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Brandserie im Kreis Rotenburg: Trio schon länger unter Verdacht

In der Nacht zum Sonntag brannten bei der Firma Alga in Sittensen rund 25 Busse in einer offenen Lagerhalle. Foto: JOTO

In der Nacht zum Sonntag brannten bei der Firma Alga in Sittensen rund 25 Busse in einer offenen Lagerhalle. Foto: JOTO

Nur 48 Stunden nach dem Großbrand in Sittensen hat die Polizei drei junge Männer vorläufig festgenommen. Sie sollen für die Brandserie mit Millionenschaden verantwortlich sein. Das ist über die Täter bekannt.

Dienstag, 14.02.2023, 16:30 Uhr

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Zwei Tage nach den Bränden auf dem Gelände einer Firma für Nutzfahrzeuge in Sittensen und eines Autohandels in Weertzen hat die Rotenburger Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Verden am frühen Dienstagmorgen Durchsuchungsmaßnahmen bei drei dringend Tatverdächtigen durchgeführt. Im Zuge der Ermittlungen seien die 22, 24 und 26 Jahre alten Männer aus Rotenburg und der Gemeinde Scheeßel in den Fokus der Sonderermittler der „EG Hohenesch“ gerückt, heißt es in einer Mitteilung.

Dem Trio wird vorgeworfen, für eine Brandserie mit einer Schadenshöhe von mehreren Millionen Euro verantwortlich zu sein. Die Beschuldigte sind zu den Taten vernommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, für die Brandserie mit einer Schadenshöhe von mehreren Millionen Euro verantwortlich zu sein. 

Feuerteufel im Kreis Rotenburg: Tatverdächtige schon länger im Visier der Polizei

Über weitere Zusammenhänge halten sich Polizei und Staatsanwaltschaft bedeckt. „Die Aktion musste gut vorbereitet werden, wir hatten viele Leute, darunter Spezialkräfte, im Einsatz“, berichtete Polizeisprecher Heiner van der Werp.

Zum Inhalt der Befragung äußerte sich die Polizei nicht, auch das Motiv der jungen Männer bleibt unklar. „Wir werten weiter die Beweismittel aus, wir stecken mittendrin.“ Geprüft werde auch, ob es weitere Personen gibt, die Verbindungen zur Brandserie oder den Beschuldigten haben.

Beim Nutzfahrzeughändler Alga in Sittensen sind in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag 25 Busse verbrannt. Foto: Alexander Schröder

Beim Nutzfahrzeughändler Alga in Sittensen sind in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag 25 Busse verbrannt. Foto: Alexander Schröder

Fest steht laut "Zevener Zeitung", dass die jungen Männer schon länger im Visier der Beamten gewesen sein sollen und die Festnahmen am Dienstag nicht als Schnellschuss der Polizei zu sehen seien, erklärte auch van der Werp. „Das Ganze ist das Ergebnis unserer intensiven Ermittlungsarbeit. Aus der Bevölkerung hat es keine heiße Spur gegeben.“

Ein Strafverfahren wurde eingeleitet, Haftbefehl allerdings nicht erlassen. „Wir hoffen, dass nun erst mal Ruhe einkehrt“, so van der Werp.

Brandserie im Kreis Rotenburg: Das ist bekannt

Insgesamt 15 Brandstiftungen halten die Polizei im Stader Nachbarkreis seit Oktober 2022 in Atem. Quer durch den Landkreis brannten immer wieder Fahrzeuge lichterloh. Immer an Wochenenden. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag brannte es beim Nutzfahrzeughändler Alga in Sittensen. 25 Busse wurden bei dem Großfeuer zerstört - der Schaden geht in die Millionen.

In allen Fällen schlossen die Ermittler Brandstiftung nicht aus. Die Beamten richteten im Dezember die Ermittlungsgruppe Hohenesch bei der Polizeiinspektion Rotenburg ein, um sich intensiv mit den Fahrzeugbränden zu beschäftigen. „Die Kollegen arbeiten mit Hochdruck an der Geschichte und wollen den Fall lösen“, hatte Heiner van der Werp, Sprecher der Rotenburger Polizei, am Tag nach dem Feuer bei Alga in Sittensen erklärt.

Die Brandserie hatte mit kleinen Fällen angefangen. „Täter lernen aus Taten und ziehen eine gewisse Motivation daraus“, so van der Werp.

Autohändler in der Region reagierten zunehmend verunsichert. Sie wünschten sich mehr Präsenz durch die Polizei. Diedrich Höyns, Inhaber der Firma Auto-Elektrik Höyns in Sittensen und Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser, sagte: „Da scheint jemand Spaß daran zu haben, Feuer zu legen und hat dabei die Autohändler im Fokus. Ich hoffe auf einen schnellen Fahndungserfolg der Polizei.“ Seinen eigenen Betrieb hat Höyns bisher mit einer Alarmanlage gesichert und wollte nun zusätzlich eine Videoüberwachung installieren. 

