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Betrüger

Ikea, Lego, Coca-Cola: Diese Lügen verbreiten sich im Netz

Das ist Fake: Dieses angebliche Foto eines Kaffeevollautomaten für 2 Euro bei Media Markt verbreitet sich derzeit via Facebook.

Das ist Fake: Dieses angebliche Foto eines Kaffeevollautomaten für 2 Euro bei Media Markt verbreitet sich derzeit via Facebook.

Bekommen Geflüchtete von der Bundesregierung Möbelhaus-Gutscheine? Wird die erlaubte Zahl der Haustiere beschränkt? Bei Facebook und TikTok sorgen Fake-News für Aufregung. Was derzeit kursiert.

Donnerstag, 04.05.2023, 09:00 Uhr

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  • Ministerium und Ikea dementieren angebliche Gutschein-Aktion

Mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine suchten in Deutschland Schutz vor dem russischen Angriff. Nun wird im Netz Stimmung gegen die Kriegsflüchtlinge gemacht. In einem TikTok-Video, das in einer Ikea-Filiale aufgenommen wurde, wird beispielsweise behauptet, dass ukrainische Geflüchtete einen Gutschein im Wert von 100 Euro für „ein Möbelgeschäft“ bekommen - „finanziert von der Bundesregierung“. Dafür reicht es angeblich aus, „den ukrainischen Pass im Möbelgeschäft vorzuzeigen“. Doch diese Behauptung hält keiner Überprüfung stand.

Bewertung: Weder Innenministerium noch Ikea haben Kenntnis über eine solche Aktion. Das Video entstand nicht in Deutschland.

Fakten: Das Bundesministerium des Innern antwortete auf dpa-Anfrage, dass es „keine Kenntnis von der beschriebenen Aktion“ hat. Auch die Presseabteilung von Ikea Deutschland sagte der dpa, dass dem Unternehmen von einer solchen Aktion nichts bekannt sei. Die Pressesprecherin geht davon aus, dass „es sich hier um eine Fake News handeln“ muss.

Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer erhalten in Deutschland seit dem 1. Juni 2022 Leistungen aus der Grundsicherung. Damit haben sie, wie ein mdr-Faktencheck zeigt, ähnliche Ansprüche wie deutsche Staatsbürger.

Die gezeigte Ikea-Filiale befindet sich nicht in Deutschland. Im Video sind diverse spanischsprachige Beschriftungen im Geschäft zu sehen.

Bei einer Suche auf Google Maps lässt sich die Filiale in Palma de Mallorca finden. Auf Fotos der Filiale stimmen mehrere Details mit dem Gebäude in dem Tik-Tok-Video überein, zum Beispiel die sieben Lampen über dem Ikea-Schriftzug und das markante dreiteilige Schild am linken Bildrand. Wie Google-Street-View-Bilder zeigen, gehört es zu der benachbarten Tankstelle.

  • In der EU ist kein Verbot von Haustieren ab Mai 2023 geplant

In sozialen Netzwerken kursiert derzeit folgendes Sharepic: Unter einem Bild mit zwei Hunden und zwei Katzen steht die Behauptung „Haustierverbot in der Eu ab Mai (sic!)“. Angeblich soll dann „nur noch ein Haustier erlaubt sein“. Bei einigen Usern sorgt das für Empörung, doch gibt es so ein Verbot überhaupt?

Ikea, Lego, Coca-Cola: Diese Lügen verbreiten sich im Netz

Bewertung: Es lassen sich keine Hinweise auf eine solche EU-Regelung finden. Bei dem Sharepic handelt es sich um einen Screenshot eines Tiktok-Videos, in dem der Hinweis „fake news“ steht. Der Beitrag war wohl als Scherz gemeint.

Fakten: Das Sharepic zeigt einen Screenshot von einem TikTok-Video. Demnach stammt der Beitrag von einem Account namens „Der König“. Mit den Informationen in dem Screenshot lässt sich der entsprechende Post vom 30. März 2023 auf Tiktok finden. Für das Video wurde ein Haustier-Bild von „pixabay.com“ verwendet.

