Darum werden im Kreis Stade jetzt farbige Fahrräder platziert

Vielerorten im Kreis werden umgestaltete Fahrräder an stark frequentierten Strecken postiert, wie hier in Stade. Foto: Landkreis Stade/Beneke
Der Herbst wirft seine Schatten voraus - mit Folgen für den Straßenverkehr. Insbesondere Fußgänger und Fahrradfahrer werden in der dunklen Jahreszeit schnell zu Opfern von Verkehrsunfällen. Der Landkreis will dafür jetzt sensibilisieren.
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Dieser Tage werden im Landkreis Stade vielerorts Plakate und Banner montiert oder kreativ gestaltete Fahrräder an stark frequentierten Stellen installiert. Gemeinsam mit den Verkehrswachten Stade und Buxtehude hat die Straßenverkehrsbehörde beim Landkreis Stade die Aktion zum Start in die dunkle Jahreszeit initiiert. Unterstützt durch die Städte und Gemeinden soll damit vor allem die Sicherheit der Fahrradfahrer gesteigert werden.
„Wir wollen auf die besonderen Gefahren aufmerksam machen, denen die Radfahrer in der dunklen Jahreszeit ausgesetzt sind“, sagt der Leiter der Straßenverkehrsbehörde, Arne Kramer. „Alle Verkehrsteilnehmer sollen zur gegenseitigen Rücksichtnahme animiert werden.“ Gerade in der Dämmerung und bei schlechter Sicht durch Regen oder Nebel gelte es, besonders achtsam unterwegs zu sein.
Erstes Fahrrad der Aktion in Stade platziert
Zum offiziellen Auftakt postierten Amtsleiter Kramer, Stades Bürgermeister Sönke Hartlef, Landrat Kai Seefried und Verkehrswacht-Sprecher Peter Stötzner ein Fahrrad an der Kreuzung Thuner Straße/Steiermarkstraße in Stade.
In einigen Kommunen werden im Rahmen der Kampagne alte Fahrräder (zum Beispiel Fundräder) auffällig dekoriert und mit Plakaten versehen an Kreuzungen oder wichtigen Straßenzügen abgestellt.
Im Jahr 2021 hat das Niedersächsische Verkehrsministerium ein
Fahrradmobilitätskonzept veröffentlicht. Darin ist auch das Ziel formuliert, die Zahl der verletzten oder getöteten Radfahrer bis 2025, um 20 Prozent zu reduzieren.
In der Verkehrsunfallstatistik der Polizeiinspektion Stade sind für das vergangene Jahr 244 Unfälle mit Fahrradfahrern verzeichnet (34 mehr als im Jahr 2021). 138 Radfahrer wurden leicht (plus acht) und 32 schwer verletzt (plus sieben). 88 Prozent aller Radfahrer verunglückten innerhalb geschlossener Ortschaften.
Nebel und Co.: So sind Radfahrer im Herbst sicher unterwegs
Mit dem Einzug der dunkleren Tage ergeben sich neue Herausforderungen für Radfahrerinnen und Radfahrer. Das fängt bei der Kleidung an: Während es morgens oft schon ziemlich kalt ist, können nachmittags noch spätsommerliche Temperaturen herrschen. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) rät dann zum Zwiebelprinzip: Je nach Bedarf werden Klamottenschichten an oder ausgezogen.
Damit Radfahrerinnen und Radfahrer bei Regen, Nebel oder Gegenlicht gut im Straßenverkehr erkannt werden, sollten sie zu heller reflektierender Kleidung greifen. Eine Alternative: Reflektorbänder, die am Hosenbein oder Arm angebracht werden.
Die tiefstehende Herbstsonne kann Radler blenden. Sonnenbrillen oder Schirmmützen sind dann eine gute Wahl. Regnet es, sind hingegen Regenhosen oder Regencapes sowie ein Sattelschutz und wasserdichte Überschuhe hilfreich. Außerdem: Schutzbleche mit Spritzschutz. Ein Schlauchtuch für den Hals bietet Schutz vor Kälte und Nässe. Wasserfeste Handschuhe halten die Hände warm und trocken.
Das richtige Licht im Straßenverkehr
Besonders wichtig im Herbst: eine effektive Beleuchtung. Und das nicht nur, um die Straße vor sich klar erkennen zu können. Auch für andere Verkehrsteilnehmer sollte man gut sichtbar sein.
Der ADFC empfiehlt die Verwendung von Nabendynamos und LED-Lichtern. Diese Kombination zeichne sich durch ihre Zuverlässigkeit, Wartungsarmut und Langlebigkeit aus. Allgemeine Infos zur Verkehrssicherheit des Fahrrads finden Radler auf der Webseite des ADFC.
