SPD setzt auf Duo Esken/Klingbeil – In der CDU brodelt Gerüchteküche

Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD, spricht mit Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär, beim SPD-Bundesparteitag. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Mitten in den Koalitionsverhandlungen hat die SPD eine Führungsfrage zu klären. Es deutet sich ein recht geräuschloser Umbau an – der aber Auswirkungen auf die angestrebte Ampel-Regierung haben dürfte. In der CDU ist dagegen die Bewerberphase um die Laschet-Nachfolge gestartet.
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Der bisherige Generalsekretär Lars Klingbeil und Parteichefin Saskia Esken wollen die SPD künftig gemeinsam führen. Das erklärten beide nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Montag in einer SPD-Präsidiumssitzung. Das Präsidium folgte dem einstimmig und schlug die Personalie dem Parteivorstand vor.
Damit zeichnet sich ab, dass die SPD ihre offene Führungsfrage ohne großen Umbau in der Parteiführung parallel zur Regierungsbildung klärt. Gewählt werden soll die SPD-Führung auf einem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember.
Soltauer Klingbeil ist „Architekt der Erneuerung“
Esken wies bereits am Morgen im ARD-„Morgenmagazin“ auf die jahrelange enge Zusammenarbeit mit Klingbeil hin. Der 43-Jährige, gebürtig aus Soltau und im Wahlkreis Rotenburg I/Heidekreis aktiv, sei ein „Architekt der Erneuerung der SPD“ und sie schätze ihn persönlich sehr. Klingbeil hatte als Wahlkampfmanager entscheidenden Anteil am SPD-Sieg bei der Bundestagswahl.
Der amtierende Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans (69) hatte Ende Oktober seinen Rückzug angekündigt und erklärt, dass nun Jüngere ans Ruder sollten. Esken und er waren im Dezember 2019 nach einem langwierigen Auswahlprozess an die SPD-Spitze getreten. Damals war der designierte Kanzler der sich abzeichnenden Ampel-Koalition, Olaf Scholz, der gemeinsam mit der Brandenburger Politikerin Klara Geywitz antrat, Esken und Walter-Borjans unterlegen.

Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD, kommt zu den Sondierungsgesprächen. Foto: Kay Nietfeld/dpa
In einem Video bei Youtube begründet Klingbeil noch am Vormittag seine Kandidatur: Als Generalsekretär sei er angetreten mit dem Versprechen, jeden Stein in der damals heftig gebeutelten SPD umzudrehen. Viel habe man geschafft, sich im Wahlkampf unter wahnsinnigem Druck von Platz drei auf eins gekämpft. „Aber“, sagt Klingbeil, „ich will, dass es weitergeht. Ein Wahlsieg reicht mir nicht.“
Melden sich noch weitere Bewerber für Parteitag?
Auch jetzt ist nicht ausgeschlossen, dass sich vor dem Parteitag noch weitere Bewerberinnen oder Bewerber für den Parteivorsitz melden – es gilt jedoch in der deutlich befriedeten Partei als unwahrscheinlich. Mehrere SPD-Vize wie etwa Arbeitsminister Hubertus Heil haben bereits angekündigt, dass sie weiter Stellvertreter sein wollen.
Auch auf die Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP dürfte sich der Wechsel an der SPD-Spitze auswirken. Walter-Borjans hatte deutlich gemacht, dass die Parteivorsitzenden auch künftig nicht in der Regierung vertreten sein sollten – auch wenn dies satzungsmäßig möglich wäre.
Esken sagte in der ARD, natürlich wäre es auch spannend, als Ministerin in einer Zukunftskoalition mitzuwirken. Sie habe in den vergangenen beiden Jahren aber auch als Parteivorsitzende „Wirksamkeit gezeigt“. Auch Klingbeil waren Ambitionen etwa auf das Amt des Verteidigungsministers nachgesagt worden.
Bewerberphase in der CDU am Sonnabend gestartet
Schon zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren sucht auch die CDU einen neuen Vorsitzenden. Seit Sonnabend können Bewerber nominiert werden, vom 4. bis zum 17. Dezember soll eine Mitgliederbefragung Klarheit über die Nachfolge des nach nur einem Jahr als Parteichef gescheiterten Armin Laschet bringen.
Fragen gibt es viele: Schafft Friedrich Merz mit einem Team von Frauen und Männern an seiner Seite doch noch das Comeback? Oder gelingt es Norbert Röttgen, die meisten CDU-Mitglieder von sich zu überzeugen? Tritt eine Frau an oder gewinnt ein Überraschungskandidat, den niemand auf dem Zettel hat?
Es heißt, einige in der CDU seien auf der Suche. Weil sie von denen, die bisher für den Parteivorsitz gehandelt werden, nicht überzeugt sind. Und es heißt auch, zwei oder drei Teams würden am Ende ins Rennen gehen. Doch wer wird es sein?