Schaut man sich das Tiktok-Video genauer an, fällt ein Detail auf: In der unteren rechten Bildecke steht der Hinweis „fake news“. In dem Video wird also bereits deutlich, dass das angebliche Haustierverbot erfunden wurde - der Post ist möglicherweise als Spaß gemeint. Wie die Kommentare zeigen, fällt das aber nicht jedem Nutzer auf. In dem Sharepic-Version wird dieser Fake-Hinweis durch die Funktionen zum Teilen, Liken und Kommentieren des Videos und durch das Nutzerprofil teilweise verdeckt.

Bei dem von „Der König“ geposteten Video handelt es sich um einen Repost. Ein Wasserzeichen weist etwa darauf hin, dass das Video zuvor von dem mittlerweile gelöschten Account „dersim621995“ verbreitet wurde.

Mehrere Suchen nach Stichworten auf der Webseite der EU liefern keine Hinweise auf ein Verbot (hier, hier und hier). Ebenso gibt es dazu keine seriösen Medienberichte.

Worüber einige Medien hingegen berichtet haben (hier und hier): Mehrere EU-Mitgliedstaaten hatten 2022 ein Haustier-Verbot für bestimmte Wildtiere gefordert, wie etwa Tiger oder Krokodile. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) hatte zuletzt eine Einschränkung von „anspruchsvoll zu haltenden exotischen Tieren“ wie Schlangen oder Chamäleons vorgeschlagen. Özdemirs Worte wurden in der Folge von einigen Usern im Netz aus dem Kontext gerissen.

  • Coca-Cola wird mit Zuckerkulör gefärbt

Verschiedene Insektenarten werden für die Produktion von Nahrungsmitteln verwendet. Doch nicht alles, was darüber geschrieben wird, stimmt. So kursiert zum Beispiel das Gerücht, dass Coca-Cola einen aus dem „Cochinil-Insekt“ gewonnenen Stoff enthält: „Aus den Weibchen und Eiern dieser Insekten entsteht ein Pigment, das auch in Lippenstiften zu finden ist und das Coca-Cola braun färbt.“ Zusammen mit dem Text wird das Bild eines Käfers verbreitet. Auch der Name des Getränks soll demnach auf dieses Tier zurückgehen.

Bewertung: Der Farbstoff (Ammoniumsulfit-)Zuckerkulör gibt Coca-Cola den typischen Braunton. Das Getränk hat keine tierischen Inhaltsstoffe. Sein Name geht auf die ursprüngliche Zutat Kokain zurück. Das Foto zum Text zeigt einen Regenkäfer, keine Cochenille-Schildlaus.

Fakten: Laut Webseite des Unternehmens (auf „Nährwerte anzeigen“ klicken) sind in Coca-Cola Wasser, Zucker, Kohlensäure, Farbstoff E 150d, das Säuerungsmittel Phosphorsäure und natürliches Aroma inklusive Koffein enthalten. Hinter dem Farbstoff E 150d verbirgt sich Ammoniumsulfit-Zuckerkulör, das aus karamellisiertem Zucker gewonnen wird. Zur Beschleunigung des Karamellisierens können etwa Säuren sowie Sulfite und/oder Ammoniumverbindungen verwendet werden, erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung.

Im Posting wird also fälschlicherweise angenommen, dass die Farbe von Coca-Cola aus Insekten gewonnen wird. Tatsächlich gibt es einen Farbstoff, auf den das zutrifft: echtes Karmin (E 120). Für dessen Herstellung werden die Weibchen der Cochenille-Schildlaus getrocknet. Der Farbstoff steckt in einigen Lebensmitteln wie Süßigkeiten, Spirituosen oder Limonaden, aber auch in Kosmetikprodukten wie Lippenstiften. Coca-Cola enthält keinen Schildlaus-Farbstoff und auch keine anderen Zutaten tierischen Ursprungs.

Der Name des Getränks leitet sich nicht von der Cochenille-Schildlaus ab. Tatsächlich enthielt die Limonade anfangs Kokain, gewonnen aus einem Extrakt der Blätter des Coca-Strauchs. Neben der Colanuss, die das bis heute in der Zutatenliste stehende Koffein enthält, war die Droge einer der Namensgeber für Coca-Cola.

