Streit um Glasaufzug spaltet Bali – Baustopp auf Nusa Penida
Der Kelingking Beach mit dem T-Rex-Felsen ist ein weltbekanntes Fotomotiv - aber der halbfertige Bau des Glasaufzugs verschandelt den Ausblick. Foto: Putu Utami/dpa
Bauruine statt Panoramablick: Ein Glasaufzug an Balis weltberühmter T-Rex-Klippe spaltet Besucher und Behörden. Es geht um Genehmigungen, Naturschutz und den Spagat zwischen Tradition und Tourismus.
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Denpasar. Nur eine halbe Fährstunde von Bali entfernt liegt Nusa Penida – eine Insel voll schroffer Felsen, türkisblauer Buchten und wilder Schönheit. Hauptattraktion für Reisende ist der atemberaubende Blick auf den Kelingking Beach: Die Klippen formen – von oben betrachtet – einen riesigen Dinosaurierkopf mit geöffnetem Maul, als würde das Meer gleich von einem urzeitlichen Wesen verschlungen. Doch wo einst nur die Natur das Sagen hatte, ragt nun der unfertige Bauturm für einen geplanten Glasaufzug in die Höhe – und sorgt für heftige Kontroversen.
Dieses 180 Meter hohe Bauwerk sollte Touristen künftig in gläsernen Kabinen zum berühmten „T-Rex-Felsen“ hinabfahren lassen. Die dramatische Formation machte die Bucht zu einem der meistfotografierten Strände der Welt: Auf Instagram kursieren Hunderttausende Bilder des ikonischen Motivs unter Hashtags wie #kelingkingbeach und #trexcliff. Der Aufzug war vor allem dazu gedacht, den beschwerlichen Abstieg zu erleichtern: Urlauber sind auf dem steilen, unebenen Pfad immer wieder verunglückt.
Fehlende Genehmigungen
Rund 70 Prozent der Anlage sind bereits fertig, doch Ende Oktober stoppten die Behörden die Arbeiten. Grund sind fehlende Genehmigungen und mögliche Verstöße gegen Umwelt- und Planungsregeln. Gelbes Absperrband flattert nun um den Betonsockel des stillgelegten Projekts - aber die Landschaft hat das weiße Stahl-Gerippe längst verändert.
„Die Untersuchungen zeigen, dass der Aufzug in einer Zone errichtet wurde, die den landesplanerischen Regeln widerspricht“, sagte der Vorsitzende des zuständigen Provinzausschusses, Made Supartha zu Wochenbeginn vor Journalisten. „Unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Entwicklung Balis im Einklang mit dem natürlichen Gleichgewicht und den kulturellen Werten bleibt.“
Zwischen Naturschutz und Profit
Der Streit um den Aufzug ist längst zum Symbol für Balis Balanceakt zwischen Naturschutz und Profit geworden. Noch vor wenigen Jahren war Nusa Penida für seine unberührten Klippen, Korallenriffe und Tempelzeremonien bekannt. Heute erlebt die Insel einen Bauboom, ausgelöst vom starken Anstieg des Tourismus nach der Corona-Pandemie.
Umgerechnet rund zehn Millionen Euro sollte das gesamte Projekt kosten. Örtlichen Medienberichten zufolge wird das Bauvorhaben von der indonesischen Firma PT Bangun Nusa Properti umgesetzt und von einer chinesischen Investorengruppe unterstützt. Die Entwicklerfirma erklärte, alle gesetzlichen Verfahren seien eingehalten worden, inklusive Umweltgutachten und Bodentests. „Wir respektieren die Aussetzung und warten auf weitere Klärung“, sagte Direktor I Komang Suantara.
Bau gefährdet spirituelle Balance
Doch Umweltgruppen und Einheimische warnen, dass der Bau die spirituelle Balance der Insel gefährde. Nach balinesischem Glauben gelten Küstenfelsen und Tempel als heilige Zonen – zentrale Orte der lokalen „Tri Hita Karana“-Philosophie, die Harmonie zwischen Göttern, Natur und Menschen anstrebt. Die Balinesen haben einen einzigartigen Glauben, geprägt vom Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Tägliche Opfergaben sind ein wichtiger Bestandteil des Lebens.

