Neue Erkenntnisse nach tragischem Zugunglück in Neu Wulmstorf
Feuerwehrleute und Rettungskräfte sind nach einem Zugunfall im Einsatz. Beim Überqueren von Bahngleisen im Landkreis Harburg sind zwei Menschen von einem Zug erfasst und tödlich verletzt worden. Foto: Sebastian Peters/www.blaulicht-news.de/dpa
Nach dem tödlichen Zugunglück am Freitagabend in Neu Wulmstorf äußerte sich ein Polizeisprecher am Sonntag zu den Umständen. Ermittlungen haben den Angaben zufolge ergeben, dass das Paar in Eile war und die Schienen deshalb unerlaubt überquert hatte.
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(letztes Update um 19.30 Uhr: Details zum Einsatz am Unfallort hinzugefügt)
Das Unglück ereignete sich gegen 20.40 Uhr nur wenige Meter von dem Neu Wulmstorfer Bahnhof entfernt. Zu diesem Zeitpunkt war gerade eine S-Bahn auf der Südseite des Bahnhofes eingefahren. Nach Angaben der Polizeiinspektion Harburg wollten die beiden Unfallopfer den Zug noch schnell erreichen, offenbar waren sie in Eile. Der 33 Jahre alte Mann und die 29 Jahre alte Frau haben deshalb „verbotswidrig die Schienen überquert und dabei offensichtlich einen herannahenden Zug übersehen“, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
Der Zugführer des Regionalzuges der Firma Start Unterelbe – in diesem Streckenabschnitt sind die Züge mit Geschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern unterwegs – leitete noch eine Gefahrenbremsung ein. Doch er konnte eine Kollision nicht mehr verhindern. Der Zug traf den Mann und die Frau mit voller Wucht. Beide erlagen noch vor Ort ihren schweren Verletzungen. Der Zug kam am Bahnübergang an der Liliencronstraße zum Stehen.
Notfallseelsorger kümmern sich um Zugführer und Zeugen
Ein Großaufgebot an Einsatzkräften wurde in Marsch gesetzt. Neben den Notfallsanitätern des Rettungsdienstes und Notärzten waren unter anderem die Feuerwehren aus Neu Wulmstorf, Rübke und Buxtehude vor Ort. Die Feuerwehrleute halfen bei der Evakuierung der mit rund 130 Fahrgästen besetzten Regionalbahn. Sie wurden später mit Bussen zum Buxtehuder Bahnhof gebracht. Zunächst fanden die Feuerwehrleute nur ein von dem Zug erfasstes Unfallopfer im Gleisbereich, später auch das zweite. Die Freiwilligen leuchteten bei strömendem Regen die Einsatzstelle aus und unterstützten die Tatortgruppe der Polizei. Mit Loren der Feuerwehr wurden die Särge mit den sterblichen Überresten der beiden Unfallopfer abtransportiert. Die Bahnstrecke war rund vier Stunden gesperrt.
Notfallseelsorger und ein Kriseninterventionsteam kümmerten sich um Zugführer und Zeugen des Unglücks. Zwei Bekannte der Unfallopfer kamen noch während des Einsatzes zur Unfallstelle und mussten von Feuerwehrleuten und Seelsorgern betreut werden.
„Das ist natürlich sehr belastend – gerade auch für junge Kameraden“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Im direkten Umfeld der Toten seien vor allem ältere, erfahrene Feuerwehrleute zum Einsatz gekommen. „Vor allem die Nachbesprechung ist ganz wichtig. Allen wird angeboten, dass sie sich psychologische Betreuung holen können“, sagte der Feuerwehrsprecher.
Unfallopfer nutzten beliebte Abkürzung
Bei den Toten soll es sich um Mitarbeiter eines Logistikzentrums handeln, die sich auf dem Weg in den Feierabend befanden. Sie sollen US-amerikanische Staatsbürger sein. Die Ermittlungen der Polizei dauerten am Wochenende an. Offenbar nutzten die Unfallopfer eine bei Mitarbeitern der umliegenden Gewerbebetriebe beliebte Abkürzung. Davon zeugt ein Trampelpfad an den Gleisen. Via Facebook meldete sich am Sonnabend Neu Wulmstorfs designierter Bürgermeister Tobias Handtke (SPD) zu Wort. „Den Einsatzkräften, dem Lokführer und allen Beteiligten alle Kraft, das Geschehene zu verarbeiten, Respekt und Dank für diese Einsätze! Mein Beileid den Angehörigen“, schrieb Handtke. „Die Sinnlosigkeit dieser Unfälle macht einen ohnmächtig.“
Das schreckliche Unglück von Freitagabend „sollte uns alle sicher noch mehr animieren, in Alltagssituationen die Menschen anzusprechen, die bei geschlossenen Schranken, bei Rot oder an ungesicherten Stellen Gleise überqueren. Was im Dunkeln passiert, passiert auch am helllichten Tag“, mahnte der Neu Wulmstorfer Rathauschef in spe. So etwas passiere immer wieder. Und immer wieder seien tragische, sinnlose Unfälle mit Todesopfern die Folge. „Mit Folgen für diejenigen, die zurückgelassen werden und für die, die im Einsatz sich diesen Unfällen stellen müssen“, erklärte Handtke.