Nach harscher Kritik: Grünendeichs Vize-Bürgermeister Helge Flöge tritt zurück

Helge Flöge legt sein Amt als Vizebürgermeister nieder.
Abschied aus der Politik: Der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Grünendeich, Helge Flöge, kommt seiner Abwahl im Rat Grünendeich zuvor und legt sein Amt nieder. Er hatte die CDU in die Nähe der NSDAP gerückt.
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Damit kam der Grüne nach TAGEBLATT-Information seiner Abwahl zuvor. Die Gruppe CDU/ Grüne wollte sich von ihm trennen – unter anderem aufgrund verbaler Entgleisungen und haltloser Vorwürfe gegen andere Ratsmitglieder. So heißt es hinter vorgehaltener Hand nicht nur bei Christdemokraten. Bei einer Abwahl als Vize-Bürgermeister hätte Ratsherr Flöge auch seinen Sitz in dem nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss verloren.
Vorgeschichte: Flöge hatte im Januar die Deichsicherheit in Zweifel gezogen und einen Eilantrag gestellt. Nach der Ratssitzung ruderte er inhaltlich zurück – und schloss sich der Auffassung des Deichverbands an, dass die Deichsicherheit gewährleistet sei. In der Sitzung hatten ihm Deichverband, Feuerwehr, SPD und FWG vorgeworfen, dass sein Antrag „unverschämt und frei von Sachkenntnis“ gewesen sei. Flöge beklagte letztlich einen „wirklich gut organisierten Shitstorm gegen meine Politik und Person“.
Als seine Politikerkollegen sich gegen Piktogramme in der 30- km/h-Zone in der Straße "Am Leuchtturm" in Grünendeich aussprachen, warf er ihnen vor, dass es ihnen egal sei, ob ein Kind plattgefahren werde. Nachdem seine Vorschläge wiederholt keine Mehrheit fanden, witterte er eine „Verschwörung“ und beklagte „Engstirnigkeit gegen Zugezogene“.
Grüner zieht Parallele zu 1933
Damit war das Tischtuch letztlich zerschnitten. Nach den SPD- und FWG-Politikern wandten sich auch die Christdemokraten und Ulrike Mohr (Grüne) von ihm ab. Nachdem die CDU-Mitglieder im Rat ihm mitgeteilt hatten, dass sie ihn abwählen und eine neue Gruppe mit Ulrike Mohr (Grüne) bilden werden, beklagte Flöge in seiner Antwort: „Für Meinungsfreiheit kann man weder belangt noch abgesägt werden. Ist ja fast wie 1933. Ich werde auch was beantragen: NSDAP-T-Shirts für alle.“
In einer kurzen Mail an den Grünendeicher Ratsherrn und CDU-Chef Gerd Dehmel bezeichnete der Grüne dessen Partei und Fraktion als einen „Suppenkasperverein“. Der Mailverkehr liegt dem TAGEBLATT vor.
Die Politik will sich noch nicht äußern. Bürgermeister Nikolai Müller (CDU) kündigte auf Nachfrage am Dienstag lediglich eine Erklärung für Donnerstag, 24. März, 19.30 Uhr, im Rat an. Dieser tagt in der Schönen Fernsicht. Aus der Politik heißt es, dass die frühere Bürgermeisterin Inge Massow-Oltermann (FWG) – als Nachfolgerin ihres Widersachers Helge Flöge – als Vize-Bürgermeisterin im Gespräch ist. Auch Parteifreundin Ulrike Mohr (Grüne) konnte ihn nicht mehr einfangen, er soll sich nach Voraussetzungen für einen Parteiausschluss Mohrs erkundigt haben.
Flöge will sich weiter für Klimaschutz einsetzen
Flöge teilte seinen Entschluss dem TAGEBLATT schriftlich mit, Rückfragen beantwortete er mit Verweis auf seinen Urlaub nicht. Seinen Rückzug aus der Politik begründete er mit „ausländerfeindlichen Äußerungen und Diskriminierungen gegenüber zugezogenen Mitbürgern von Teilen des Rates“. Die Vorwürfe seien an den Haaren herbeigezogen, hieß es dazu aus allen Fraktionen. Es habe keine ausländerfeindlichen Äußerungen gegeben. Flöge nannte auf Nachfrage keine Namen. Er sei bis Montag im Urlaub, der beratende Ingenieur für klimaneutrale Bauweise soll auf einer Aida-Kreuzfahrt sein. Als Nachrücker kamen Elke Körs und Hedwig Glinka-Glatho infrage.
Der Grüne, im Herbst 2021 erstmals in den Rat gewählt, schreibt, dass er sich „weiterhin weltweit im Einsatz gegen die Klimakatastrophe“ befinde. In Norwegen begleitet der Ingenieur aus Grünendeich nach eigenen Angaben „die Etablierung nachhaltiger Thermal-Großspeicher“. Er wolle dem Land und dem Landkreis konstruktive Lösungen aus der Wirtschaft für den Klima- und Küstenschutz bereitstellen.
Helge Flöge dankte dem Bürgermeister Nicolai Müller (CDU) für die „tolle Zusammenarbeit“. Die Politik hofft jetzt auf sachliche Diskussion und Harmonie. Für Flöge wird die Grüne Hedwig Glinka-Glatho in den Gemeinderat Grünendeich nachrücken.

Sehen sich beim Amtsantrit als „dynamisches Power-Duo“: Bürgermeister Nikolai Müller (CDU) und Vize Helge Flöge (von links) von den Grünen. Foto: Battmer