Bremerhavener Tennis-Trainer soll mindestens 14 Schüler missbraucht haben

Ein Tennistrainer soll mindestens 14 seiner Schüler sexuell belästigt oder missbraucht haben. Foto: Scheschonka
Er war für seine Schüler ein Kumpel und Vorbild. Doch das soll ein Bremerhavener Tennis-Trainer schamlos ausgenutzt haben. Mindestens 14 Kinder soll er missbraucht haben. Nun gab die Staatsanwaltschaft den vollen Umfang der schrecklichen Tatvorwürfe bekannt.
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Bremerhaven. Die Polizei soll in insgesamt mehr als 80 Verdachtsfällen gegen einen 45 Jahre alten Tennistrainer aus Bremerhaven ermittelt haben, vor dem Landgericht Bremen sollen nur die schwersten Vorwürfe Gegenstand einer Verhandlung werden. Oberstaatsanwalt Frank Passade bestätigt der „Nordsee-Zeitung“ die Anklage und damit den vorläufigen Abschluss der Ermittlungen.
Sie waren seit Juni äußerst umfangreich geführt worden, die Kriminalpolizei gründete eine Ermittlungsgruppe, nachdem ein Schüler Anzeige erstattet hatte. Die Räume mehrerer Sportvereine wurden durchsucht, große Datenmengen an Fotos und Videomaterial beschlagnahmt. Mehr als 50 junge Sportler wurden befragt. Jugendliche und junge Männer, die in den zurückliegenden Jahren von dem Trainer unterrichtet wurden, bekamen Besuch von der Kriminalpolizei, um auf Fotos mögliche Opfer zu benennen. Im Laufe der Ermittlungen erstatteten mindestens drei weitere Jugendliche Anzeigen.
Es geht bei den Vorwürfen um zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs und eine Nötigung, um sechs sexuelle Übergriffe, sieben Mal soll der Trainer sich kinder- und jugendpornografisches Material verschafft haben, Persönlichkeitsrechte soll er mit seinen Aufnahmen in 13 Fällen verletzt haben.
Das jüngste Opfer war elf Jahre alt
Der Trainer soll in Dusch- und Umkleideräumen heimlich Fotos von Kindern und Jugendlichen gemacht oder sie gefilmt haben. Nach unseren Recherchen soll der Trainer mindestens zweimal von Jugendlichen verlangt haben, sich selbst zu befriedigen und ihm Videos davon zu schicken. Die ältesten Vorfälle sollen bis 2016 zurückreichen, eines der Opfer soll damals elf Jahre alt gewesen sein. Keiner der betroffenen Jugendlichen sei älter als 15 Jahre gewesen, sagt Passade.
Der Trainer arbeitete die vergangenen Jahre bei mindestens fünf Vereinen in Bremerhaven und dem Landkreis Cuxhaven, engagierte sich in der Regel auch als Jugendwart - zuletzt beim traditionsreichen Bremerhavener Tennisclub Rot-Weiß. Hier nahmen die Ermittlungen ihren Anfang, nachdem sich ein Opfer seinen Eltern anvertraut haben soll und die zur Polizei gingen. Der Tatverdächtige betreute bis 2015 auch fünf Jahre lang eine Sport-AG an einer Grundschule im Landkreis Cuxhaven mit insgesamt 60 Kindern.
Erste Anzeige im Juni
Das polizeiliche Führungszeugnis, das Trainer vorlegen müssen, wenn sie mit Jugendlichen arbeiten, ist tadellos. Strafrechtlich sei der Verdächtige bisher nicht in Erscheinung getreten, bestätigt die Staatsanwaltschaft.
Natürlich sei man erschüttert über die Vorwürfe, sagt Klaus Stöver, der Vorsitzende des TC Rot-Weiß. Von den 270 Vereinsmitgliedern sind beinahe die Hälfte Kinder und Jugendliche. „Ein sehr guter Trainer“, sagt Stöver über den Verdächtigen. Es habe nicht einen einzigen Hinweis gegeben, dass etwas nicht stimme mit seiner Arbeit.
Der Mann war im Juni nach der ersten Anzeige festgenommen worden und saß mehr als drei Monate in Untersuchungshaft. Weil die Ermittler nach Abschluss ihrer Arbeit keine Wiederholungs- oder Fluchtgefahr sehen, ist der 45-Jährige seit einigen Wochen nicht mehr in Haft. Wann das Verfahren gegen ihn vor dem Landgericht in Bremen eröffnet wird, ist ungewiss. Weil er nicht mehr in Haft ist, muss der Prozess nicht innerhalb eines halben Jahres beginnen.
Die Arbeit des Trainers wird als erfolgreich beschrieben
Der 45-Jährige galt als überaus erfolgreicher Trainer. Beim TC Rot-Weiß ist mit seiner Arbeit die Zahl der jugendlichen Mitglieder enorm gestiegen. Bis auf einen Jugendlichen folgten ihm alle jungen Spieler, als er in ihrem Verein aufhörte, um sich auf die Arbeit beim TC Rot-Weiß zu konzentrieren. Er sei bemüht um seine Schüler, motiviere sie, die Trainingsgemeinschaft sei wie eine zweite Familie über den Sport hinaus, wurde er gelobt. Auch deshalb sei es für ihn unbegreiflich, was passiert sein soll, sagt Stöver.
Nach den gemeinsamen Recherchen von „Nordsee-Zeitung“, Radio Bremen und NDR ließ der Trainer seine Schüler schon mal im Sport-BH spielen, wenn sie zu spät zum Training kamen. Mehrfach ist von „sexualisierten Trainingsmethoden“ die Rede. Auf Freizeiten ließ er Kinder und Jugendliche mal Kondome über ihre Köpfe ziehen und dann so lange aufblasen, bis sie platzten. „Das dürfen meine Eltern aber nicht sehen“, sagt ein Kind in die Kamera.
Er habe Beziehungen strategisch aufgebaut und Grenzen verschoben. Wie in einer „Sekte“, sagt ein Tennissportler, habe der Trainer die Jugendlichen um sich geschart. Vereinsvorsitzender Stöver wusste, dass der 45-Jährige sehr aktiv war im Internet in sozialen Netzwerken. „Er hat viele Kinder gewonnen für den Club.“