sollten Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um sich gegen einen Zeckenstich zu schützen. Zu diesen zählen das Tragen von festen Schuhen und heller Kleidung, die den Körper bedeckt. Auf heller Kleidung lassen sich die winzigen dunklen Krabbeltiere besser erkennen. Zecken, die bereits zugestochen haben, sollten den Experten zufolge möglichst schnell entfernt werden.

Experten warnen vor verspäteten Diagnosen nach Zeckenbissen

Zecken-Experten warnen vor Fehldiagnosen bei Kindern, weil Infektionen nach Bissen der Tiere aus ihrer Sicht auch sehr untypische Symptome hervorrufen können. „Wir sehen, dass die Frühsommer-Meningoenzephalitis vor allem im Erststadium und erst recht bei Kindern relativ unspezifisch verlaufen kann“, sagte Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (München). „Leider gibt es aber noch Kinderärzte, die glauben, dass es die FSME bei Kindern nicht gibt und die daher bei der Diagnose auch nicht daran denken.“

In Tschechien würden laut Studien zwei Drittel der FSME-Fälle bei Kindern zunächst falsch diagnostiziert, sagte Dobler bei einer Video-Konferenz mit anderen Fachleuten. Ähnliche Studien in Deutschland gebe es nicht. Dobler rief Ärzte aber dazu auf, sich nicht alleine auf die FSME-Risikokarte des Robert Koch-Instituts (RKI) zu verlassen. 

 

Wie Sie Zeckenbisse verhindern

  • Geschlossene Kleidung: So können Zecken nicht direkt zubeißen, sondern müssen erst an der Kleidung herumklettern. Dann kann man sie meist noch rechtzeitig entdecken und entfernen.
  • Zecken-Abwehrmittel: Diese Sprays gibt man auf die Haut. Dort sollen sie Zecken vertreiben. Laut Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hält ihre Wirkung aber nicht lange an.
  • Kontrolle: Erwachsene sollten sich nach einem Tag in der Natur gut nach Zecken absuchen. Eltern sollten dies nach einem Aufenthalt im Freien bei ihren Kindern tun. Zu den beliebtesten Stichstellen zählen etwa Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehlen.
  • Entfernen: Hat es doch eine Zecke bis ans Ziel geschafft, sollte das Tier sehr behutsam entfernt werden. Das gelingt am einfachsten mit einer Pinzette oder einem Zeckenentfernungsinstrument. Dazu setzt man diese nahe der Hautoberfläche an und greift das Tier an seinem Mundwerkzeug - nicht am vollgesogenen Körper. Dann wird die gerade herausgezogen. Wichtig: Das Tier nicht herausdrehen.
  • Kontrolle: Nach dem Entfernen sollte man die Einstichstelle desinfizieren, markieren und über die kommenden Tage gut beobachten. Tritt ringsrum ein roter Infektionsring auf - die sogenannte Wanderröte - könne das ein erster Hinweis auf eine Borreliose sein. Als Warnzeichen gelten neben der Wanderröte etwa massive Gelenkschwellungen. In diesem Fall sollte man einen Arzt oder Ärztin aufzusuchen, der Antibiotika verschreibt. (dpa)
Eine Zecke krabbelt über den Arm. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Eine Zecke krabbelt über den Arm. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

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