Pleiten, Pech und Pannen: Der XXL-Wirt plaudert aus dem Nähkästchen

Festhallenwirt Dieter Murck bittet um Unterstützung bei einer Petition des Gaststättenverbandes zur Mehrwertsteuerreform.
Ein verschwundenes Brautpaar, eine Busgesellschaft, die eine Woche zu früh anreist, zugekiffte Tenöre und Schlagersternchen, die wegen eines linksdrehenden Joghurts den Auftritt verweigern: Dieter Murck hat in seiner Festhalle in Kutenholz einiges erlebt.
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Einige der Geschichten trieben ihm den Schweiß auf die Stirn, auch wenn er heute darüber lachen kann. So wie beim Essen für 300 Leute, als der Grünkohl anbrannte. „Der war nicht mehr zu retten, also habe ich die Angestellten losgeschickt, um in sämtlichen Geschäften Nachschub zu holen.“ Weil es nicht genug Kohl gab, habe man Spinat untergemischt und um die Gäste, die bereits hungrig warteten, bei Laune zu halten, hat Dieter sich als Entertainer betätigt. „Wenn ich Witze über meine Figur reiße und erzähle, esst Schokolade, denn das ist Obst, wächst ja auf den Bäumen, habe ich die Lacher auf meiner Seite.“
Vor der Polizei nur in Unterhose
Ein anderes Missgeschick passierte in der Nacht vor einer Hochzeit in der Küche der Festhalle, als der Schlauch von der Spülmaschine platzte und Murck platschnass machte. Nur in der Unterhose setzte er sich ins Auto, um nach Hause zu fahren und sich umzuziehen. Als er mit dem Schlüssel umständlich am Schloss hantierte, tippte ihm ein Polizist auf die Schulter. „Junger Mann, was machen sie da? Zeigen Sie mal Ihren Ausweis.“ Da dessen Kollegin Dieter Murck kannte, ging der „Einbruch“ noch mal glimpflich aus.
Ähnlich ging ihm die Muffe, als er eine Gruppe Tenöre engagiert hatte, die erst mal in aller Ruhe einen Joint durch die Nase zogen, aber wider Erwarten einen Eins-A-Auftritt hinlegten.
Blut und Wasser hat er schon geschwitzt, wenn die Künstler nicht auftauchten und auch nicht erreichbar waren. Weil sie kein Handy hatten oder im Funkloch oder im Stau steckten oder deren Mietwagen mitten in der Walachei den Geist aufgab. Oder die einfach den Ort verwechselt hatten, so wie der Chauffeur, der das Brautpaar im falschen Lokal ablieferte, während der Wirt eine Suchaktion startete.
Zwei Bands auf einer Hochzeit
Einmal kamen sogar zwei Bands, weil der Brautvater und der Vater vom Bräutigam jeder – ohne Absprache – Musiker bestellt hatte. Dann war da schon die Busladung Rentner, die Oktoberfest feiern wollten und sich im Datum vertan hatten. „Da haben mir Kollegen aus der Patsche geholfen, weil nichts vorbereitet war, denn sie hatten ja erst im nächsten Monat gebucht“, erinnert sich Dieter Murck.
Ganz andere Probleme gab es mit einem Möchtegern-Schlagersternchen, das den Auftritt verweigerte, weil es die Leistung des Gastgebers nicht erfüllt sah: Wurst ohne Fett, ungeschwefelter Meerrettich, Wasser aus Anatolien. Manager, die kontrollieren, ob beim Schnittchen der Rand entfernt wurde oder der bestellte Joghurt aus einem bestimmten Ort in Skandinavien, möglichst von einer glücklichen Kuh, stammt, konnten den Vollblut-Gastronomen schon beinah in die Verzweiflung treiben.
Mit Showgrößen per Du
Da sind ihm die wirklichen Showgrößen wie Stefan Mross, Ireen Sheer oder Jörg Knör doch um einiges lieber, sagt Murck, der mit vielen per Du ist. Über Mickie Krause und Peter Orloff ist er dann auf die Idee gekommen, Fly & Help zu unterstützen. Denn der XXL-Wirt und seine Frau Caroline haben ein großes Herz für kleine Leute. Ihr Plan ist es, eine eigene Schule zu starten. Sobald Corona es zulasse, will das Gastronomenpaar, das bereits für ein Patenkind im Ausland sorgt, ein Sponsorenfrühstück organisieren, um richtig viel Geld spenden zu können.
„So bin ich erzogen: Egal, wie schlecht es dir geht – immer auch an andere denken“, meint Murck, der sich vom Koch zum Chef hochgearbeitet hat und bereits in seiner Ausbildung einige kuriose Vorfälle erlebt hat. So wie die ältere Dame mit der extrem großen Tasche, wohinein die Kohlwürste vom Büfett wanderten. Als ein Kellner die Tasche öffnete und eine Schüssel Grünkohl hineinschüttete, mit den Worten: „Da fehlt noch was“, war mit dem „Mundraub“ Schluss.
Kurz vor der vollkommenen Erschöpfung
Aber es gab nicht nur Lustiges: Als Murck außer der Festhalle noch ein Restaurant betrieb und eines Tages so müde war, dass er eine Bockwurst nicht von einer Roulade unterscheiden konnte, entschied er kürzerzutreten. Seitdem hat er „nur“ noch die Festhalle, eine Entscheidung, die er trotz der vielen ausgefallenen Veranstaltungen nicht bereut.
Um Ideen, wie er den Laden wieder in Schwung bringen kann, ist Dieter Murck, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt, nicht verlegen. „Vielleicht sollte ich mal ein Buch schreiben“, meint er lachend. Denn es gebe noch so viele Geschichten aus seinem Berufsalltag, die noch nicht erzählt sind.
Serie „Original“
Das ist Original Kutenholz: Mit diesem Stempel versieht das TAGEBLATT Porträts von Menschen, die typisch für ihren Ort und ihre Region sind, Typen, die nicht alltäglich sind – eine Serie nicht nur für die Menschen von der Geest.