Das Bild, das zusammen mit der Falschbehauptung verbreitet wird, zeigt keine Schildlaus, sondern ein Regenkäfer-Weibchen aus der Gattung Pleocoma. Das Foto stammt von der Homepage des US-amerikanischen Naturhistorikers Wayne P. Armstrong.

  • Clickbait-Falle: Kein Kaffeevollautomat für zwei Euro

Ein Kaffeevollautomat des italienischen Herstellers De’Longhi für zwei Euro, weil dieser angeblich sein Lager wegen Exportbeschränkungen schließe? Ein solches Angebot auf Facebook klingt nicht nur unseriös. Das ist es auch.

Bewertung: Das Angebot auf Facebook ist ein Fake und offenbar reines Clickbaiting.

Fakten: Klickt man auf dem Facebook-Account mit dem angeblichen Angebot auf den „Jetzt bestellen“-Button, landet man auf einer Seite, die nichts mit Kaffeemaschinen zu tun hat. Stattdessen findet man dort die Rezension eines Lego-Produkts aus dem Jahr 2021. Es handelt sich um eine Kopie. Das Portal, auf dem die Original-Rezension veröffentlicht wurde, beschäftigt sich laut eigenen Angaben mit Neuigkeiten aus der Welt von Film, Fernsehen und Videospielen.

Hersteller De’Longhi warnt auf seiner Webseite vor gefälschten Produkten sowie Fake-Shops und gibt Tipps, wie man diese identifizieren kann. Man solle etwa vorsichtig sein, wenn einem ein Preis unangemessen günstig erscheine. Wenn man einen Fake-Händler gefunden hat, soll man dem Unternehmen eine Mail schreiben - die entsprechende Mailadresse ist dort aufgeführt. „Wir werden Ihre Anfrage analysieren und gegebenenfalls weitere Nachforschungen anstellen“, heißt es.

  • Supergünstige Lego-Sets? Von wegen!

Mit dem Markennamen Lego bekommt man die Aufmerksamkeit recht vieler Menschen. Angeblich soll der bekannte dänische Steine-Hersteller momentan bestimmte Produkte sehr günstig abgeben. 1,95 Euro für ein großes Lego-Set aus einer früheren Kollektion? Klingt unseriös - und das ist es auch.

Bewertung: Das Angebot ist nicht seriös und hat mit dem Unternehmen Lego nichts zu tun.

Fakten: Man soll auf den Button „Jetzt bewerben“ der Facebook-Seite klicken, um das Angebot wahrzunehmen: ein Lego-Set für 1,95 Euro. So gelangt man auf eine Seite, die einem Fragen zur Erfahrung mit Lego-Produkten stellt.

Nach einem kleinen angeblichen Gewinnspiel wird man von dort auf ein Portal weitergeleitet, auf dem man Daten von sich preisgeben soll (Name, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse). Spätestens an dieser Stelle ist klar, dass es das Angebot ein Fake ist und offenbar Daten von Usern abgegriffen werden sollen.

Das Unternehmen Lego warnt seit einiger Zeit vor solchen falschen Lego-Webstores, die Produkte angeblich sehr günstig anbieten. „Wir tun alles, was wir können, um Verbraucher vor Betrug zu schützen, und wir nehmen das Problem betrügerischer Websites sehr ernst“, heißt es in einem Artikel auf der offiziellen Webseite des Unternehmens von November 2020. Man arbeite daran, so viele dieser Websites wie möglich zu identifizieren und zu melden. Im Artikel gibt Lego zudem Tipps, wie man einen Fake-Shop entlarven kann.

Auch bei Facebook postet Lego immer wieder solche Warnungen - etwa diese des verifizierten Accounts des Lego House. Aktuell reagierte der Spielwaren-Hersteller Mitte April auf Facebook auf die Anfrage eines Users bezüglich eines ähnlichen unseriösen Angebots: „Bei der Aktion handelt es sich nicht um eine offizielle Aktion von uns und ist auch keine unserer offiziellen Partner.“

Die Faktenchecker von Mimikama listen einen vergleichbaren Lego-Fake auf Facebook (Februar 2023) in ihren Warnungen auf.

