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Ehrenamts-Adventskalender

Sie erweckte den Igel zum Leben

Ruth Albrecht hat den Buxtehuder Kleinkunst-Igel mit ins Leben gerufen und war jahrelang Vorsitzende des Vereins. Foto: Frank

Ruth Albrecht hat den Buxtehuder Kleinkunst-Igel mit ins Leben gerufen und war jahrelang Vorsitzende des Vereins. Foto: Frank

Erst im „III. Programm“, dann beim Kleinkunst-Igel: Ruth Albrecht war von Anfang an daran beteiligt, Kabarettisten für Auftritte in Buxtehude zu gewinnen. Viele Jahre lang war sie als Vorsitzende aktiv und unterstützt den Kleinkunst-Igel bis heute.

Sonntag, 22.12.2019, 12:00 Uhr

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Klassische Konzerte, einmal im Monat ein Theater-Gastspiel – viel mehr kulturelles Programm war in den 1970er-Jahren nicht geboten in Buxtehude. Dabei war es auch gerade eine Zeit des Zuzugs, Häuser wurden gebaut, Einwohner kamen hinzu. „Das schrie förmlich nach einem alternativen, lockeren Angebot“, sagt Ruth Albrecht. Mit dem gerade erst renovierten Abthaus war auch schnell eine passende Spielstätte gefunden. Doch die erste kulturelle Veranstaltung, die das „III. Programm“ auf die Beine stellte, fand in der „Eiche“ in Hedendorf statt: die Aufführung von Bertolt Brechts „Kleinbürgerhochzeit“. Das war im Jahr 1972. „Wir haben die Eintrittskarten mit dem Milchwagen verkauft“, erinnert sich Albrecht schmunzelnd. Bei der Aufführung saßen die Zuschauer bei Essen und Getränken an langen Tischen, die zur Bühne zeigten, „als wären sie Gäste der Hochzeit“, sagt Albrecht. Aus dem „III. Programm“ wurde dann 1979 der Kleinkunst-Igel. Auch Winfried Ziemann, Buchhändler und Initiator des Buxtehuder Bullen, mischte bei diesen neuen Kulturschaffenden mit, zog sich dann aber etwas zurück. „Ich mache schon den Bullen, jetzt mach du mal den Igel“, sagte er zu Ruth Albrecht. Sie wurde 1979 Vorsitzende des Kleinkunst-Igels und hatte dieses Amt bis 1997 inne.

Zehn Jahre lang vergab der Verein auch einen mit 5000 Mark dotierten Kleinkunstpreis. Doch durch die spätere Konkurrenz zu anderen Kulturstätten wurde es finanziell etwas schwieriger. Lieber sollten weiterhin viele Kabarettisten eingeladen werden können, als den Preis zu behalten – er wurde nicht weiter vergeben. Die Igel-Gussform für den Preis gibt es aber noch, sie steht bei Albrecht im Wohnzimmerschrank. Zu Zeiten des geteilten Deutschlands war es dem Kleinkunst-Igel auch wichtig, Künstler aus der DDR einzuladen – auch wenn das immer viel Schreiberei mit dem dortigen Kulturministerium mit sich brachte, erzählt Albrecht.

Neben dem klassischen Kabarett veranstaltete der Kleinkunst-Igel auch einige Male „Bürgermitmachabende“, an die sich Albrecht gern zurückerinnert. Jeder, der Lust hatte, durfte 15 Minuten lang sein künstlerisches Talent auf der Bühne präsentieren. „Einmal fand das auch im alten Forum Süd statt. Der Ziehharmonika-Club spielte und hatte seine 15 Minuten längst überschritten“, erzählt Albrecht, „um die Musiker zu stoppen, kam einer auf die Idee, einfach das Licht auszuschalten. Der Club spielte aber weiter: das Lied ‚Glühwürmchen, Glühwürmchen, flimmre‘“. Humor bewiesen auf der Bühne also längst nicht nur die Kabarettisten.

Bevor ein Künstler beim Kleinkunst-Igel auftritt, schauen sich die Ehrenamtlichen vorab einen seiner Auftritte an – das gilt bis heute. So hat auch Ruth Albrecht viele Kabarettisten vor allen anderen Buxtehudern gesehen. „Wir hatten aber keine Freikarten, sondern sind unerkannt rein gegangen“, sagt sie – so war es auch kein Problem, eine Vorstellung früher zu verlassen, wenn ihr das Programm überhaupt nicht zusagte. Und das kam schon ab und an mal vor, gibt Albrecht zu. Ansonsten hatte sie auch einige Aufgaben, die heute etwas einfacher geworden sind: Das Kleinkunst-Igel-Team musste früher zum Beispiel alle Plakate von Hand beschriften.

1997 erhielt Albrecht eine Urkunde des Landschaftsverbands Stade für ihre Verdienste um die Kultur. Ihren Nachfolgern guckte sie nie auf die Finger, das ist ihr wichtig. Wenn sie Fragen hatten, konnten sie ja zu ihr kommen. Ruth Albrecht besucht weiterhin Veranstaltungen des Kleinkunst-Igels, zuletzt den Auftritt von Hans Scheibner – der übrigens 1980 zum ersten Mal beim Kleinkunst-Igel zu Gast war. „Man wächst mit den Aufgaben und lernt sehr viele unterschiedliche Leute kennen“, sagt Albrecht über ihr Ehrenamt. Mit vielen Künstlern, die beim Kleinkunst-Igel auftraten, sind Freundschaften entstanden, die sie bis heute pflegt.

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Gestern: „Hand und Herz“ Buxtehude

Heute: Buxtehuder Kleinkunst-Igel

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