Zähl Pixel
Amazon und Co

Knebelverträge und Arbeitsbedingungen: Debatte um Paketboten erreicht Politik

Die Zeit rennt - für Paketboten zählt jede Sekunde. Foto: Lothar Scheschonka

Die Zeit rennt - für Paketboten zählt jede Sekunde. Foto: Lothar Scheschonka

Bundesarbeitsminister Heil will die Arbeitsbedingungen für Paketboten verbessern. Im Fokus steht die „letzte Meile“ - der Weg zwischen Verteilzentrum und Zustelladresse. Berichte hatten aufgedeckt, wie etwa Amazon Paketboten kontrolliert.

Sonntag, 30.07.2023, 18:00 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die oft prekären Arbeitsbedingungen für Paketboten auf der sogenannten letzten Meile - dem Weg zwischen Verteilzentrum und Zustelladresse - durch mehrere gesetzgeberische Maßnahmen verbessern.

„Nicht nur aufgrund des vermehrten Onlinehandels in der Corona-Pandemie ist das Paketvolumen in Deutschland in vier Jahren um knapp 70 Prozent (2,66 Milliarden Pakete in 2017 im Vergleich zu 4,51 Milliarden Pakete in 2021) gestiegen. Die Anzahl der Paketzustellerinnen und -zusteller ist hingegen nicht annähernd gleichermaßen gestiegen“, sagte eine Sprecherin Heils unserer Redaktion.

„Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft daher derzeit, wie sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Paketbranche auf der letzten Meile, dem Weg zwischen Verteilzentrum und Zustelladresse, verbessern lassen“, so die Ministeriumssprecherin.

Paketdienste: Was sich in Deutschland ändern soll

Heil hatte unlängst bereits erklärt, er wolle durch eine Änderung des Postgesetzes durchsetzen, dass Pakete über 20 Kilogramm künftig von Speditionen mit mindestens zwei Beschäftigten angeliefert müssen und nicht mehr über die Paketdienste mit nur einem Mitarbeiter. Zudem soll die Lizenzpflicht für Postzusteller auf Paketdienstleister ausgeweitet werden. Wer gegen Arbeitsbedingungen verstoße, könnte die Lizenz dann verlieren, so Heil.

Geprüft werden nun aber noch weitere Maßnahmen. Unter anderem geht es dabei um die Vertragsbedingungen, die große Versandhäuser wie Amazon gegenüber Subunternehmen durchsetzen, die die Pakete zustellen.

Subunternehmer packen aus: So übt Amazon Druck auf Zusteller aus

Recherchen des Saarländischen Rundfunks, des Recherchezentrums „Correctiv“ sowie der „Nordsee-Zeitung“ hatten unlängst offengelegt, dass die Vertragsbedingungen für Subunternehmen häufig so eng gefasst sind, dass diese kaum Gewinne erwirtschaften können. Das begünstigt prekäre Arbeitsverhältnisse für die Paketboten.

Der Bundesrat hatte die Bundesregierung in diesem Zusammenhang in einer Entschließung gebeten unter anderem zu prüfen, ob Subunternehmen verboten werden könnten, wenn sie sich nicht an Tarifverträge hielten.

Dazu erklärte die Sprecherin des Arbeitsministeriums: „In diese Prüfung der Arbeitsbedingungen der Paketboten wird auch die Entschließung des Bundesrates einbezogen.“ Allerdings „wäre ein Verbot beziehungsweise eine weitgehende Beschränkung des Fremdpersonaleinsatzes aufgrund des hiermit verbundenen erheblichen Eingriffs in die unternehmerische Freiheit nur unter sehr engen Voraussetzungen verfassungskonform zu rechtfertigen.“

Minister Hubertus Heil will auch noch auf einem weiteren Feld für die Paketboten aktiv werden. „Um die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Arbeitnehmer zu gewährleisten, wurde mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz 2019 eine Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) eingeführt“, sagte seine Sprecherin. „Das Gesetz wird aktuell evaluiert. Das BMAS erwartet die Ergebnisse der Evaluation Ende 2023“, sagte sie.

Weitere Themen

Weitere Artikel