  • „Streit um schlechte Noten“: Fake-Seite will Daten abgreifen

Ob in Ansbach, Karlsruhe oder Geilenkirchen: Bei Facebook kursieren derzeit mehrere fast identische Posts. Demnach soll ein 15-Jähriger angeblich seine Eltern und seinen Bruder wegen eines Streits um schlechte Noten getötet haben. Doch je nach Beitrag werden zu dem angeblichen Vorfall kurioserweise unterschiedliche Tatorte in Deutschland genannt. Was hat es damit auf sich?

Bewertung: Achtung: Es handelt sich um eine Betrugsmasche, die auf Nutzerdaten abzielt. Einen solchen Fall hat es zwar 2022 gegeben - allerdings in Spanien, nicht in Deutschland. Das verwendete Bild hat auch mit diesem Fall nichts zu tun, sondern zeigt einen Mann, der nach einer Irrfahrt festgenommen wurde.

Fakten: Die verschiedenen Posts mit jeweils unterschiedlichen Ortsangaben sind ein erster Hinweis darauf, dass hier etwas nicht stimmen kann. Bei Facebook lassen sich beispielsweise Beiträge mit den Ortsangaben Karlsruhe und Ansbach finden. Die dpa hat deshalb bei zwei Polizeidienststellen angefragt. Sowohl die Polizei Karlsruhe als auch das für Ansbach zuständige Polizeipräsidium Mittelfranken bestätigten im Gespräch: „Einen solchen Fall hat es in unserem Zuständigkeitsbereich nicht gegeben.“

Der Link in den Beiträgen leitet die Nutzer auf eine neue Webseite weiter, die wie eine Nachrichtenseite aussieht. Dort sollen sich die Nutzer dann mit ihrem Facebook-Konto einloggen, um ihr Alter oder ihre Identität zu bestätigen. An dieser Stelle ist Vorsicht geboten, denn diese Seite hat nichts mit Facebook zu tun. So beginnt die URL zum Beispiel mit „lokal-lifestyle2023.cfd“ oder mit „lokalkompass-deutschland.cfd“, nicht mit „facebook.com“.

Wie die dpa bereits in früheren Faktenchecks erklärt hat, handelt es sich um eine Betrugsmasche zum Sammeln von Nutzerdaten. Verbraucherschützer und die Polizei warnen immer wieder vor solchen Phishing-Versuchen über gefälschte Webseiten. Besonders vorsichtig sollten Nutzer sein, wenn ungewöhnliche Aufforderungen zur Eingabe von persönlichen Daten auftauchen.

Das Landeskriminalamt Niedersachsen gibt online Tipps, wie man sich vor Phishingwebseiten schützen kann.

Um auf diese Fakes nicht hereinzufallen, kann es helfen, im Netz nach Informationen von seriösen Nachrichtenseiten zu suchen. Mit den Stichworten „Streit um schlechte Noten“ und „15-Jähriger“ liefert eine Suche tatsächlich mehrere Berichte aus dem Februar 2022. Der Fall ist also echt - doch er hat sich in Spanien ereignet, nicht in Deutschland.

Das Vorschaubild in den Facebook-Posts hat mit diesem Fall hingegen nichts zu tun, wie eine Fotorückwärtssuche zeigt. Das Bild entstand 2019 und wurde von der dpa verbreitet. Es wird etwa in einem Spiegel-Bericht verwendet. Auf dem Bild ist zu sehen, wie ein Tatverdächtiger in Essen nach einer Irrfahrt von der Polizei abgeführt wird.

Dass das Foto beispielsweise nicht mit einem Fall in Ansbach (Bayern) in Zusammenhang stehen kann, ist zudem laut dem Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken an einem Detail erkennbar. Auf dem Arm des Polizisten in dem Foto ist das Abzeichen der Polizei Nordrhein-Westfalen zu sehen - nicht das Logo der Polizei Bayern. (dpa)

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