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Horneburg

Holztore sollen Raser in Bliedersdorf bremsen

Im Sommer 2021 hatten sie eine Verkehrsberuhigung am Ortseingang gefordert: Torben Wicht, Gerd Otto und Holger Dobirr (von rechts) vor ihren Häusern auf der Hauptstraße (Kreisstraße 37) in Bliedersdorf. Jetzt ist eine erste Maßnahme geplant

Im Sommer 2021 hatten sie eine Verkehrsberuhigung am Ortseingang gefordert: Torben Wicht, Gerd Otto und Holger Dobirr (von rechts) vor ihren Häusern auf der Hauptstraße (Kreisstraße 37) in Bliedersdorf. Jetzt ist eine erste Maßnahme geplant

In Schleswig-Holstein werden „Baumtore“ bereits vielfach verwendet. Nun will auch die Gemeinde Bliedersdorf weiße Holztore an ihren Ortseinfahrten aufstellen, um den Verkehr zu bremsen. Sie engen die Fahrbahn für Autofahrer optisch ein.

Von Sabine Lohmann Donnerstag, 27.01.2022, 08:30 Uhr

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Seit langem schon ärgern sich Anwohner in Bliedersdorf über die Autos, die viel zu schnell auf der Kreisstraße 37 ins Dorf fahren. Zuletzt im Sommer 2021 hatten Torben und Sabrina Wicht den Verkehrslärm und überhöhte Geschwindigkeiten kritisiert. Die Bliedersdorfer sind von dem aus Rutenbeck kommenden Verkehr betroffen; sie wohnen 300 Meter hinter dem Ortsschild direkt an der Hauptstraße. Bereits 2017 hatte die SPD-Fraktion beim Landkreis Stade den Antrag gestellt, die Geschwindigkeit auf der K 37 zwischen Rutenbeck und Bliedersdorf und zwischen Postmoor und Bliedersdorf auf Tempo 70 zu begrenzen.

Im Gemeinderat stellte Bürgermeister Tobias Terne (CDU) nun eine Lösung vor, um die Ortseingänge in Bliedersdorf aus nördlicher und südlicher Richtung sowie in Postmoor aus südlicher Richtung besser kenntlich zu machen: jeweils ein seitliches Holztor rechts und links jeder Ortseinfahrt. Vor allem in Schleswig-Holstein werden die „Baumtore“, auch „Schräggatter“ oder „Seitentore“ genannt, vielfach zur Betonung geschlossener Ortslagen verwendet. Im Mobilitätskonzept hatte der Gutachter vorgeschlagen, solche Holztore an den Ortseingängen von Bliedersdorf sowie in Postmoor aufzustellen. Die weißen Seitentore sorgen für eine optische Verkleinerung der Straße und haben offenbar eine ähnliche Wirkung wie die Displays mit lachenden und weinenden Smileys. Für Autofahrer, die sich dem Ortseingang mit hoher Geschwindigkeit näherten, seien sie „eine letzte Warnung, auf die Bremse zu treten“, sagte Bürgermeister Terne. „Wer träumend in den Ort reinfährt, wird daran erinnert, langsamer zu werden.“

Nicht alle sind sich sicher, dass die Holztore ausreichen

Zustimmung gab es von allen Fraktionen. „Damit beschäftigen wir uns seit zehn Jahren“, sagte Hans-Wilhelm Glüsen (FWGB). Bisher habe es immer geheißen, der Streifen zwischen Straße und Radweg sei dafür nicht breit genug. Er hoffe nun, dass sich die Einstellung des Landkreises inzwischen geändert habe. Herman van Diepen (Grüne) begrüßte, dass der Verkehr optisch abgebremst werden soll, glaubt aber, das werde nicht ausreichen. Auch von Bliedersdorf in Richtung Postmoor werde „auf die Tube gedrückt“. Harald von Thaden (SPD) sprach sich ebenfalls für die „Baumtore“ aus – in Kombination mit weiteren verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Das sei ein erster Schritt, um die Verkehrssicherheit auf der Ortsdurchfahrt zu verbessern.

Mit dem Landkreis sei schon gesprochen worden, sagte Bürgermeister Terne. „Die Chance, sie zügig durchzukriegen, ist gut.“ Klar sei, dass es nicht die einzige Maßnahme bleiben dürfe, doch sei es eine „finanziell tragbare“ Lösung. Falls sie nicht ausreiche, wären immer noch Ausbuchtungen auf der Fahrbahn möglich.

Verkehr durch Tempo 70 beruhigen

Einstimmig beschloss der Gemeinderat die optische Verkehrsberuhigung an den Ortseingängen, 10.000 Euro wurden dafür im Haushaltsplan 2022 bereitgestellt. Die Verwaltung wurde beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der im Mobilitätskonzept vorgeschlagenen Aufstellung von Holztoren, durchzuführen. Auch für Rutenbeck soll die Maßnahme geprüft werden. Zunächst muss beim Landkreis als Straßenbaulastträger eine verkehrsbehördliche Anordnung beantragt werden.

Torben Wicht freut sich, dass endlich etwas passiert. Der Anwohner könnte sich vorstellen, dass die optische Verengung des Ortseingangs Wirkung zeigt. Das Problem werde damit nicht grundsätzlich gelöst, sagte er, doch es sei ein erster Schritt, der in Kombination mit Maßnahmen wie Verkehrsinsel als Querungshilfe, Geschwindigkeitsanzeigen und außerorts Tempo 70 den Verkehr beruhigen könnte.

Mit einer optischen Verengung durch „Seitentore“ wie auf dem Foto wollte die Gemeinde Bliedersdorf den Verkehr an den Ortseingängen beruhigen.

Mit einer optischen Verengung durch „Seitentore“ wie auf dem Foto wollte die Gemeinde Bliedersdorf den Verkehr an den Ortseingängen beruhigen.

Verkehrsberuhigung durch Kunst

Mit einer möglichen Verkehrsberuhigung durch Kunstobjekte am Straßenrand beschäftigt sich das interdisziplinäre Kooperationsprojekt „FairVerkehr“ der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg, der TU Hamburg und der Leuphana Universität Lüneburg. In zwei Gemeinden wird der Einfluss von Kunstinstallationen auf das Fahrverhalten auf innerörtlichen Durchgangsstraßen erforscht. Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert das Projekt. Erste Ergebnisse der Verkehrsmessungen zeigen einen vielversprechenden Trend: In einer Gemeinde hat sich nach Aufstellung der Kunstobjekte im Straßenraum die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen (über 50 km/h) an verschiedenen Messpunkten um bis zu 24 Prozent verringert.

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