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Handynetz

Behörde macht Jagd auf Funklöcher – Telekom in Stade reagiert

In Stade sind zwei Telekom-Funkmasten mit LTE erweitert worden. Foto: dpa

In Stade sind zwei Telekom-Funkmasten mit LTE erweitert worden. Foto: dpa

Schon wieder kein Netz! Noch immer gehört dieses Ärgernis vielerorts zur Alltagserfahrung. In Stade hat die Telekom nun Funkmasten erweitert. Eine Bundesbehörde überprüft bundesweit die Lage.

Donnerstag, 21.09.2023, 15:15 Uhr

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Die Telekom treibt die Mobilfunk-Versorgung in Stade voran und hat zwei Standorte mit LTE erweitert. Durch den Ausbau vergrößert sich die Mobilfunk-Abdeckung in der Hansestadt und es steht mehr Bandbreite zur Verfügung. Auch der Empfang in Gebäuden soll sich laut Telekom dadurch verbessern.

Das Kommunikationsunternehmen betreibt in Konkurrenz zu Vodafone und O2 im Landkreis Stade 69 Standorte. Die Haushaltsabdeckung liege bei nahezu 100 Prozent. Bis 2025 sollen weitere 16 Standorte kreisweit hinzukommen. Zusätzlich sind an 28 Funkmasten Erweiterungen mit LTE oder 5G geplant. „Der Bedarf an Bandbreite nimmt ständig zu – rund 30 Prozent pro Jahr. Deshalb machen wir beim Mobilfunkausbau weiter Tempo“, sagt Stefanie Halle, Unternehmenssprecherin.

Im Landkreis können auch Hauseigentümer weitere Flächen für Funkmasten anbieten. Diese würden dann von der Telekom gemietet. Wer eine Fläche für einen Dach- oder Maststandort vermieten möchte, kann sich unter www.dfmg.de/standortangebot an die Deutsche Funkturm wenden.

Ist das Funkloch weg? Behörde fühlt Netzbetreibern auf den Zahn

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, sagt Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. Seine Behörde kontrolliert derzeit, ob die Anbieter bundesweit die Funklöcher tatsächlich geschlossen haben. Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2) hatten die Pflicht, bis Anfang dieses Jahres 500 4G-Funklöcher zu schließen. 

Nur ein Teil wurde geschlossen, in anderen berufen sich die Firmen auf rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten - dass beispielsweise kein Grundstückseigentümer zur Vermietung einer Fläche bereit war. 

Wie die Jagd nach Funklöchern auf Dörfern funktioniert

Messingenieur Markus Busch ist mit einem Kollegen in einem Transporter unterwegs, um die Qualität des Netzes zu analysieren. Es geht nicht nur über Straßen, sondern auch über Feld- und Waldwege. „Überall da, wo wir fahren können, fahren wir.“ Auf dem Dach des Wagens sind mehrere Antennen. Der Innenraum ist voll mit Technik, ob Scanner, Laptops oder spezielle Messinstrumente.

Laut Zahlen der Bundesnetzagentur waren im April 2023 nur noch 2,6 Prozent der Fläche weiße Funkloch-Flecken. Foto: dpa

Laut Zahlen der Bundesnetzagentur waren im April 2023 nur noch 2,6 Prozent der Fläche weiße Funkloch-Flecken. Foto: dpa

Langsam fährt der Transporter durch die hügelige Landschaft - und zwar jede Strecke mehrfach, damit die Messungen eindeutig sind. Dabei wird ein „Pilotsignal“ empfangen, das unabhängig ist von der aktuellen Nutzung anderer Menschen. Es gibt also gewissermaßen keine Ausrede, warum die Downloadrate gerade im Keller ist.

Auf Monitoren ist zu sehen, wie der Empfangspegel jedes Anbieters mal steigt, mal sinkt. Alles wird dokumentiert und später ausgewertet. Von Mehren geht es nach Ziegenhain und Hahn - eine Route, die im Internet auf Wanderkarten zu finden ist. „Liebhaber von Fachwerkbauten und Natursteinhäusern kommen auf ihre Kosten“, heißt es auf der Internetseite ich-geh-wandern.de. In Sachen Gastronomie hapere es allerdings, man müsse Mitgebrachtes verzehren.

Auch Wandersleute sollen zumindest mancherorts gutes Netz bekommen in Deutschland - so besagt es eine Auflage, zu der sich die Telekommunikationsanbieter bei der Frequenzauktion im Jahr 2019 verpflichtet haben. Eine Downloadrate von mindestens 100 Megabit pro Sekunde soll auch in 500 bisherigen 4G-Funklöchern („Weißen Flecken“) möglich sein.

Allerdings ist das quasi ein Idealwert - sind mehrere Menschen in einer Funkzelle unterwegs, teilen sie sich die Netzkapazität. Das ist bis zu einem gewissen Grad unproblematisch. „Viele Menschen sind auch heute noch mit zwei Megabit pro Sekunde zufrieden“, sagt Fachmann Busch.