Die Balinesen haben einen einzigartigen Glauben, geprägt vom mythologischen Wesen und dem Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Foto: Carola Frentzen/dpa
Balis Gouverneur Wayan Koster, bekannt für seine vorsichtige Haltung gegenüber neuen Tourismusprojekten, betonte, dass die Regierung die Angelegenheit gründlich prüfe, bevor eine Entscheidung falle. Ob der bestehende Bau für den Aufzug möglicherweise wieder abgerissen wird, ließ er offen: „Das wird von den Ergebnissen abhängen. Warten wir auf den richtigen Moment.“
Moratorium gegen Bauboom
In ganz Bali - der hinduistisch geprägten „Insel der Götter“ - ist der Druck zunehmend spürbar, den Massentourismus und Bauboom ausüben. Überall schießen neue Hotels, Villen und Beachclubs aus dem Boden – oft auf ehemals unberührten Flächen oder Reisfeldern.
In Badeorten wie Canggu, Kuta und Seminyak ebenso wie im Yoga-Mekka Ubud sind die Straßen chronisch verstopft, es fehlen ausreichende Abwassersysteme und die Trinkwasserressourcen sind stark beansprucht. Im Oktober wurde bekannt, dass die Provinzregierung ein Moratorium verabschiedet hat, um das Wachstum touristischer Infrastruktur zu bremsen - den Plänen zufolge dürfen vor allem in wichtigen Touristen-Hotspots bis zu zehn Jahre lang keine neuen Hotels und Restaurants mehr gebaut werden. Beobachter sprechen von einem „wegweisenden Schritt“.

Wegen des Massentourismus sind auf Bali häufig die Straßen völlig verstopft. Foto: Carola Frentzen/dpa
Vertreter der Tourismusbranche sind hingegen besorgt. Wegen des Baustopps für den Glasaufzug warnen sie vor einem Imageschaden. „Das ist keine kleine Investition“, sagte Putu Darmaya, Chef des Hotel- und Gaststättenverbands im Bezirk Klungkung, zu dem Nusa Penida gehört. „Warum dagegen sein, wenn der Aufzug fast fertig ist?“ Die Entscheidung, das Projekt auf Eis zu legen, könne Investoren abschrecken. „Wir befürchten, dass sie am Ende abwandern und wir mit den Bauruinen zurückbleiben.“
Unmut bei Touristen
Unter Reisenden löst das Projekt dagegen Unmut und Skepsis aus. Hilmi Razak, ein Tourist aus Malaysia, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Als jemand, der die Natur liebt, fällt es mir schwer, dieses Bauvorhaben zu rechtfertigen. Wenn der Abstieg zum Strand zu anstrengend ist, sollte man vielleicht besser zu Hause bleiben.“ Anwohner Made Sediana sagt der Zeitung „Bali Sun“: „Ich glaube, die Touristen kommen nach Nusa Penida, um das wunderschöne Panorama zu genießen, nicht wegen der Aufzüge.“

Die Tempel Balis gelten bei Touristen aus aller Welt als Attraktion. Foto: Carola Frentzen/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa
Ob der umstrittene Glas-Lift jemals in Betrieb geht, ist unklar. Eine endgültige Entscheidung will die Provinzregierung am Montag (17. November) treffen – pünktlich zur Vorstellung des Haushalts für 2026. Bis dahin bleibt der Blick von der Klippe auf Kelingking Beach zwar atemberaubend – aber der unfertige Bauturm wirkt bereits wie ein Mahnmal für den Drahtseilakt zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Erhalt von Balis einzigartigen Naturwundern.

Tägliche Opfergaben gehören zum Alltagsleben in Bali dazu. Foto: Carola Frentzen/dpa

Die Insel der Götter gilt als Mekka für Surfer. Foto: Carola Frentzen/dpa