Zähl Pixel
Gesangsverein „Wohlfahrt“

Krautsander Männerchor nach 121 Jahren vor Aufgabe

Der Krautsander Männergesangsverein „Wohlfahrt“ - er singt nicht mehr. Foto: Privat

Der Krautsander Männergesangsverein „Wohlfahrt“ - er singt nicht mehr. Foto: Privat

Nach mehr als einem Jahrhundert verstummt der Männergesangsverein „Wohlfahrt“ auf Krautsand. Es lässt sich kein neuer Chorleiter finden. Eine kleine Hoffnung gibt es noch.

Von Katja Knappe Donnerstag, 29.12.2022, 08:30 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Es war eine schleichende Entwicklung, wie sie schon so viele Chöre durchlaufen haben: Der Männergesangsverein „Wohlfahrt“ war einst ein reger Verein. Konzerte bei Gottesdiensten, Festen, Geburtstagen, Jubiläen und natürlich viele Konzertreisen - bis nach Bayern und Italien.

Das Repertoire des Chors war bunt und anspruchsvoll: Shantys, Schlager, Klassisches - sogar „Nabucco“ haben sie mal gesungen. Auch „Der kleine grüne Kaktus“ war im Programm, Songs von den Beatles hätten sich dann aber doch als ziemlich schwierig erwiesen, erzählt Sänger Manfred Kutz (85). Aber er und Henry Elsen, stellvertretender Vereinsvorsitzender, betonen stolz: „Wir haben vierstimmig gesungen!“

Gesangsverein „Wohlfahrt“ auf Krautsand findet keinen neuen Chorleiter

Doch inzwischen sind die Mitglieder alt geworden, haben die 70 und 80 Jahre überschritten. Viele sind in den vergangenen Jahren gestorben. Chorleiter Dieter Knötzsch ist seit längerem erkrankt und schwingt nicht mehr den Taktstock. Er hat es ehrenamtlich gemacht. Rudolf Wolter, der zwei Jahrzehnte lang den Vereinsvorsitz führte, ist im Sommer verstorben. Nachwuchssänger sind nicht in Sicht, auch ein neuer Chorleiter ließ sich bislang nicht finden.

Bis zur Corona-Pandemie traf sich der Gesangsverein „Wohlfahrt“, der einstmals um die 30 Akteure zählte, einmal wöchentlich im Krautsander Dorfgemeinschaftshaus zur Probe. Dann kam die Corona-Pandemie. Zwangspause. In diesem Jahr versuchten die verbliebenen Mitglieder - um die 20 sind es noch - den Verein wiederzubeleben. Man traf sich, wenn auch ohne Chorleiter, alle zwei Wochen zum gemeinsamen Singen.

Der Gesangsverein „ruht“ jetzt ganz offiziell

Doch ganz ohne Dirigenten ging es irgendwie auch nicht. Das Geld, was noch in der Gemeinschaftskasse war, haben die Sänger schließlich für ein gemeinsames Essen ausgegeben. Bei der Mitgliederversammlung wurde festgehalten, dass „der Verein jetzt ruht“, sagt Henry Elsen, zweiter Vorsitzender.

Das Protokoll dieser Sitzung solle irgendwann unter Glas gesetzt werden und im Dorfgemeinschaftshaus gelagert werden, wo auch die Vereinsfahne liegt. Damit die Vergangenheit bewahrt wird, vielleicht für Hobby-Lokalhistoriker, die sich irgendwann dafür interessieren.

Henry Elsen vom Gesangsverein „Wohlfahrt“: Es fällt ihm schwer, an ein Ende des Chors zu glauben. Foto: Knappe

Henry Elsen vom Gesangsverein „Wohlfahrt“: Es fällt ihm schwer, an ein Ende des Chors zu glauben. Foto: Knappe

Es gibt keine Vereinsaktivitäten mehr. Weder den Auftritt beim traditionellen Seemannsgottesdienst auf Krautsand, noch die Weihnachtsauftritte oder gar die Konzertfahrten. Das Akkordeon, die Musikanlage und die Notenständer sollen verkauft werden, der Erlös für einen guten Zweck gespendet werden, sagt Henry Elsen.

Wird der Gesangsverein „Wohlfahrt“ 2023 aufgelöst?

Wird der Gesangsverein „Wohlfahrt“ dann 2023 aufgelöst? Henry Elsen sagt weder Ja noch Nein. Ein letztes Fünkchen Hoffnung ist da immer noch: Vielleicht finde sich ja doch noch ein neuer ehrenamtlicher Chorleiter, der Spaß daran hat, mit einigen Herren auf Krautsand zu singen und den 121 Jahre alten Verein am Leben zu erhalten, sagt Elsen.

Eine neue modernere Musikanlage oder neue Instrumente ließen sich nötigenfalls problemlos beschaffen, sinniert er. Elsen hofft wohl insgeheim doch noch auf ein kleines Wunder. Es soll sie ja geben.

Weitere Themen

Weitere Artikel