Kassenärzte protestieren gegen Sparpläne - Praxen bleiben teilweise geschlossen

Vor allem auf dem Land herrscht bereits ein Ärztemangel. Foto: Pixabay/Darko Stojanovic
In Hamburg und Niedersachsen demonstrieren heute Kassenärzte und Psychotherapeuten gegen die Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Praxen vor allem in Hamburg könnten daher geschlossen bleiben. Wo Erkrankte trotzdem ärztliche Hilfe bekommen.
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Ärzte und Psychotherapeuten in Niedersachsen protestieren in dieser Woche gegen die Sparpläne von Bundesregierung und Krankenkassen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wolle eine gute und etablierte Regelung zur Behandlung von Neupatienten aus dem Gesetz streichen, kritisierte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN). Die Hintergründe ihrer Kritik wollen der Vorstandsvorsitzende der KVN, Mark Barjenbruch, und Christian Albring, Vorstand im Spitzenverband Fachärzte Deutschlands, an diesem Mittwoch (10.00 Uhr) erläutern. Auch Niedersachsens Kinderärzte hatten bereits wegen der Pläne Alarm geschlagen und vor einer schlechteren Patientenversorgung gewarnt.
In Hamburg könnten aus Protest gegen Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch viele der rund 3000 Hamburger Arztpraxen geschlossen bleiben. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) hat Ärzte, Vertragspsychotherapeuten und Praxismitarbeiter zur Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung eingeladen.
Eine Notversorgung der Patienten soll wie an Feiertagen über Notfallpraxen und den Arztruf 116117 sichergestellt werden.
Sparpläne führen Abschläge für Neupatienten wieder ein
Die Kassenärzte protestieren dagegen, dass ihre Honorare auch für Neupatienten künftig wieder nur mit einem rund 20-prozentigen Abschlag gezahlt werden sollen. Mit Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes 2019 hätten die Praxen ihre Sprechstunden und das Terminangebot ausgeweitet und in zusätzliche Leistungen investiert, sagte der Radiologe und Leiter der Protestkampagne, Andreas Bollkämper. Im Gegenzug seien die Honorare für Neupatienten ohne Abschläge gezahlt worden. Falle diese Regelung jetzt weg, führe das zwangsläufig zu einem schlechteren Angebot für die Patienten.
Für 2023 wird ein Minus von 17 Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen erwartet. Der Wegfall der Extra-Honorierung für Neupatienten in Praxen ist ein Bestandteil des geplanten Finanzpakets. Darüber hinaus sind ein zusätzlicher Bundeszuschuss von zwei Milliarden Euro, ein Abbau von Finanzreserven bei den Kassen sowie ein Beitrag der Pharmaindustrie geplant.
Praxen fürchten Kostensteigerungen durch Energiekrise
Die niedersächsischen Ärzte und Psychotherapeuten befürchten außerdem, dass die Praxen auf Kostensteigerungen sitzenbleiben. Die Bundes- und Landesregierung wollten den Krankenhäusern einen Inflations- und Energiekostenausgleich zahlen, Arztpraxen sollten hingegen leer ausgehen. «Die Radiologen, Nuklearmediziner und Strahlentherapeuten trifft es durch den hohen Energieverbrauch besonders hart», sagte Barjenbruch kürzlich. Vor allem Kernspintomographen (MRT) und Linearbeschleuniger seien Stromfresser.