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Markenschutz

Sind Mini-Bratwürste dreiste Plagiate? Nürnberger Wursthersteller klagen

Die Nürnberger Bratwurst ist rechtlich ein geografisch geschütztes Produkt.

Die Nürnberger Bratwurst ist rechtlich ein geografisch geschütztes Produkt. Foto: dpa

Glückstädter Matjes und Nürnberger Bratwürste haben eins gemeinsam: Sie sind geografisch geschützte Marken. Jetzt klagten Nürnberger Wursthersteller gegen die Mini-Bratwürste eines niederbayerischen Konkurrenten. So entschied das Gericht.

Von Steffen Buchmann Freitag, 14.06.2024, 10:55 Uhr

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Am Donnerstag ging es am Münchner Landgericht buchstäblich um die Wurst. Der Schutzverband Nürnberger Bratwürste hatte gegen einen niederbayerischen Wursthersteller geklagt. Der gemeinnützige Verein wirft dem Unternehmen vor, mit der Produktaufmachung und der Größe seiner „Mini-Rostbratwürstchen“ gegen die Marke „Nürnberger Rostbratwürste“ zu verstoßen.

Die Bezeichnung hat der Verein bei der Europäischen Kommission als Herkunftsangabe schützen lassen. Der Wursthersteller aus dem niederbayerischen Geiselhöring bestreitet, dass er diese Angabe verletzt. Da sich die Parteien bei einem Verhandlungstermin nicht auf einen Vergleich einigen konnten, entschied nun das Gericht.

Das Ergebnis des Landgerichts lag am Donnerstag vor: Die Klage des Schutzverbands wurde abgewiesen.

Vorwurf: Irreführende Produktaufmachung

In dem Verfahren ging es um Rechte an dem geschützten Namen „Nürnberger Bratwürste / Nürnberger Rostbratwürste“, führte das Landgericht in einer Pressemitteilung aus. Der Kläger ist ein Verein von Herstellern, die in Nürnberg Würste mit der sogenannten „geschützten geografischen Angabe“ (g.g.A.) produzieren. Nach einer EU-Verordnung dürfen g.g.A. bei der Vermarktung von Erzeugnissen nur verwendet werden, wenn sie der betreffenden Produktspezifikation entsprechen.

Die Nürnberger Wursthersteller kritisierten an der Konkurrenz die ähnliche Größe und Aufmachung der Würste auf Fotos im Internet (Symbolbild).

Die Nürnberger Wursthersteller kritisierten an der Konkurrenz die ähnliche Größe und Aufmachung der Würste auf Fotos im Internet (Symbolbild). Foto: Daniel Karmann/dpa

Die Beklagte produziert ihre Würste mit der Bezeichnung „Mini Rostbratwürstchen“ dagegen nicht in Nürnberg, sondern im niederbayerischen Geiselhöring. Rechtlich werden nach einer EU-Verordnung g.g.A. umfassend geschützt, etwa gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung. Hierdurch soll vermieden werden, Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Produktursprung irrezuführen.

Kritik an Wurstabbildung mit Brot, Sauerkraut und Senf

Der Kläger beanstandete nun sowohl die konkrete Produktaufmachung, insbesondere auch die Größe der Würste der Beklagten. Auch wegen der Bezeichnung „Mini Rostbratwürstchen“ auf der Verpackung verlangten die Nürnberger Wursthersteller die Unterlassung der Produktion.

Der Schutzverband hatte unter anderem damit argumentiert, dass die angegriffenen Warenaufmachungen der Beklagten insbesondere die charakteristische Größe und Form der „Nürnberger Rostbratwürste“ übernehmen würden. Dies stelle – auch ohne explizite Bezeichnung der Würste als „Nürnberger“ – eine Verletzung der geografischen Angabe dar.

Auch eine Abbildung im Internet, welche die Würste der Beklagten auf einem Teller mit Weißbrot, Sauerkraut und Senf darstellt, sei eine Anspielung auf Nürnberger Rostbratwürste, die typischerweise mit eben diesen Beilagen gereicht würden.

So entschied das Gericht

Das Landgericht München sah den Sachverhalt anders. Ein Anspielen auf den geschützten Namen „Nürnberger Rostbratwürste“ beziehungsweise „Nürnberger Bratwürste“ insbesondere aufgrund der sichtbaren geringen Größe der Bratwürste und der verwendeten Bezeichnung „Mini-Rostbratwürstchen“ komme nicht in Betracht. Durch ihre Größe und Form werde kein Bezug zu einer bestimmten geographischen Herkunft hergestellt.

Glückstadt, die „Matjes-Hauptstadt“ in Schleswig-Holsteins, hat ihren Fisch ebenfalls geografisch schützen lassen.

Glückstadt, die „Matjes-Hauptstadt“ in Schleswig-Holsteins, hat ihren Fisch ebenfalls geografisch schützen lassen. Foto: dpa

Es liege auch keine sonstige Praktik vor, die den Verbraucher hinsichtlich des tatsächlichen Ursprungs der angegriffenen Würstchen irreführe. Insoweit sei die Größe der Würste angesichts der Vielzahl der auf dem Markt erhältlichen Würste in vergleichbarer Größe und Form schon keine – nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof erforderliche – besonders unterscheidungskräftige Eigenschaft.

Die Kammer erkannte des Weiteren keine Irreführung der Verbraucher. Die Kammer führte hierzu aus: „Der angesprochene Verkehr, der europäische Durchschnittsverbraucher, nimmt das beanstandete Produkt in einem Marktumfeld wahr, in dem ihm eine Vielzahl an unterschiedlichen Wurstprodukten in identischer bzw. ähnlicher Form und Größe gegenübertritt. Er ist daher daran gewöhnt, in der konkreten Verkaufssituation nach anderen, unterscheidungskräftigen Kriterien auszuwählen. Maßgeblich bleibt damit die Angabe „Nürnberg“ oder „Nürnberger“, welche damit für die Beurteilung, ob das entsprechende Erzeugnis von der geschützten Bezeichnung erfasst wird, ausschlaggebend ist.“ (sb/pm/dpa)

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