Petra Tiemann (SPD) fliegt aus dem Landtag
Kai Seefried und Helmut Dammann-Tamke sind als Abgeordnete aus den Wahlkreisen Stade und Buxtehude wieder direkt in den Landtag gewählt. Bis zuletzt musste Petra Tiemann zittern, ehe gegen 23.30 Uhr feststand, dass sie nicht über die Landesliste in den Landtag kommt.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Von Wolfgang Stephan und Karsten Wisser
Im Nachbarkreis Harburg gewann der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann wesentlich knapper. Immerhin konnte der Christdemokrat damit ein klein wenig seine bittere Niederlage auf Landesebene verschmerzen.
Im Stader Kreishaus hielt sich gestern Abend die Spannung in Grenzen, denn schon nach den ersten Auszählungen war klar, dass die beiden CDU-Kandidaten wieder vorne liegen werden. Landrat Michael Roesberg konnte es sich angesichts des deutlichen Vorsprungs von 9,1 Prozent sogar leisten, Kai Seefried vor dem offiziellen Endergebnis zum neuen Mandat zu gratulieren.
Kai Seefried (CDU) mit Töchterchen Marie Thérèse und Gattin Julia. Foto: Schmidt
Seefried liegt im Wahlkreis Stade mit 43,41 Prozent deutlich vor Petra Tiemann mit 34,31 Prozent. Alle anderen Kandidaten spielten bei der Vergabe des Mandats keine Rolle, als dritte Kraft kam Anke Lindszus von der AfD auf 6,39 Prozent, knapp vor dem FDP-Kandidaten Enrico Bergmann. Seefried, der gegenüber der Wahl 2013 6,5 Prozent verloren hat, war dennoch mit dem Ergebnis zufrieden: „Angesichts des Trends auf Landesebene ist das in Ordnung.“
Natürlich sei er sehr optimistisch gewesen, allerdings mit Restzweifeln behaftet. Letztlich habe er im Land und im Wahlkreis mit diesem Ergebnis gerechnet. Ob er tatsächlich auch CDU-Generalsekretär werde, hänge von der weiteren Entwicklung ab, wenn die CDU an der Regierung beteiligt sei, seien seine Chancen groß.
Petra Tiemann jubelte gestern in Hannover erst einmal über das Landesergebnis: „Ich freu mich wie Hulle.“ Die SPD habe ein unglaubliches Ergebnis eingefahren, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, die vom alten und wohl auch neuen Ministerpräsidenten nach Hannover bestellt worden war. Gegen 22 Uhr schien alles klar zu sein, die Genossin war so gut wie drin, um 23.30 Uhr gestern Abend dann die bittere Meldung für sie: Die SPD hat alle 55 Sitze über die Direktmandate gewonnen – Petra Tiemann ist raus.
Helmut Dammann-Tamke und Ehefrau Birgit mit dem Blumenstrauß zum Wahlsieg. Foto Wisser
Im Wahlkreis Buxtehude ist das Ergebnis wesentlich deutlicher: Helmut Dammann-Tamke erreichte 44,02 Prozent, sein SPD-Mitbewerber Alexander Paatsch 31,01 Prozent. Der Vorsprung aus der Landtagswahl 2013 ist damit von 17,6 auf „nur“ noch 13 Prozent gesunken. Dammann-Tamke verlor vier Prozent, während Alexander Paatsch tatsächlich das SPD-Ergebnis um 0,01 Prozent steigern konnte. Paatsch zeigte sich damit zufrieden, er wollte mehr als die 31 Prozent aus der vergangenen Wahl. Der Genosse gab freimütig zu: „Ich hätte keine Wette auf mich abgeschlossen.“
Für Helmut Dammann-Tamke war es inzwischen der vierte Sieg in Folge im Wahlkreis Buxtehude. „Dass es auf Landesebene für uns nicht gereicht hat, hat nicht an uns gelegen“, sagte Dammann-Tamke. Offenbar gebe es strukturelle Defizite in anderen Teilen des Landes bei der CDU.
Seine erste Analyse: „Es ist schwierig, den Menschen im Bundestagswahlkampf zu sagen, dass alles gut ist und sie die Regierung wiederwählen sollen und in drei Wochen danach zu sagen, alles ist schlecht – und wählt die Opposition“, so Dammann-Tamke.