Messingenieur Markus Busch zeigt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, die Daten bei einer Kontrollfahrt. Foto: Kaiser/dpa

Messingenieur Markus Busch zeigt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, die Daten bei einer Kontrollfahrt. Foto: Kaiser/dpa

Kein Handynetz: Wo es noch Probleme gibt

Bei Veranstaltungen, wo viele Menschen hinkommen, kann es aber doch noch hapern, selbst wenn die Ausbauauflage erfüllt wurde. „Zwischen dem subjektiven Nutzererlebnis und der Sendeleistung einer Funkstation ist immer eine Diskrepanz“, sagt Behördenchef Müller. Die Erwartungshaltung in der Bevölkerung steige - „Filme streamen, Handygames spielen und große Dateien runter- oder hochladen, das wollen die Menschen auch unterwegs machen - egal wo.“

Das bedeutet aber auch, dass die Telekommunikationsanbieter viel Geld in Sendemasten stecken müssen, die relativ wenig genutzt werden. Ist es sinnvoll, bis an die letzte Milchkanne gutes Netz zu haben? Im Internetzeitalter ja, sagt Müller. „Das ist die Erwartungshaltung der Menschen und der Politik und das streben wir an.“

Laut Zahlen der Bundesnetzagentur waren im April 2023 nur noch 2,6 Prozent der Fläche weiße Flecken, ein Jahr zuvor hatte der Wert noch bei 3,7 Prozent gelegen - dort hatte also keiner der drei Netzbetreiber gesendet. Sogenannte graue Flecken - wo also nur einer oder zwei der Netzbetreiber gefunkt haben - waren im April 2023 auf 16,7 Prozent der Landesfläche, ein Jahr zuvor waren es 24,7 Prozent.

Die Zahlen zeigen, dass es besser wird. Das betonen auch die Telekommunikationsfirmen, die auf hohe Investitionen verweisen. Seit der Auktion 2019 habe man rund 2900 Funkstation-Neubauten und mehr als 3800 Upgrades auf LTE-Technik angestoßen, heißt es von Vodafone.

Mobilfunkauktion soll ausfallen - Profitiert der Verbraucher?

Auch der Handyempfang auf Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen soll sich in den kommenden Jahren verbessern. Die Bundesnetzagentur stellte jüngst einen Regelungsvorschlag vor, dem zufolge die Netzbetreiber etwas härter an die Kandare genommen werden sollen, damit sie die Reichweite ihres Antennennetzes erweitern. Im Gegenzug für die leicht verschärften Ausbaupflichten will die Bonner Behörde im kommenden Jahr auf eine milliardenschwere Frequenzauktion verzichten und die jetzige Nutzung bestimmter Frequenzen um fünf Jahre verlängern.

Die letzte Versteigerung hatte 2019 rund 6,6 Milliarden Euro ins Staatssäckel gebracht. Nun sollen die Firmen nur niedrige Gebühren zahlen. Grund für den Verlängerungsvorschlag ist, dass das zur Verfügung stehende Spektrum vermutlich nicht für vier gute Netze ausgereicht hätte. Bisher werden die Frequenzen von drei Betreibern genutzt. An einer Auktion über die Nutzung ab 2026 würde aber auch der Neueinsteiger 1&1 teilnehmen. Durch die Verlängerung bekommt 1&1 zwar kein eigenes Extra-Spektrum. Da die Firma aber das Vodafone-Netz mitnutzen darf, ist das aus Behördensicht nicht allzu problematisch.

5G-Projekt soll Handynetz an Schienen verbessern

Damit Zugreisende in einigen Jahren ein sehr schnelles und stabiles 5G-Handynetz haben, hat die Bahn zusammen mit Telekommunikationsfirmen ein Gigabit-Projekt ins Leben gerufen. Hierzu habe man am Dienstag einen 6,4 Millionen Euro schweren Förderbescheid bekommen, teilten die Deutsche Bahn, der Netzbetreiber Telefónica (O2), der Netzwerkausstatter Ericsson und die Funkturmfirma Vantage Towers mit.

Auf einer rund zehn Kilometer langen Strecke zwischen Karow und Malchow in Mecklenburg-Vorpommern sollen zehn Masten errichtet werden, deren Antennen ein hohes Frequenzband nutzen. Die Strecke ist wenig befahren, was der Bahn die Möglichkeit zu flexiblen und ausführlichen Tests gibt. Dadurch sind keine zwischenzeitlichen Sperrungen für den laufenden Bahnbetrieb nötig. Der Bau der Masten soll zeitnah losgehen, das Projekt läuft bis Ende 2024.

Bisher funkt das Handynetz an den Gleisen in sogenannten Flächenfrequenzen. Die haben zwar eine große Reichweite, aber einen relativ niedrigen Datendurchsatz. Mit Blick auf die rasant steigenden Datenmengen im Internetzeitalter könnten die besagten Flächenfrequenzen künftig nicht mehr ausreichen. Der Mitteilung zufolge werden Anfang der 2030er Jahre Datenraten von bis zu fünf Gigabit pro Sekunde pro Zug notwendig sein, damit Reisende an Bord Telefon- und Datenverbindungen in der üblichen Qualität haben können. Das ist ein Vielfaches der heutigen Datenraten.

Videokonferenzen, der Download großer Dateien und das Streaming von Filmen oder von Musik werden immer selbstverständlicher - und zwar nicht nur daheim, sondern auch unterwegs. Demzufolge dürfte perspektivisch ein Gigabit-Handynetz an den Schienen nötig sein.

Das Projekt soll zudem Aufschlüsse geben, wie neue Sendeanlagen zwar sicher, zugleich aber auch unkompliziert installiert werden können. So sollen Masten zum Beispiel nur in den Erdboden geschraubt werden, anstatt dafür eine Betonplatte zu gießen. „Für den 5G-Ausbau entlang der Gleise setzen wir auf innovative Funkmastkonzepte, die sich schnell, kosteneffizient und umweltschonend realisieren lassen“, erläuterte Vantage-Towers-Vorstand Christian Sommer das Vorhaben. (dpa/tip)

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