Etliche Fahrzeuge auf dem Gelände der Alga wurden am Wochenende bei einem Großfeuer zerstört. Foto: Saskia Harscher

Etliche Fahrzeuge auf dem Gelände der Alga wurden am Wochenende bei einem Großfeuer zerstört. Foto: Saskia Harscher

Das sagt die Feuerwehr zu den Bränden im Kreis Rotenburg

Vertreter der Feuerwehr im Kreis Rotenburg zeigten sich erleichtert von dem Ermittlungserfolg. Unter den Feuerwehrleuten habe sich deshalb schon eine gewisse Unruhe breit gemacht. „Weil keiner wusste, wie lange die Serie dauert“, sagte Tim Gerhard, Kreisfeuerwehrsprecher, der "Zevener Zeitung".

Auch habe man sich gefragt: Ist der Brandstifter möglicherweise einer von uns? Bei der aktuellen Brandserie sei allerdings nicht davon auszugehen. Die großräumige Verteilung des Geschehens spreche dagegen, so Gerhard. „Feuerwehrleute, die Brände legen, wollen anschließend mithelfen und sich hervortun. Solche Brandserien spielen sich deshalb mehr in einer Gemeinde ab“, sagte Gerhard.

Ob es sich bei den Beschuldigten dennoch um Mitglieder einer Wehr des Landkreises handelt, um politisch-motivierte Taten oder etwas ganz anderes, werden die weiteren Ermittlungen zeigen. 

Millionenschaden nach Großbrand auf Firmengelände in Sittensen

Beim jüngsten Feuer in der Nacht zum vergangenen Sonntag explodierten Gastanks von Bussen in einer offenen Lagerhalle der Firma Alga Sittensen. Von dem Feuer zogen dichte schwarze Rauchschwaden über die Autobahn 1 und schränkten die Sicht ein. Das betroffene Unternehmen handelt mit gebrauchten Lkws, Bussen, Kränen, Bau- und Landmaschinen, die von der Autobahn gut zu sehen sind.

Durch das Feuer brach die Lagerhalle teilweise zusammen. Die Feuerwehr setzte knapp 200 Einsatzkräfte ein, um das Feuer zu bekämpfen. 

Der Verdacht auf Brandstiftung wird dadurch genährt, dass auch im nahegelegenen Ort Weertzen kurz vor Mitternacht ein Minibus auf dem Gelände eines Autohändlers in Brand geraten war. Am ersten Februarwochenende waren bei einer Autovermietung in Mulmshorn, zwei Autobahnabfahrten von Sittensen entfernt, 21 Fahrzeuge in Flammen aufgegangen. Zwei Monate davor hatten bei einem Autoverwerter in Rotenburg 37 Fahrzeuge gebrannt. Nach Zählung der Polizei vom Sonntag haben sich seit vergangenem Sommer 15 derartige Taten ereignet, bei denen ein Zusammenhang vermutet wird. (st/ZZ)

Im Gewerbegebiet Hohenesch bei Rotenburg bei einem Feuer 37 Altfahrzeuge zerstört. Foto: Kreisfeuerwehr Rotenburg

Im Gewerbegebiet Hohenesch bei Rotenburg bei einem Feuer 37 Altfahrzeuge zerstört. Foto: Kreisfeuerwehr Rotenburg

  • Chronologie der Brände:

14.10.2022: Pkw-Brand, ehemaliges Autohaus Jeschke, Zeven

16.10.2022: Pkw-Brand, Visselhövede

30.10.2022: Pkw-Brand, Sottrum

05.11.2022: 2 Pkw-Brände, Hassendorf

19.11.2022: Brand Autohaus Brunkhorst, Hetzwege

26.11.2022: Brand Stretchlimousine, Hemslingen

27.11.2022: Brand Bagger, Elsdorf

03.12.2022: Pkw-Brand, ehemaliges Autohaus Jeschke, Zeven

04.12.2022: Versuchte Brandstiftung, Ober Ochtenhausen

04.12.2022: Brand Autoverwerter Hohenesch, Rotenburg

05.12.2022: Einrichtung der Ermittlungsgruppe Hohenesch

01.01.2023: Brand Nutzfahrzeuge, Westeresch

05.02.2023: Brand Pkw, Mulmshorn

11.02.2023: Brand Kleinbus, Weertzen

12.02.2023: Brand Fahrzeughandel Alga, Sittensen

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