Friedrich Merz gilt erneut als Kandidat auf den Posten des CDU-Parteichefs. Foto: Bernd Thissen/dpa
Merz und Röttgen setzen auf Team-Lösungen
In Berlin brodelt die Gerüchteküche noch kräftiger, seitdem die Union das Verfahren für eine Mitgliederbefragung beschlossen hat, um ihren neuen Vorsitzenden zu bestimmen. Die möglichen Teams im Überblick:
Team 1, angeführt von Friedrich Merz: In der Union geht man fest davon aus, dass der ehemalige Fraktionschef zum dritten Mal versuchen wird, Parteichef zu werden. Nachdem er zweimal knapp gescheitert ist. Der konservative Merz kommt bei großen Teilen der Basis an, er selbst ist bald 66 Jahre alt – und der Altersdurchschnitt der CDUler liegt bei rund 60 Jahren.
„Das hilft ihm“, heißt es in der Partei. Dem Vernehmen nach soll Merz bereits eine Allianz mit Mittelstandschef Carsten Linnemann (44) eingegangen sein, der vor allem bei Jüngeren und den Wirtschaftsliberalen gut ankommt. Ihm wurden auch Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt, doch nun wird er für den Posten des Fraktionschefs gehandelt.
Darüber hinaus soll Merz auf der Suche nach weiblichen Parteivize sein. Es fällt der Name Karin Prien, Bildungsministerin in SchleswigHolstein.
Und was macht Jens Spahn?
Wer Merz sagt, muss auch Spahn sagen. Der Gesundheitsminister im Team Merz, wie kürzlich kursierte, ist allerdings kaum vorstellbar. Beide sind in großer Abneigung miteinander verbunden. Dem Noch-Minister werden intern inzwischen kaum Chancen eingeräumt, selbst Vorsitzender zu werden. Weil er zu unbeliebt an der Basis und zu taktierend im Vorgehen ist.
Team 2, angeführt von Norbert Röttgen: Dass der 56-Jährige antreten wird, gilt als sicher. Offensiv wirbt der Außenexperte bereits für sich und grenzt sich von Merz ab. Zuletzt mit seiner Forderung, die Union müsse sich in der „modernen Mitte“ verorten.

Norbert Röttgen, CDU-Präsidiumsmitglied, kommt zu den Sondersitzungen von Präsidium und Bundesvorstand seiner Partei. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Es heißt, Röttgen könne sich sogar eine Doppelspitze vorstellen, etwa mit der bisherigen Parteivize Silvia Breher. Auch umgarnte Röttgen bereits Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus, selbst womöglich Kandidat für den Vorsitz (allerdings mit geringen Chancen). Und zwar mit der Äußerung, er könne sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen. Der Vorteil für Brinkhaus: Ein Parteichef Röttgen dürfte ihm den Job des Fraktionschefs nicht streitig machen.
Team 3, angeführt vom großen Unbekannten: Ähnlich wie Parteivize Julia Klöckner hat auch Parteichef Armin Laschet bereits angedeutet, dass womöglich noch ein Dritter ins Rennen gehen könnte. Namen fallen bisher nicht. Nur so viel ist in der CDU hören: „Wenn, dann auf alle Fälle keiner aus NRW.“