Vom „Altländer Jungen" und dem zersplitterten Holzgewehr

Frederika und Peter Schwenkenberg , fotografiert in ihrem Appartement in Jávea in Spanien. Foto: Stefan Kippes
Peter Schwenkenberg stammt aus Neuenkirchen und lebt am Oberrhein. Im Winter zieht es ihn an die Costa Blanca. Jetzt hat der pensionierte Exportkaufmann das Buch „Das zersplitterte Holzgewehr – Der Altländer Junge und die weite Welt“ veröffentlicht.
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Er schreibe gern und denke viel nach, sagt der 85-jährige Autor. Er habe das Buch geschrieben, „weil ich mir vorstellen kann, dass die Erlebnisse und Empfindungen des Altländer Jungen verdienen, festgehalten zu werden“. Es sei „ein Spagat zwischen Neuenkirchen und der weiten Welt“.
Geboren am 8. Juni 1936 in Neuenkirchen, ist er auf dem elterlichen Hof als einer von fünf Brüdern aufgewachsen; sein Vater Johann, genannt Hannes, war Landwirt, die Mutter Martha, geborene Stechmann, kam aus Ladekop. Peter Schwenkenberg besuchte die Volksschule in Horneburg und wechselte 1948 zur Mittelschule in Horneburg, die er 1954 mit der Mittleren Reife verließ. Nach der Lehre in einer Im- und Exportfirma in Hamburg, dem „Tor zur Welt“, arbeitete er viele Jahre in Übersee, verkaufte alles von der Nähnadel bis zum Fährschiff und lebte einige Zeit in Kolumbien, Venezuela und Holland.
1966 lernte Peter Schwenkenberg die holländische Lehrerin Frederika Kemp aus Amsterdam kennen, 1967 wurde geheiratet. Der Exportkaufmann aus dem Alten Land, der Deutsch, Niederländisch, Spanisch, Englisch und Französisch spricht, war gerade von einem viereinhalbjährigen Aufenthalt aus Südamerika zurückgekehrt. Das deutsch-holländische Paar hat zwei Kinder und vier Enkel, 2017 feierte es in Berlin seine Goldene Hochzeit.
Der Altländer Bub und die weite Welt
Seit zehn Jahren verbringen Schwenkenbergs den Winter in einem eigenen Appartement in Jávea in Spanien. In der Wandergruppe des Deutschen Clubs Costa Blanca engagierte er sich als Schriftführer und Pressewart sowie als Wanderführer, sie gab Malkurse im Club.
Sein erstes Buch „De vreemde Kogel“ veröffentlichte Schwenkenberg 2009 in der Heimat seiner Frau. In dem auf Holländisch geschriebenen Buch geht es um seine Erlebnisse und die niederländisch-deutschen Beziehungen. Mit dem Buch hoffte er, zu mehr Verständnis und Kenntnis der Geschichte beitragen zu können.
Im Juni 2016 veröffentlichte der Autor zu seinem 80. Geburtstag seine deutschsprachige Autobiografie „Ut mine Stromtid: Der Altländer Bub und die weite Welt“, herausgegeben vom holländischen Verlag GigaBoek, Amsterdam. Gefeiert wurde im Neuenkirchener Dorfgemeinschaftshaus.

Hochzeitsfoto des Deutschen und der Holländerin: Peter und Frederika Schwenkenberg heirateten 1967.
Im ebenfalls bei GigaBoek erschienenen neuen Buch „Das zersplitterte Holzgewehr“ (2021) beschreibt Schwenkenberg „als Zeitzeuge den Niedergang und Aufstieg Deutschlands vor und nach 1945“. Der Titel steht für eine Szene aus seiner Erinnerung, die er als bezeichnend erlebt hat: Ein englischer Soldat zerschmetterte nach Kriegsende sein geschultertes Holzgewehr am Kirschbaumstamm. Die Federzeichnung auf dem Cover, gezeichnet von seiner Frau Frederika, zeigt sein Elternhaus.
Auf den ersten 200 Seiten erzählt Schwenkenberg von seiner Kindheit und Jugend auf dem kleinen Hof im Alten Land. So schreibt er unter anderem über den französischen Kriegsgefangenen Pire, Zwangsarbeiter ab 1940, und den russischen Kriegsgefangenen Timofei, der hier von 1943 bis Kriegsende arbeiten musste. Weitere Kapitel zu Themen wie „Australien, vom Konzentrationslager zur Wertschätzung“, „England – Deutschlands Schicksal“ folgen sowie Reiseberichte und Leserbriefe. Die Kapitel „Holland und Europa“ und „Europas Geißel: Kolonialismus und Sklaverei“ hat er aus seinem Buch von 2009 aufgenommen.
Wenigsten einmal pro Jahr ins Alte Land
„Das zersplitterte Holzgewehr“ ist ein Sammelsurium an Themen, Betrachtungen und Gedanken, die Schwenkenberg im Laufe seines Lebens, in seiner Jugendzeit und auf seinen Reisen, zu Papier gebracht hat. Er habe alles festhalten wollen, was er als „Neuenkirchener Junge“ erlebt habe, sagt er. Dazu kamen historische Daten, die er recherchiert hat, geschichtliche Betrachtungen und historische Begebenheiten. Auf Quellenangaben hat er verzichtet, denn einen wissenschaftlichen Anspruch hat er nicht. Vieles sei Allgemeinwissen, sagt er. „In Geschichte hatte ich schon in der Schule eine gute Note.“ Auch bei Wikipedia habe er sich schlaugemacht.
Auszüge aus den Büchern „Ut mine Stromtid“ und „Das zersplitterte Holzgewehr“ wurden bereits von der deutschsprachigen Zeitung „Costa Blanca Nachrichten“ in Spanien veröffentlicht, unter anderem das Kapitel „Die englischen Besatzer – Deutschland in der Nachkriegszeit“.
Der Kontakt zum Alten Land, seiner alten Heimat, und seinem Geburtsort Neuenkirchen ist nie abgerissen. Peter Schwenkenberg versucht, wenigstens einmal im Jahr ins Alte Land zu kommen, möglichst zur Kirschenzeit, um Verwandte und alte Freunde aus der Schulzeit zu besuchen.
Das Buch
Peter Schwenkenberg: „Das zersplitterte Holzgewehr – Der Altländer Junge und die weite Welt“. Veröffentlicht 2021 im GigaBoek-Verlag. Taschenbuch, 398 Seiten, 26,70 Euro.

Der französische Kriegsgefangene Pire auf dem Federwagen auf dem elterlichen Hof in Neuenkirchen .
