1200 Menschen suchen Arian: Einsatzkräfte verletzt - So will die Polizei weiter vorgehen

Feuerwehrleute suchen mit einer Menschenkette auf einem Feld nach dem vermissten sechs Jahre alte Arian aus Elm. Foto: Daniel Bockwoldt
Der sechsjährige Arian aus Bremervörde bleibt weiter verschwunden. Am Sonntag läuft die bisher größte Suchaktion nach dem Jungen. 250 Einsatzkräfte aus dem Landkreis waren im Einsatz. Die Hoffnung, Arian lebend zu finden, ist weiterhin da.
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Bremervörde. Letztes Update: 21.25 Uhr
Polizei und Bundeswehr haben ihre Suche nach dem vermissten Arian aus dem niedersächsischen Bremervörde-Elm ausgeweitet. Am Sonntag startete die bisher größte Suchaktion nach dem seit Montag vermissten autistischen Jungen, der wahrscheinlich nicht auf Zurufe reagiert. Trotz 1200 Kräften sei das Kind bis Abend nicht gefunden worden. Man habe aber weiter Hoffnung, Arian lebend zu finden. „Aufgeben ist für uns noch keine Option“, sagte eine Sprecherin. „Wir suchen weiter Tag und Nacht.“
Die Suchaktion am Sonntag sollte zunächst bis 19 Uhr gehen, wurde dann aber doch etwas verlängert. „Grund dafür ist das unwegsame Gelände und die daraus resultierende Notwendigkeit, mehrfach Suchgruppen innerhalb der Kette durch herangeführte Reservekräfte herauslösen zu müssen“, heißt es am Abend von der Polizeiinspektion Rotenburg. Mit einem Ende der Suchkette werde mit Einbruch der Dunkelheit gerechnet
Auf ihren sozialen Kanälen gibt die Polizeiinspektion auch bekannt, dass einige Einsatzkräfte bei der Suche im unwegsamen Gelände verletzt wurden. Die Sanitäter hätten sie vor Ort versorgt. Die Verletzten wurden durch weitere Suchkräfte ersetzt, sodass die Suche nahtlos weiterging, heißt es.
Ergebnisse werden ausgewertet
Die Ergebnisse der Absuche der circa. 15 Quadratkilometer großen Fläche würden in der heutigen Nacht ausgewertet, so dass am Montagmorgen gezielt weiteren möglichen Ermittlungsansätzen nachgegangen werden kann, so die Polizei. Aufgrund der beschwerlichen Absuche des unwegsames Geländes würde ein Großteil der Kräfte sich bald ausruhen, Teilkräfte werden weiterhin im Dienst verbleiben.

250 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Stade suchten am Sonntag mit. Foto: Feuerwehr/Grimm
Seit etwa 16 Uhr verstärken auch die Buxtehuder Feuerwehren die Suche am Sonntag. Die Kreisfeuerwehrbereitschaft Süd wurde um 14.30 Uhr zur Personensuche alarmiert und rückten mit vier Fahrzeugen sowie 30 Personen, so Pressesprecher Timm Gerken. Die Feuerwehrleute würden vor Ort erst einmal für acht Stunden eingesetzt, sagt Gerken.
250 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Stade
Laut Landkreis waren am Sonntag insgesamt 250 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Stade bei der Suche im Einsatz, unter anderem aus der Kreisfeuerwehrbereitschaft Süd und der Gemeinde Drochtersen. Aluminium Oxid Stade stellte dem Landkreissprecher zufolge ein Luftkissenboot zur Verfügung.

Soldaten der Bundeswehr gehen eine Straße im Landkreis Stade entlang. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
„Eine derart große Suchmaßnahme habe ich zuvor noch nicht geleitet“, so Jörg Wesemann, Gesamteinsatzleiter der Polizei Rotenburg. Seit dem Vormittag durchkämmten rund 800 Helfer mit einer 1,5 Kilometer langen Menschenkette das Gebiet nördlich des Wohnorts des Jungen. Hinzu kamen 400 weitere Kräfte, die an anderen Orten suchten. Man konzentriere sich auf ein Gebiet, in dem man in den vergangenen Tagen zahlreiche Spuren gefunden habe, sagte eine Polizeisprecherin. Ziel sei es, „lückenlos alles noch einmal umzudrehen“.
Suchgebiet ausgeweitet
Die beteiligten Kräfte von Feuerwehr, Bundeswehr und Polizei seien mit GPS-Trackern ausgestattet, damit sie trotz der großen Entfernung auf einer Höhe bleiben. Zusätzlich seien weiter Boote, Drohnen und Suchhunde unterwegs. Technisches Hilfswerk (THW) und Feuerwehr durchsuchten Gräben und darin befindliche Rohre. Rund 1200 Kräfte seien im Einsatz, dazu kam eine Reiterstaffel.

