Pilgerreise nach Rom: Auf den Spuren von Albert von Stade

Katrin Zekay folgt den Spuren des Abts von Stade . Immer mit dabei: Mischlingshündin Emma, ab und an dabei: Sohn Carlos (8). Foto: Felsch
Der Arzt hatte ihr nach massiven Erschöpfungszuständen Spaziergänge verordnet. Doch das war Katrin Zeykay bald zu langweilig und so kam die junge Frau aus Schwinge auf die Idee, nach Rom zu pilgern, so wie es bereits ein berühmter Stader getan hat.
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Dem Oberhaupt des Benediktinerklosters Sankt Marien war das lockere Leben seiner Brüder ein Dorn im Auge. Er wollte die strengen Regeln der Zisterzienser einführen und da er dafür das Okay vom Papst brauchte, machte sich der Abt 1236 auf die weite Reise. Gregor IX. stimmte seinem Wunsch nach strengeren Sitten zwar zu, lehnte jedoch die Umwandlung in ein Zisterzienserkloster ab.
Nichtsdestotrotz schrieb Albert von Stade seine Route nieder, nach der fast 300 Jahre später, um 1500, der Kartograf Erhard Etzlaub eine Karte erstellte, die Katrin Zekay als Wegweiser dient. Nur dass sie nicht in einem Rutsch nach Rom läuft. „Da ich berufstätig bin und zwei Kinder habe, kann ich immer nur Teilstrecken gehen“, erklärt die 36-Jährige aus Schwinge. Immerhin zwischen 30 und 50 Kilometer pro Tag.
1600 Kilometer lange Route
Die mittlerweile anerkannte europäische Kulturroute von rund 1600 Kilometer führt durch vier deutsche Bundesländer und drei europäische Länder. Vom Denkmal des Abtes aus startete sie nach Harsefeld bis Zeven. Im September folgte dann die Heide mit Visselhövede, Soltau und Wietzendorf. Im Oktober ging es durch Ostfalen (Braunschweig – Wolfenbüttel – Hornburg) und im Oktober/November ist der Harz dran. Der Dezember ist für die Thüringen-Strecke reserviert und bis zum Sommer geht’s Richtung Süddeutschland, über die Bayerischen Alpen. Im August ist die Etappe durch Österreich inklusive Brennerpass geplant. Die längste Tour von etwa 900 Kilometern durch Italien schafft sie eventuell erst Anfang 2023.
In Rom kann sie mit einem „vollen Pilgerpass“ eine Urkunde am Petersdom für eine anerkannte Pilgerreise zu Fuß an die Gräber der Apostel Petrus und Paulus erhalten. „Manch einer hat dabei den Papst bei einer Audienz sehen dürfen“, sagt sie.
Neue Gründe für Pilgerungen
Während bis ins Spätmittelalter hinein religiöse Gründe eine Rolle spielten, um Buße zu tun oder auch um der Todesstrafe zu entgehen – wer nach Santiago wanderte, endete nicht am Galgen – geht es den Menschen heute mehr um persönliche Neuorientierung, um Natur, Ruhe und Begegnungen, meint Katrin Zekaya. Bei ihr war es der anstrengende Job als Krankenschwester mit jeder Menge Überstunden. „Irgendwann muss jeder für sich selbst entscheiden, was „mehr Wert“ hat. Zeit für sich und die Familie oder ausreichend Geld auf dem Konto“, sagt sie über ihren „Ausstieg“. Heute arbeitet sie statt Vollzeit Teilzeit und machte aus ihrem Büro eine Yoga-Oase. Da das Wandern zu ihren Hobbys gehört, interessierte sie sich erst für den deutschen Jakobsweg und kam so auf die Homepage der Via Romea. „Wenn es von unserer Stadt schon einen Pilgerweg gibt, dann nehm’ ich den doch“, sagte sie sich und plante ihre Etappen nach Dienstplan und Urlaub.
Um immer wieder zwischendurch nach Hause zu kommen, benutzt sie den Zug oder ihr Mann Sascha fährt mit dem Wohnmobil hinterher. Ab und an begleiten ihre Söhne sie ein kleines Stück. Die meiste Zeit ist sie aber mit ihrer Hündin Emma allein unterwegs.
„Das ist schon manchmal gruselig, vor allem wenn es dunkel ist und wir durch Wälder oder Felder stundenlang laufen, ohne einen Menschen zu sehen“, sagt sie. Und wenn, dann werden sie schon mal ungläubig angeschaut. „Das kennt kaum einer im Norden“, meint sie. In Süddeutschland gebe es mehr Orte, wo sich die Pilger kostenlos oder günstig verpflegen und übernachten können.
Spendenlauf für "Aktion Kindertraum"
Gleich zu Beginn ihrer Tour überlegte sie, ob sie nicht einen „Spendenlauf“ aus ihrer Pilgertour machen könnte und sammelt für die Hilfsorganisation „Aktion Kindertraum“, die Herzenswünsche von Kindern in besonderen und schwierigen Lebenssituationen erfüllt. Die Kinderkrankenschwester hofft, eine Menge Spenden für einen achtjährigen, autistischen Jungen, der zudem an ADHS und Epilepsie leidet, zusammenzubekommen.
Der Junge und seine Eltern haben sich einen Autismus-Warnhund zugelegt, der auf seine Anfälle reagiert. Die kostspielige Ausbildung des Therapiehundes wird nicht von der Kasse übernommen. „Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung stehen immer noch am Rande unserer Gesellschaft“, begründet sie ihre Aktion. „Sobald er mit der kleinen Fellnase zusammen ist, wird aus dem sonst sehr unruhigen und angespannten Kind ein ausgeglichener und entspannter Junge“, sagt Katrin Zekay. „Es ist also der größte Herzenswunsch von ihm und seinen Eltern, den kleinen, vierbeinigen Freund zum Therapiehund ausbilden zu lassen. Dieser kann einerseits auf seine Anfälle reagieren und andererseits hat er einen Freund an seiner Seite, der ihn so annimmt, wie er ist.“
Die Organisation
Die Organisation „Aktion Kindertraum“ wurde 1998 gegründet. Die Hilfsorganisation für Kinder und Geschwisterkinder schwer erkrankter Kinder erfüllt jedes Jahr rund 250 Herzenswünsche und schenkt damit vielen Kindern und ihren Familien glückliche Momente.
Über die sozialen Netzwerke berichtet die Pilgerin von ihren Erlebnissen. Auf Facebook („Katrin Läuft Via Romea“) und Instagram („katrinviaromea“) kann jeder ihren Pilgerweg verfolgen.
Näheres zu der Spendenaktion für den kleinen Autisten (Begünstige: Stefanie Schmeling-Vey – Mitarbeiterin von „Aktion Kindertraum“) gibt es im Internet.