Nike statt Adidas ab 2027: Ausrüster-Revolution beim DFB erntet viel Kritik

Der DFB wechselt ab 2027 seinen Ausrüster. Foto: Daniel Karmann/dpa
Die drei Streifen verschwinden vom deutschen Trikot. Ab 2027 rüstet Nike die Nationalteams aus. Der Schritt kommt kurz vor der Heim-EM unerwartet und ist für Wirtschaftsminister Habeck unvorstellbar. Es gibt Kritik - und der DFB erklärt sich.
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Frankfurt/Main. Zäsur bei der Nationalmannschaft: Der Deutsche Fußball-Bund lässt den Vertrag mit Dauerpartner Adidas auslaufen und wird ab 2027 von Rivale Nike ausgestattet. Diese einschneidende und vollkommen unerwartete Entscheidung verkündete der DFB und erntete dafür Kritik von Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck.
„Die künftige Partnerschaft ermöglicht es dem DFB, auch in der kommenden Dekade zentrale Aufgaben mit Blick auf eine umfassende Entwicklung des Fußballs in Deutschland wahrzunehmen“, sagte Präsident Bernd Neuendorf. Die Partnerschaft mit dem US-Sporthersteller soll im Januar 2027 beginnen und bis 2034 dauern. Nike soll in dieser Zeitspanne alle Nationalteams ausrüsten. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Nike und über das in uns gesetzte Vertrauen“, fügte Neuendorf an.
Bereits 2007 Multi-Millionen-Offerte von Nike
Viele Jahrzehnte lang waren der DFB und Adidas Partner. Etliche Erfolgsgeschichten sind mit dem Sportausstatter aus dem fränkischen Herzogenaurach verbunden. „Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen. Ein Stück deutscher Identität. Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht“, kritisierte Habeck (Grüne).

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach reagiert mit Unverständnis auf den Ausrüsterwechsel beim DFB. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übte Kritik. „Adidas soll nicht mehr Nationaltrikot im Fußball sein? Statt dessen ein US Unternehmen? Halte ich für eine Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet…“, schrieb der SPD-Politiker auf X, dem früheren Twitter. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär bezeichnete es ebenfalls auf X als „eine gnadenlose Fehlentscheidung“.
Ramelow nennt Wechsel „seltsam“
Für Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ist der Ausrüsterwechsel „seltsam“. Wenn Adidas oder Puma ein Markenzeichen für deutsche Qualität seien, dann würde er sich freuen, wenn das die Nationalmannschaft auch mit deutscher Qualität nach außen werbend zeige, sagte der Linke-Politiker bei RTL/ntv. „Diese Reduzierung ausschließlich auf Geld und Dollarzeichen geht mir echt auf die Nerven“, erklärte Ramelow.
Der Deutsche Fußball-Bund hat seinen zukünftigen Ausrüster-Wechsel trotz aufkommender Kritik verteidigt. „Wir verstehen jede Emotionalität. Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnerschaft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht. Das lässt uns nicht kalt“, schrieb der DFB auf X, vormals Twitter.
Der DFB sei aber „zuallererst dem deutschen Fußball und dessen Entwicklung verpflichtet“, hieß es weiter und begründete die Entscheidung mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten: „Der DFB hat ein Alleinstellungsmerkmal: Er ist ein Sport-Fachverband, der seine Mitgliedsverbände und die Basis im Amateurbereich finanziert und nicht von ihnen finanziert wird. Er steckt das Geld in den Fußball. Damit Fußball ein Volkssport bleibt.“
Adidas und DFB mit historischen Highlights
Legendär ist die Episode, als Adi Dassler das deutsche Team bei der WM 1954 erstmals mit Schraubstollen an den Schuhen ausstattete und Siegtorschütze Helmut Rahn im Schweizer Regen für das „Wunder von Bern“ sorgte - die Trikots stammten damals übrigens nicht von Adidas.

Diese Ära wird nun Ende des Jahres 2026 auslaufen, was den deutschen Sportartikelhersteller offenbar kalt erwischte. Erst am Donnerstag wurde Adidas über die Entscheidung informiert, wie ein Sprecher auf dpa-Anfrage mitteilte. Die Entscheidung gegen Adidas und pro Nike war offensichtlich auch von wirtschaftlichen Gesichtspunkten getrieben. „Wir sind dankbar, aufgrund des von Nike zugesagten Engagements als Verband wieder in eine wirtschaftlich stabile Zukunft blicken zu können“, sagte DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald. Kurz nach der WM 2006 hatte es bereits eine Multi-Millionen-Offerte des US-Konzerns gegeben. Damals entschied sich der DFB für Dauerpartner Adidas - und gegen einen Wechsel.
„Bestes wirtschaftliches Angebot“
Diesmal kam es anders. Holger Blask sagte als Vorsitzender der Geschäftsführung der DFB GmbH & Co. KG erklärend: „Nike hat das mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot abgegeben und zudem mit seiner inhaltlichen Vision überzeugt, die auch ein klares Bekenntnis für die Förderung des Amateur- und Breitensports sowie die nachhaltige Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland beinhaltet.“
Die Nationalmannschaft hatte bei den drei vergangenen Turnieren sportlich schlecht abgeschnitten. Bei der WM 2018 und 2022 schied man in der Vorrunde aus, bei der EM 2021 im Achtelfinale. Der Werbewert von 2014, als Deutschland in Rio de Janeiro zum vierten Mal Weltmeister wurde, war nicht mehr gegeben.
„Die Vergabe an den künftigen Ausrüsterpartner Nike ist das Ergebnis einer transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung“, sagte Blask. Bei allen vier WM-Titeln und bei allen drei EM-Titeln der Männer sowie bei den beiden WM-Titeln und den acht EM-Trophäen der Frauen war Adidas als Ausrüster vertreten.
Diesen Sommer noch in Herzogenaurach
Die Heim-EM 2024, die Frauen-EM 2025 in der Schweiz sowie die Männer-WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada werden die DFB-Teams noch mit Adidas-Trikots absolvieren. „Bis Dezember 2026 werden wir uns mit aller Kraft für den gemeinsamen Erfolg mit unserem langjährigen und aktuellen Partner adidas engagieren, dem der deutsche Fußball seit mehr als sieben Jahrzehnten sehr viel zu verdanken hat“, stellte Neuendorf klar.
Bei der EM in diesem Sommer wohnt die DFB-Elf sogar im Adidas-Homeground in Herzogenaurach. Das pinke Auswärtstrikot für das Turnier von 14. Juni bis 14. Juli hatte zuletzt für Diskussionen gesorgt und einen starken Verkaufsstart hingelegt.