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Gewässerschutz

Keime im Brunnenwasser in Stader Gärten entdeckt – Gesundheitsgefahr?

In jeder fünften Probe von Brunnenwasser im Kreis Stade sind laut Gewässerschutzverein coliforme Keime nachgewiesen worden. Symbolfoto: dpa

In jeder fünften Probe von Brunnenwasser im Kreis Stade sind laut Gewässerschutzverein coliforme Keime nachgewiesen worden. Symbolfoto: dpa

Der Gewässerschutzverein VSR schlägt Alarm: In Proben aus Privatgärten seine gefährliche Keime und E.Coli-Bakterien gefunden worden. Das sind die Hintergründe.

Donnerstag, 31.08.2023, 10:58 Uhr

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Die Experten des Vereins VSR-Gewässerschutz beraten seit einigen Jahren regelmäßig Gartenbesitzer im Kreis Stade, ob ihr Brunnenwasser für Planschbecken und Gemüse geeignet ist. Interessierte können Wasserproben abgeben und etwa nach Keim- oder Nitratbelastung auswerten lassen. Der Wasserschutzverein ist regelmäßig mit einem Labormobil auf Tour. So jüngst auch wieder in Stade sowie am 11. September in Buxtehude.

Wie der VSR jetzt mitteilte, seien im Kreis Stade in den vergangenen fünf Jahren 187 Proben ausgewertet worden. Bei den Untersuchungen seien laut VSR coliforme Keime in rund jeder fünften Probe gefunden worden. Gesundheitsschädliche E.Coli-Bakterien seien zudem in 3,4 Prozent der untersuchten Brunnen im Kreis Stade festgestellt worden.

Eine weitere Gefahr stellten laut VSR im Untergrund liegende defekte Abwasserleitungen dar. So könne Abwasser ins Grundwasser eindringen und dieses mit E.Coli-Bakterien belasten.

Gesundheitsrisiko durch coliforme Keime oder E.coli im Brunnenwasser

Coliforme Keime und E.coli im Brunnenwasser stellen ein Gesundheitsrisiko bei der Nutzung des Wasser dar. Die Keime seien ein Hinweis auf die Verunreinigung des Brunnenwassers durch Oberflächenwasser. Jeder Brunnen altere mit der Zeit und kann undicht werden. Eindringendes Oberflächenwasser transportiere auf diesem Weg coliforme Keime in den Brunnen.

Im Zuge des Klimawandels kommt es vermehrt zu Starkregen. Durch die plötzlichen großen Wassermengen steige laut VSR das Risiko, dass diese Bakterien ins Brunnenwasser eingetragen werden.

E.coli (Escherichia coli) sind Darmbakterien und können Krankheiten hervorrufen. "Wenn man sie nachweist, sind Fäkalien ins Brunnenwasser gelangt. Es kann dann auch mit weiteren Viren und anderen Bakterien, die zu schwerwiegenderen Krankheiten führen, belastet sein", hieß es vom VSR.

Verunreinigtes Gartenwasser landet in Pools und im Gemüseanbau

Die Mitglieder des nicht unumstrittenen Gewässerschutzvereins warnen vor der Nutzung des verunreinigten Brunnenwassers ins Swimming-Pools oder beim Gemüseanbau. Besonders im Wasser planschende Kinder verschluckten das Wasser häufig und seien somit einem Risiko ausgesetzt. Selbst, wenn das Wasser gechlort oder anderweitig desinfiziert wird, sei eine Untersuchung notwendig: "Ist das Brunnenwasser mit E.coli belastet, so ist es nicht für die Nutzung im Pool geeignet."

Das Grundwasser im Kreis Stade hat den Experten zufolge schon häufiger in der Vergangenheit Belastungenen aufgewiesen. Nitrate, Pestizide und weitere Stoffe verschmutzten das Grundwasser.

Kontroverse über hohe Nitratwerte im Grundwasser

Vor zwei Jahren hatte der VSR über „alarmierend“ hohe Nitrat-Werte in Brunnenproben in den Regionen Stade-Harsefeld-Kutenholz-Fredenbeck berichtet. "Die Verschmutzung des oberflächennahen Grundwassers ist im Kreis Stade ein großes Problem", so die VSR-Experten. So liege die Nitratbelastung im Kreis in knapp 15 Prozent der untersuchten Brunnenwasserproben über dem Trinkwassergrenzwert von 50 Milligramm pro Liter.

Im Raum Stade waren damals Wasserproben aus 124 privat genutzten Brunnen untersucht worden. Den höchsten Wert hatte mit 228 Milligramm Nitrat pro Liter eine Probe aus Helmste aufgewiesen. Auch Brunnenwasser aus Ohrensen bei Harsefeld mit 100 mg/l, Kutenholz mit 119 mg/l, Mulsum mit 102 mg/l und in Oldendorf mit 102 mg/l wies Grenzwertüberschreitungen um das Doppelte und mehr aus.

Ein Grund für diese Belastung sei die intensive Landwirtschaft, klagte der VSR. Diese Schlussfolgerung hatte auch im Kreis Stade Widerstand hervorgerufen. Jörn Ehlers, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbandes Rotenburg-Verden, kritisierte zudem, dass der VSR auch eine gewisse Kreativität an den Tag lege, wenn es um die identifizierten Gründe für eine Gewässerbelastung geht. So sei in Mecklenburg-Vorpommern der Rapsanbau, in Sachsen-Anhalt das fehlende Grünland und in Niedersachsen eben die Massentierhaltung Schuld an den erhöhten Nitratwerten.

VSR-Labormobil hält am kommenden Montag in Buxtehude

„Ein Ziel der Messkampagne ist es, dass Gartenbesitzer das regionale oberflächennahe Grundwasser nutzen“, sagte Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz. Der Verein setze sich mit den Messdaten für eine Verbesserung der Wasserqualität ein.

In Buxtehude hält das Labormobil am kommenden Montag, 11. September, von 15 bis 17 Uhr auf dem Schafmarktplatz. Interessierte sollten ihre Wasserprobe in Mineralwasserflaschen mitbringen. Besonders geeignet seien bis zum Rand gefüllte 0,5-Liter-Flaschen aus Kunststoff.

Dr. Matthias Ahlbrecht (links) und Ehrenamtler Arno Mittelmeyer (rechts) untersuchen eine Brunnenwasserprobe im Labormobil vom VSR-Gewässerschutz. Foto: Harald Guelzow

Dr. Matthias Ahlbrecht (links) und Ehrenamtler Arno Mittelmeyer (rechts) untersuchen eine Brunnenwasserprobe im Labormobil vom VSR-Gewässerschutz. Foto: Harald Guelzow

Die Grunduntersuchung von Nitrat-, Säure- und Salzgehalt im Labormobil kostet 12 Euro. Die Ergebnisse können noch am selben Tag abgeholt werden. Für ein ausführlicheres Gutachten müssen Brunnenbesitzer noch einmal einen Aufpreis zahlen. Mit dem Gutachten bekämen man eine Checkliste zur Ursachenbehebung und eine Erläuterung zu den Belastungen mit der Post zugesendet, so der VSR, der am Labormobil zudem über einen nachhaltigen Umgang mit Wasser informiert. 

Über die Ergebnisse aller Proben dieses Jahres im Kreis Stade will der VSR zum Herbst informieren. (tip/st)

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