Knapp behält die SPD mit 33,3 Prozent die Oberhand in der Stadt vor der CDU mit 32 Prozent. Die FDP wird mit 10 Prozent drittstärkste Kraft vor den Grünen mit 9,3 Prozent und der AfD mit 7,5 Prozent. Die Linke landet bei 5 Prozent. Bei den Erststimmen kippt die Mehrheit: Kai Seefried (CDU) setzt sich in der Stadt mit 36,9 Prozent durch, vor Petra Tiemann (SPD), die auf 35,5 Prozent kommt. Ein achtbares Ergebnis erhält hier der Politneuling Enrico Bergmann von der FDP mit 8,2 Prozent als drittbestes Ergebnis bei den Erststimmen. Apropos FDP: Sie wird in Schölisch mit 33,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei, die SPD rutscht auf 19,4 Prozent ab, eine Folge des Streits um die Straßenausbau-Beitragssatzung.
Die SPD ist mit 34,4 Prozent der Zweitstimmen zwar als stärkste Partei aus der Landtagswahl hervorgegangen, ihr Kandidat Alexander Paatsch kommt aber nur auf 33,6 Prozent. Das ist ungewöhnlich bei Vertretern der großen Parteien. Siehe CDU: 30,6 Prozent wählten sie in Buxtehude, ihren Kandidaten Helmut Dammann-Tamke 36,6 Prozent. Sogar bei den Grünen steigerte sich das Zweitstimmen-Ergebnis von 11,3 auf 12 Prozent beim Kandidaten Felgentreu. Die weiteren Zahlen aus der Stadt: Die FDP kommt auf 8,5 Prozent, die Linke auf 5,4 Prozent und die AfD auf 7,1 Prozent.
Ein Kommentar von Wolfgang Stephan
Der Landkreis Stade ist nur noch mit zwei Abgeordneten im Landtag vertreten. Das ist die bittere Nachricht des gestrigen Abends, eine Nachricht, die völlig überraschend kam, denn mit dem Ausscheiden von Petra Tiemann hatte niemand gerechnet. Echt schade.
Im Landkreis ist alles nach Plan verlaufen: Die dreizehn Prozent Vorsprung von Helmut Dammann-Tamke und die neun Prozent von Kai Seefried sind politische Welten, lange vorbei die Zeiten, wo die Genossen mit Erhard Wolfkühler in Stade und Monika Wörmer-Zimmermann in Buxtehude als Sieger aus der Wahl gingen.
Im Wahlkreis Buxtehude ist die Sache relativ klar: Da stand diesmal mit Alexander Paatsch wieder ein Neuling auf der Liste, einer, der innerparteilich nicht gerade geliebt wird. Zuvor war das Stefan Schimkatis, auch ein politisch unbeschriebenes Blatt. Die jeweils 31 Prozent sind wahrlich kein Ruhmesblatt. Und damit wird das Problem der SPD deutlich: Ihnen fehlt es im Kreis Stade an Spitzenpersonal. Eigentlich gibt es nur Petra Tiemann und dahinter ganz lange nichts. Aber: Auch Petra Tiemann hat im Wahlkreis Stade beileibe kein Traumergebnis eingefahren: Erstens musste sie sich wieder deutlich Kai Seefried geschlagen geben, und zweitens sind auch die Detailzahlen für sie nicht gut: Mit 34,2 Prozent hat sie trotz des landesweiten Zuwachses von 4,4 Prozent zwei Prozent verloren – außerdem liegt sie auch nur ein Prozent über dem Ergebnis der Zweitstimmen. Bei Seefried sind das fünf Prozent.
Bei den Fragen nach den Ursachen fällt der erste Blick auf den Wahlkampf, der bei den Genossen zumindest in der öffentlichen Wirkung nicht stattgefunden hat. Erfahrene Wahlkämpfer wissen, dass engagiertes Auftreten im Wahlkampf vier bis fünf Prozent bringen kann. Dazu gehören aber auch öffentlich wirksame Auftritte von Spitzengenossen aus Berlin und Hannover.
Die machten aber schon bei der Bundestagswahl und jetzt auch wieder einen großen Bogen um den Kreis Stade. Zu glauben, dass die Millionengabe der Sozialministerin für die Elbe Kliniken die Menschen bei der Stimmabgabe beeinflussen könnte, war offenbar ein Irrglaube. Zu Recht, denn die Millionen fürs Krankenhaus hatten eigentlich im Wahlkampf nichts zu suchen. Die Genossen sind gut beraten, ihre Wahlkampfstrategie zu überdenken. Zeit haben sie genug, denn erst 2019 wird wieder gewählt: in Stade die Bürgermeisterin und das Europaparlament.
Dass Stephan Weil Ministerpräsident bleiben wird, ist am Ende des Abends eine gute Nachricht. Bernd Althusmann kam nicht nur bei den Wählern im Nachbarkreis Harburg nicht sonderlich gut an.