Wärme ohne Kohle ab 2025
Das Heizkraftwerk Wedel an der Elbe soll nach dem Willen der Initiative „Tschüss Kohle“ in sieben Jahren vom Netz gehen. Foto Bockwoldt/dpa
Eine neue Hamburger Volksinitiative fordert die Abschaltung der Kohlekraftwerke Wedel und Hamburg-Tiefstack in spätestens sieben Jahren. Unter dem Titel „Tschüss Kohle“ will ein Bündnis aus Umwelt- und Klimaschutzgruppen ab kommender Woche Unterschriften sammeln.
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„Wir wollen erreichen, dass in Hamburg ab 2025 keine Wärme und ab 2030 auch kein Strom mehr aus Kohle produziert werden“, heißt es im Internetauftritt der Initiative. Nur mit einem weltweiten Kohleausstieg sei der Klimawandel noch zu bremsen und die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen,
In der ersten Phase der dreistufigen Volksgesetzgebung benötigt der Vorstoß 10 000 Unterstützer-Unterschriften, im folgenden Volksbegehren 65 000. Ziel sei ein abschließender Volksentscheid am Tag der Bürgerschaftswahl Anfang 2020.
Kohlefreie Heizwärme ab 2025 hat zwar auch der rot-grüne Senat als Zielmarke ausgegeben. Laut dem Wärmewende-Konzept von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sollen die Heizungen in der Stadt ab dann klimafreundlich mit einem Energiemix vor allem aus Industrieabwärme, Wärmespeichern und Müll laufen. In diesem Szenario würde der Wedeler Uralt-Meiler im Frühjahr 2022 vom Netz gehen, Tiefstack bis 2025 auf Gas umgestellt.
Allerdings ist die Umsetzung dieses europaweit einzigartigen Ökowärmeplans ungewiss. Kritiker rechnen damit, dass die Kohlemeiler deutlich länger gebraucht werden, sollten sich die Alternativen als nicht verlässlich oder zu teuer erweisen. „Tschüss Kohle“ will den Zeitpunkt 2025 nun im Gesetz unwiderruflich festschreiben lassen. „Erst wenn der Kohleausstieg verbindlich festgelegt ist, wird auch alles Notwendige für 100 Prozent erneuerbare Energien auf den Weg gebracht“, heißt es im Aufruf.
Auch zielen die Initiatoren darauf, die Einbindung des Mega-Kohlekraftwerks Moorburg ins Fernwärmenetz in jedem Fall zu verhindern. Senat und Betreiber Vattenfall liegen in dieser Frage in offenem Streit. Die Schweden wollen die Wärme, die bei der Stromproduktion in dem 1600-Megawatt-Kraftwerk ohnehin anfällt, ins Netz einspeisen. Rot-Grün hat das im Koalitionsvertrag ausgeschlossen.
Setzt sich die Initiative durch, würde der Moorburger Meiler obendrein mit einem Verfallsdatum versehen. In zwölf Jahren soll demnach auch keine Stromproduktion aus Kohle in Hamburg mehr erlaubt sein.
Ein Kommentar von Markus Lorenz
Das mächtige Kohlekraftwerk Moorburg wirkt wie aus der Zeit gefallen. Drei Milliarden Euro teuer, noch keine drei Jahre am Netz – und doch hat sich der Megameiler des Energiekonzerns Vattenfall angesichts der rasanten Veränderungen des Energiemarkts und der Energiepolitik schon ein ganzes Stück weit überlebt. Das Anfang des Jahrhunderts geplante Kraftwerk ist so gewaltig dimensioniert, dass es fast ganz Hamburg mit Strom und große Teile davon mit Heizwärme versorgen kann.
Nur: Gebraucht wird diese Power aus klimaschädlicher Kohle nur noch zum Teil, weshalb die Diskussion um eine Wärmeauskoppelung nicht verwundern kann. Sichtbar wird dabei das Dilemma Hamburger Energiepolitik: Das Kraftwerk erzeugt bei der Stromproduktion quasi nebenbei große Mengen Wärme, die derzeit sinnlos verpuffen. Also besser zum Heizen nutzen? Kann man machen, wäre aber ein erheblicher Widerspruch zu Hamburgs Anspruch, Motor der Energiewende zu sein. So gesehen, ist die Volksinitiative zum Kohleausstieg eine Chance, Klarheit zu schaffen. Sollen doch die Bürger entscheiden, wie sauber ihre Wärme erzeugt werden soll.