Risiko Pedelec - so vermeiden Sie gefährliche Unfälle
Von wegen, nur Ältere benutzen Fahrräder mit E-Motor: Die Nutzerinnen und Nutzer von Pedelecs werden jünger. Teils sind schon Grundschulkinder mit elektrogestützten Fahrrädern unterwegs.
Das Problem dabei: Ihnen fehlt die Erfahrung im Straßenverkehr. Und mit den E-Bikes sind sie bei vergleichsweise geringer Kraftanstrengung sehr schnell unterwegs.
Denn Pedelecs sind Räder, die beim in die Pedale Treten mit einem Motor unterstützen - und zwar bis zu einem Tempo von 25 km/h. Fährt man schneller, schaltet die Motorunterstützung ab.
Dr. Christopher Sperin, Vorsitzender der Sektion Prävention in der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, sagt: Ein „physiologisch rückgekoppeltes Fahren“ wie beim normalen Fahrrad lernen die Kinder dadurch eher nicht mehr.
„Wir brauchen eigentlich so was wie eine Eingewöhnungszeit“, so Spering. Er arbeitet als Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Universitätsmedizin Göttingen.
Ein Mindestalter für die Nutzung von Pedelecs gibt es nicht. Der ADAC rät auf seiner Internetseite allerdings, dass Kinder bis 14 Jahre „wegen der Eigenheiten beim Beschleunigen“ lieber nicht mit E-Bikes fahren sollten.
Mehr E-Fahrräder, mehr Unfälle
Zunächst waren diese Bikes eher bei der älteren Generation beliebt, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Das ändere sich nun.
E-Modelle machten schon jetzt die Hälfte aller Fahrradkäufe aus, Tendenz weiter steigend, heißt es vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Und weiter: Wer ein Fahrrad mit Motor besitzt, fährt damit häufiger und auch längere Strecken als mit Fahrrädern ohne Motor. Im Sinne des Klimaschutzes ist das eine begrüßenswerte Entwicklung.
Nur: Entsprechend der wachsenden Zahl an verkauften E-Bikes und Pedelecs nehmen die Unfälle damit zu, wie Statistiken zeigen. Die häufigsten Verletzungen seien Schädel-Hirntraumata, Verletzungen der oberen Extremitäten - beispielsweise Handgelenksbrüche - sowie Prellungen und Verletzungen des Brustkorbs, zählt Mediziner Spering auf.
Wie ist man sicherer unterwegs
Ein Fahrunfall mit einem Verlust der Kontrolle übers Gefährt passiert Unfallforscher Brockmann zufolge bei schwereren Pedelecs deutlich häufiger als bei normalen Fahrrädern. Mediziner Spering appelliert deshalb: „Wir müssen lernen, mit diesen Fahrzeugen umzugehen.“
Ein heikles Thema gerade für Anfänger: Das Abbremsen aus der oft ungewohnt hohen Geschwindigkeit, die man mit einem Pedelec erreicht.
Der ADFC rät: Wer ein E-Fahrrad kauft, sollte sich vor der ersten Ausfahrt mit dem Antriebs- und Bremsverhalten vertraut machen, beispielsweise bei einer ausführlichen Probefahrt oder einem Sicherheitstraining.
In einigen Regionen bietet der ADFC E-Bike-Trainings an - doch laut einer Sprecherin sei die Nachfrage nach Kursen nicht besonders hoch. „Das Problem ist, dass viele nicht hingehen, weil sie glauben, sie hätten es nicht nötig“, sagt Unfallforscher Brockmann.
Helm auf und zurückhaltend fahren
Pedelecs zählen rechtlich als Fahrräder. Das heißt: Es gibt keine Versicherungspflicht, man braucht keinen Führerschein für sie. Auch eine Helmpflicht besteht nicht - anders als etwa bei den schnelleren S-Pedelecs mit Motorunterstützung bis 45 km/h.
Mediziner Spering appelliert aber auch an Fahrerinnen und Fahrer von normalen Pedelecs: „Tragt Helm, fahrt eher zurückhaltend und nicht am Limit.“ Zudem rät er: lieber einmal ein bisschen passiver sein, als auf seinem Vorfahrtsrecht zu beharren.
Auch Fußgänger, andere Radler oder Autofahrer unterschätzten oft die höhere Geschwindigkeit und die Beschleunigung von Pedelecs, warnt der ADAC. Umso wichtiger sei vorausschauendes und umsichtiges Fahren seitens der Pedelec-Nutzer.
Das heißt zum Beispiel: Blickkontakt mit abbiegenden Autofahrern aufnehmen und selbst auch rechtzeitig das Abbiegen anzeigen.
Besondere Vorsicht ist an Kreuzungen, Einmündungen sowie Ein-und Ausfahrten - etwa von Tankstellen und Supermärkten - geboten. Hier passieren Unfallforscher Brockmann zufolge die meisten Unfälle. (st/dpa/tmn)