Gräpel: Einsatzkräfte der Feuerwehr gehen eine Straße im Landkreis Stade entlang. Der sechs Jahre alte Arian aus Elm wird weiter vermisst. Die Suche nach ihm geht weiter. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Das Suchgebiet, das sich bisher auf das Umfeld von Elm konzentriert war, wurde am Sonntag ausgeweitet. Man versuche alles, um den Jungen zu finden, sagte ein Polizeisprecher. Daher laufe die Suche nun auch in etwas weiter entfernten Orten. Sollte Arian weiter nicht gefunden werden, werde man die Suche auch am Montag fortsetzen.
„Die große Anzahl an Kräften“, die am Sonntag im Einsatz sei, „zeigt, dass wir immer noch die Hoffnung haben“, sagte eine Sprecherin. Die Polizei gehe weiter nicht von einer Straftat aus. Es gebe keine Hinweise auf einen Kriminalfall, so ein Polizeisprecher. Einen etwaigen Wolfsangriff, in der Gegend gibt es Wölfe, schloss der Sprecher aus.
Helfer suchen mit „leiser Strategie“ nach dem Jungen
Zusätzlich zu den Kräften der Kette werden auch wieder Einsatzkräfte mit Booten, Drohnen, Hunden und Amphibienfahrzeugen neben und auf der Oste suchen, heißt es. Das THW und die Feuerwehr seien weiter mit der Durchsuchung der Gräben und den darin befindlichen Rohren beauftragt. „Hier werden sie durch eine Reiterstaffel in den Örtlichkeiten Gräpel, Kranenburg und Estorf unterstützt“, sagt Polizeisprecherin Sara Mehnen.
Vermisster Arian (6)
T „Da sollten wir noch mal nachsehen“: Suchtrupps im Kreis Stade geben nicht auf
In der Nacht hatten die Einsatzkräfte wieder mit der sogenannten leisen Strategie nach Arian gesucht. Diese sei nach Polizeiangaben mit einer Expertin für Autismus abgesprochen worden. Vorher wurde unter anderem laute Musik abgespielt oder Feuerwerk abgebrannt, weil der Junge dies möge.
Der Rückhalt im Dorf sei groß, berichtete eine Mutter, die am Sonntag zusammen mit ihrem Sohn ein selbst gemaltes Bild am Eingang zum Lagezentrum im Feuerwehrhaus des Ortes anbrachte. „Das sind Glückskleeblätter für Arian, dass er zurückkommt“, sagte sie. Die Bilder seien in einer Aktion des Kindergartens entstanden. „Alle hoffen, dass Arian zurückkommt und er sich halt irgendwo versteckt“, sagte die Frau. „Wenn man mit dem Fahrrad, wenn man mit dem Auto unterwegs ist - man guckt immer links und rechts und hofft, dass er irgendwo läuft“, sagte sie. „Alle wollen mithelfen und suchen. Aber wir sollen ja nicht, weil hier genug Einsatzkräfte vor Ort sind, die wirklich ihr Bestes geben.“

Von Kindern aus einem Kindergarten gebastelte Kleeblätter hängen am Sammelort der Einsatzkräfte bei der Suche nach einem vermissten Jungen. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Oste zwischen Neuhaus und Bremervörde gesperrt
Am Samstag wurde weiter entlang des Flusses Oste, jedoch auch erneut rund um Elm gesucht. Die Bundeswehr durchkämmte beidseitig die Ufer von Ostewehr in Richtung Norden, berichtet die Polizei bei Instagram.

