Frachtschiff wieder freigeschleppt
Am Donnerstagmorgen ist die MS Sheksna vor der Estemündung auf Grund gelaufen. Das 82 Meter lange Frachtschiff konnte nachmittags freigeschleppt werden. Die Wasserschutzpolizei in Hamburg geht nach ersten Ermittlungen „vermutlich von einem Fahrfehler“ aus. Ein Lotse war an Bord.
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Die Aussage der Polizei stößt bei der Lotsenbrüderschaft Elbe in Hamburg auf Unverständnis. „Der Lotse ist noch nicht einmal befragt worden“, sagte der Dritte Ältermann, Erik Dalege, und warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen. Schließlich lägen noch überhaupt keine Untersuchungsergebnisse vor. Und auch die aktuellen Peilergebnisse müssten noch abgewartet werden.
Die Lotsen vermuten, dass die zunehmende Verschlickung im Bereich zwischen der Este und der Elbe bei dieser Havarie eine Rolle gespielt haben könnte. Die Tonnen auf den Frachter-Fotos zeigten, dass das Küstenmotorschiff „MS Sheksna“ in der Fahrrinne unterwegs war. „Es liegt im Fahrwasser“, betonte der Dritte Ältermann im Gespräch mit dem TAGEBLATT.
Der Kümo SHEKSNA ist vor der Estemündung auf Grund gelaufen. Foto Vasel
Der Frachter war am frühen Donnerstag auf dem Weg von Hamburg-Neuenfelde nach Riga. Das Schiff hatte bei dem Logistikpartner der Pella Sietas-Werft, der Este Project Service GmbH, Schwergut geladen. Die Ladung bestand aus einem 135 Tonnen schweren Transformator, sagte EPS-Manager Thomas Keitsch. Um 6.47 Uhr lief das 82 Meter lange und 12,70 Meter breite, in Belize registrierte Schiff zwischen den beiden Tonnen EZ7 und EZ9 in der Außeneste auf Grund. Es war kein Uran an Bord. Hintergrund: Das Schiff ist seit Jahren durch die Atomtransporte von St. Petersburg nach Hamburg in den Schlagzeilen.
Laut Jürgen Behm, Sachbereichsleiter für das Verkehrswesen beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Hamburg, waren Mensch, Umwelt und Schiffsverkehr auf der Elbe und in der Este-Zufahrt nicht gefährdet oder beeinträchtigt. „Eine Gefahr des Sinkens beziehungsweise einer Gewässerverunreinigung bestand zu keiner Zeit“, betonte Behm. Möglicherweise habe die „MS Sheksna“ zu spät abgelegt, so dass das Frachtschiff in der Fahrrinne nicht mehr genug Wasser unter dem Kiel hatte. Eigentlich wären die 3,40 Meter ausreichend gewesen, so das WSA Hamburg.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Schiff vor dem Este-Sperrwerk im Schlick feststeckte. Zuletzt war die 167 Meter lange und 24,5 Meter breite „Sandnes“ im Februar 2016 – ebenfalls kurz vor dem Abbiegen in die Hauptfahrrinne der Elbe – drei Wochen nach der Havarie des Mega-Schiffes „CSCL Indian Ocean“ vor Grünendeich auf Grund gelaufen. Aber auch die Hadag-Fähren sind kurzzeitig – beispielsweise 2012 – in der Fahrrinne der Außeneste stecken geblieben.
Ob die Verschlickung der Grund für die jüngste Havarie war, ist umstritten. Im Januar/März 2016 hatte die Hamburg Port Authority 150 000 Kubikmeter Sedimente aus der Außeneste rausgeholt und bei Neßsand abgekippt. Skipper beklagen, dass Este und Außeneste bereits wieder verschlickt seien.
Wie mehrfach berichtet, leiden Elbe und Este unter permanenter Verstopfung – laut einhelliger Meinung der Experten auch eine Folge des rückläufigen Schiffsverkehrs (kaum Schiffbau in Neuenfelde) und der Elbvertiefungen, der Zuschüttung des Mühlenberger Loches für Airbus und der Begradigung der Obereste. Die starke Versandung und Verschlickung blieben nicht folgenlos – nicht nur Schiffe liefen auf Grund. Denn Ende 2011 war sogar ein Torflügel des äußeren Sperrwerks auf eine Schlicklinse gefahren und aus den Angeln gehoben worden. Daraufhin musste Hamburg mehr als neun Millionen Euro in Sperrwerk und Klappbrücke stecken. Jetzt setzt HPA auf Spülstöße durch den Aufstau der Este.
Zum Fall der „MS Sheksna“ wollte sich HPA-Sprecherin Etta Weiner noch nicht äußern. Die Hintergründe müssten erst noch geklärt werden. Allerdings sei HPA nicht mehr für den Bereich zuständig, in dem der Frachter auf Grund gelaufen sei. Dort baggerten die Hamburger lediglich im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Wann das zuletzt passiert sei, müsse noch geklärt werden.
Kurz vor 15 Uhr war der Frachter mit Schlepperhilfe wieder ins Fahrwasser gezogen worden. Im Hafen wird das Schiff jetzt auf Schäden untersucht.
Die Hamburg Port Authority kämpft gegen die Verschlickung: Bis zum 31. Dezember 2017 wird die Durchfahrt des äußeren Este-Sperrwerks regelmäßig von der HPS gespült. In der Zeit zweieinhalb Stunden nach Tidehochwasser bis circa eine Stunde nach Tideniedrigwasser ist die Durchfahrt des Sperrwerks nach Cranz und Buxtehude nicht möglich – nicht nur für die Fähre Blankenese-Cranz. Die Strecke Neuenfelde-Blankenese ist „durch geringe Wassertiefen“ laut Hadag ohnehin nur eingeschränkt befahrbar. Hier sei im Zeitraum von vier Stunden nach Tidehochwasser bis eine Stunde nach Tideniedrigwasser „kein Verkehr möglich“. Ersatzweise verkehrt die Fähre in den genannten Zeiträumen von Finkenwerder nach Blankenese. Informationen zum Fahrplan stehen auf den Hinweistafeln an den Anlegern in Cranz und Neuenfelde. Weitere Informationen im Internet unter www.hadag.de und unter 040/311707-22.