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Kriegsfolgen

Flucht aus Ukraine: Notfallunterkünfte im Kreis Stade in Vorbereitung

Laut Bundesinnenministerium haben zuletzt 5000 registrierte Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Deutschland erreicht. Foto: Danilo Dittrich/dpa-Zentralbild/dpa

Laut Bundesinnenministerium haben zuletzt 5000 registrierte Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Deutschland erreicht. Foto: Danilo Dittrich/dpa-Zentralbild/dpa

Im Kreis Stade herrscht große Einigkeit: Geflüchteten soll schnell und unkompliziert geholfen werden. Die Kapazitäten in den Notunterkünften sind begrenzt. Die Verwaltung ist möglicherweise auf Hilfe von Firmen und Bürgern angewiesen, muss auf Sporthallen zurückgreifen.

Mittwoch, 02.03.2022, 17:00 Uhr

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Update: 2. März, 17 Uhr, Sitzung mit Organisationen des Katastrophenschutzes ergänzt

Noch ist die Zahl der Zuflucht-Suchenden überschaubar, doch der weitere Verlauf des Krieges in der Ukraine ist ungewiss: Bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen setzt die Kreisverwaltung auf den Schulterschluss mit den Hilfsorganisationen und den Städten und Gemeinden.

Deutsches Rotes Kreuz, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Johanniter Unfallhilfe, Malteser Hilfsdienst, Technisches Hilfswerk, Kreisfeuerwehr, Polizei, Bundeswehr, Feuerwehr- und Rettungsleitstelle sowie Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes sind dabei. Der Ukraine-Stab der Kreisverwaltung traf sich jetzt mit Vertretern der Organisationen und Einrichtungen.

Im Zentrum der Beratungen standen die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Wir verfolgen die Entwicklungen sehr genau“, sagt Landrat Kai Seefried. „Der Krieg spielt sich gewissermaßen vor unserer Haustür ab.“ Als Vorsorgemaßnahme werden zum Beispiel Notunterkünfte vorbereitet.

Krisenstab: Vorbereitung auf mehrere mögliche Szenarien

Zwar ist die Zahl der Ukrainer, die bei ihren im Landkreis Stade lebenden Landsleuten oder Verwandten Zuflucht suchen, noch klein. Sollte es zu einem ansteigenden Zustrom von Menschen aus dem Kriegsgebiet kommen, könnten die Kapazitäten der kommunalen Unterkünfte aber schnell an ihre Grenzen stoßen.

Bei einer Massenflucht aus der Ukraine bräuchte es für eine Übergangszeit Notquartiere, etwa in Turnhallen – wie zu Zeiten der Flüchtlingskrise vor sieben Jahren. „Die Situation ist von ganz vielen Fragezeichen geprägt“, sagt Nicole Streitz. „Wir wissen nicht, wann wir mit wie vielen Menschen rechnen müssen.“ Deshalb sei es notwendig, verschiedene Szenarien durchzuspielen

Kreisverwaltung und Kommunen organisieren derzeit keine Spendensammlung

In den Kommunen im Landkreis Stade werden die Hilfsangebote für Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine gebündelt und bei Bedarf Unterkünfte für Schutzsuchende zur Verfügung gestellt. Landrat Seefried betont: „Wir sind dankbar angesichts der Welle der Hilfsbereitschaft und freuen uns über jedes einzelne Hilfsangebot, etwa zur Unterbringung von Geflüchteten.“ Jetzt gelte es, auf kommunaler Ebene in den Rathäusern die Hilfe bestmöglich zu koordinieren und schnell Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. „Wir setzen deshalb auf die Solidarität der Bevölkerung“, sagt Seefried. 

Vertreter des Landkreises Stade und der hiesigen Hilfs- und Katastrophenschutzorganisationen beraten im großen Sitzungssaal über die Auswirkungen der Ukraine-Krise. Foto: Landkreis Stade/Daniel Beneke

Vertreter des Landkreises Stade und der hiesigen Hilfs- und Katastrophenschutzorganisationen beraten im großen Sitzungssaal über die Auswirkungen der Ukraine-Krise. Foto: Landkreis Stade/Daniel Beneke

In den Rathäusern der Kommunen, beim Landkreis Stade sowie bei den Hilfsorganisationen gehen täglich eine Vielzahl an Angeboten ein – auch zu Geld- und Sachspenden. Der Landrat und die Katastrophenschützer verweisen auf die gemeinsamen Spendenkonten der international tätigen Organisationen, die über ihre Partner vor Ort dafür Sorge tragen könnten, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt wird, um Leid zu lindern.

Ein Bedarf an Sachspenden für im Landkreis Stade Zuflucht suchende Ukrainer bestehe derzeit nicht. Hilfstransporte in die Kriegsregion könnten weder direkt vom Landkreis, noch von den Kommunen ausgerichtet werden. Die örtlichen Hilfsorganisationen halten sich aufgrund logistischer Schwierigkeiten und der akuten Gefahrenlage im Kriegsgebiet ebenfalls zurück. „Wenn sich die Situation ändern sollte, werden wir gezielt zu Spenden aufrufen“, sagt Seefried.

Rund 100 Geflüchtete erreichen Landesaufnahmebehörde

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine sind nach Angaben des Innenministeriums rund 100 Ukrainer in der Landesaufnahmebehörde in Niedersachsen eingetroffen (Stand: Mittwoch, 8 Uhr). Die Zahl der insgesamt in Niedersachsen angekommenen Flüchtlinge aus dem Land dürfte höher liegen, weil Menschen auch bei Verwandten oder Freunden unterkommen. Wie viele Menschen insgesamt aus der Ukraine nach Deutschland kommen werden, ist unklar.

Hunderttausende Menschen aus der Ukraine suchen inzwischen Schutz vor dem Krieg. Bis Dienstag waren nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 835.000 Menschen vor den russischen Angriffen aus dem Land geflohen. Das Bundesinnenministerium zählte zuletzt 5000 registrierte Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

Verwaltungen richten neue E-Mail-Adressen ein

Im Kreis Stade werden Firmen und Privatleute, die Wohnraum für die Unterbringung von geflüchteten Menschen zur Verfügung stellen können, gebeten, sich an die Kommunalverwaltungen vor Ort zu wenden. Dort wurden jetzt E-Mail-Adressen und Telefonnummern für Anfragen zu diesem Thema eingerichtet:

„Ich bin den Bürgermeistern und den Mitarbeitern in den Rathäusern sehr dankbar für den intensiven Austausch und die schnelle und einhellige Entscheidung über das gemeinsame, arbeitsteilige Vorgehen“, sagt Seefried. Am Dienstagabend berät der Landrat zudem mit Vertretern der Hilfsorganisationen im Landkreis über die Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Region. 

Geflüchtete dürfen auch kostenlos Nahverkehr nutzen

Geflüchtete aus der Ukraine dürfen nun auch kostenlos den Nahverkehr in Deutschland nutzen. Die Deutsche Bahn hatte schon zuvor angekündigt, dass Geflüchtete mit ukrainischem Pass oder Personalausweis kostenlos alle Fernzüge aus Polen in Richtung Deutschland nutzen können. Nun stehen ihnen auch die Züge des Nahverkehrs kostenlos zur Verfügung, wie der Deutschlandtarifverbund – ein Zusammenschluss von über 60 Trägern und Unternehmen – mitteilte.

Auch die KVG reagierte: Bis auf Weiteres können Ukrainerinnen und Ukrainer, die aufgrund des Krieges in ihrem Land flüchten und nach Deutschland einreisen, kostenlos Bus fahren. (pm/dpa/tip/kw)

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