Einsatzkräfte durchsuchen nahe Elm die Oste, einen Nebenfluss der Elbe. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
An manchen Orten müsse mehrfach nachgeschaut werden, sagte der Sprecher. „Es ist durchaus möglich, dass sich der Junge auch hin und her bewegt. Was gestern negativ war, kann heute positiv sein.“ Gleichzeitig ziehe sich die Suche bereits weit in den Landkreis Stade.
Nicht Mähen! Bitte an Landwirte
Die Oste sei derzeit für die Öffentlichkeit zwischen Neuhaus und Bremervörde gesperrt, teilte die Polizei bei Instagram mit. Ein Befahren sei aufgrund der Sperrung nicht möglich. Von einer eigenständigen Suche bittet die Polizei weiter abzusehen.
Landwirte werden aufgrund der aktuellen Personensuche nach dem vermissten Arian dringend gebeten, in einem Radius von 15 Kilometern um die Ortschaft Elm und auch in der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten von Mäharbeiten auf den Feldern abzusehen, meldet die Einsatzleitstelle für Rettungsdienst und Feuerwehr meldet über die App Katwarn. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der vermisste Junge dort Zuflucht gesucht hat.
Warnung vor „Fake-News auf Tiktok“
Die Rotenburger Polizei berichtet von vermehrten Hinweisen auf „Fake-News auf Tiktok“. Der Account verbreite möglicherweise gefälschte Nachrichten. Nutzer sollen „falsche oder irreführende Inhalte“ sofort bei der Plattform Tiktok melden, rät die Polizei.
Aufruf von Arians Eltern
Die Polizei teilt einen Aufruf von Arians Eltern in den sozialen Medien, in dem sie sich bei den Helfern bedanken. „Wir glauben, dass Arian sich auf Weg gemacht hat, um ein großes Abenteuer zu erleben, und das er sich nicht nur hier in Elm, sondern auch in den Gemeinden Estorf, Kranenburg, Oldendorf, Burweg bis nach Hechthausen bewegen und verstecken könnte,“ schreiben sie.
„Daher bitten wir die Anwohner der Gemeinden Estorf, Kranenburg, Oldendorf, Burweg bis nach Hechthausen weiterhin mehrmals täglich ihre Grundstücke, Schuppen, Gärten, Plätze mit Stoh oder Heu und andere Orte, an denen sich Arian versteckt haben könnte, regelmäßig zu durchsuchen.
In unserer letzten Nachricht haben wir bereits erwähnt, dass auch ungewöhnliche Orte, wie Misthaufen, große Rohre oder Dachböden in Frage kommen.
Wenn ihr Überwachungskameras habt, bitten wir euch auch, diese Aufnahmen regelmäßig zu prüfen. Vielleicht seht ihr Arian auf euren Aufnahmen oder Anzeichen eines vermehrten Wildwechsel, der auf Arians Anwesenheit hindeuten könnte.
Unter Bäumen, bei Laubhaufen oder auf Baustellen
Wer in der Umgebung von Elm, Behrste, Hude, Gräpel, Estorf, Oldendorf, Brobergen, Kranenburg, Blumenthal, Bossel, Burweg und Hechthausen spazieren geht, kann auch in den Wäldern, unter Bäumen, bei Laubhaufen oder auf Baustellen nach Arian Ausschau halten.
Wenn ihr in der Umgebung von Elm, Behrste, Hude, Gräpel, Estorf, Oldendorf, Brobergen, Kranenburg, Blumenthal, Bosssel, Burweg und Hechthausen mit dem Auto unterwegs seid, fahrt bitte langsam und vorsichtig und haltet in der Gegend Ausschau nach Arian.
Arian ist ein sportlicher, geschickter kleiner Junge mit fantastischen Instinkten. Er kann sehr gut klettern und hat viel Energie, weshalb er auch weite Strecken zurücklegen oder einen Hochsitz erklimmen könnte.
Bei Hinweisen das Bürgertelefon anrufen
Um sich zwischendurch auszuruhen, kommen viele der bereits beschriebenen Orte für Arian in Frage, und da er sich wahrscheinlich nicht bemerkbar machen kann oder wird, müssen wir weiter gemeinsam nach ihm suchen.
Wir versuchen natürlich auch, ihn aus einem Versteck zu locken, und haben Luftballons, Süßigkeiten und Trinkflaschen in der Umgebung verteilt. Auch ein Feuerwerk haben wir für Arian veranstaltet, in der Hoffnung, dass er diese Dinge sieht und aus einem Versteck hervorkommt.
Wenn ihr Arian seht oder einen Hinweis habt, der uns helfen könnte, dann würden wir uns freuen, wenn ihr das Bürgertelefon unter den Nummern 04761/74 89 135 oder 04761/74 89 144 anruft.“ (st)

Feuerwehrleute suchen mit einer Menschenkette auf einem Feld nach dem vermissten sechs Jahre alte Arian aus Elm. Foto: Daniel Bockwoldt