Millionen-Diebstahl bei Aurubis: Das ist der Stand der Ermittlungen

Aurubis kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Zuletzt waren Diebstähle im Millionenwert aufgefallen, davor hatte es einen Unfall mit drei Toten gegeben.
Die ersten jahrelangen Metalldiebstähle führten zur Großrazzia im Landkreis Stade. Jetzt hat es die Hamburger Kupferhütte noch einmal schwerer erwischt. Der Konzernvostand hegt einen bösen Verdacht.
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Aurubis-Vorstandschef Roland Harings sieht in Metall-Diebstählen eine neue Form von Kriminalität. „Früher war der Diebstahl von reinen Edelmetallen wie Gold und Silber das Ziel“, sagte Harings im Interview des „Hamburger Abendblatts“. Dies könne heutzutage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund der hohen Sicherheitsstandards nicht mehr passieren. „Die neue Qualität ist, dass Kriminelle jetzt auch im Bereich der metallurgischen Weiterverarbeitung tätig werden.“ Das sei organisierte Kriminalität.
Der Hamburger Kupferhersteller und Recyclingspezialist Aurubis ist in diesem Jahr bereits zweimal Opfer eines mutmaßlichen Metalldiebstahls geworden. Der Schaden könnte allein bei dem Ende August bekannt gewordenen Fall einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen.
Aurubis-Diebstähle: Clan-Razzia in Fredenbeck, Jork, Harsefeld und Drochtersen
Im Sommer hatte es eine Großrazzia im Clan-Milieu im Kreis Stade gegeben. Es gab spektakuläre Durchsuchungen in Fredenbeck, Jork, Harsefeld, Drochtersen und auch Neu Wulmstorf. Sechs Männer waren festgenommen worden.
Der Bande wird vorgeworfen, gewerbsmäßig und im großen Stil bei Aurubis unter anderem Anodenschlamm entwendet zu haben. Dieser ist ein sehr wertvolles Abfallprodukt bei der Kupferproduktion, er enthält Edelmetalle wie Gold und Platin. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft, aber auch der Konzern selbst gehen davon aus, dass der Diebstahl rund 20 Millionen Euro in die Kasse der Bande spülte.
Aurubis-Chef zu Metall-Diebstählen: Neue Qualität von Kriminalität
Aurubis verarbeitet nach Angaben Harings etwa eine Million Tonnen Recycling-Schrott pro Jahr. „Wenn ein Lkw hier vorfährt, werden Proben entnommen und in unserem Labor analysiert, wie viel Wertstoffe das Material enthält. Auf dieser Basis werden die Lieferanten bezahlt.“ Der Wert einer Lieferung werde mit einer repräsentativen Probe ermittelt.

Roland Harings, Vorstandsvorsitzender der Aurubis AG.
„Wir haben die Vermutung, dass in diesem Prozess der Beprobung und der Bearbeitung der Proben hier im Haus Manipulationen stattgefunden haben, so dass der Wert von Lieferungen höher angesetzt wurde als er tatsächlich war“, sagte Haring. Und diese nicht vorhandenen Metalle seien bezahlt worden. „Das ist die derzeitige Vermutung, der wird jetzt mit der intensiven Inventur, die hier zurzeit läuft, nachgegangen.“ Am Ende werde man sehen, „welche und wie viele Wertstoffe nicht vorhanden sind, die es laut Soll-Bestand im System geben müsste“.
Nach Angaben Harings hat es „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (...) eine aktive Mittäterschaft von Aurubis-Beschäftigten bei der Manipulation von Proben gegeben“. Das herauszufinden, sei Teil der Ermittlungen zusammen mit dem Landeskriminalamt.
Aurubis vermutet weiteren Metall-Diebstahl und streicht Prognose
Aurubis ist eigenen Angaben zufolge ein führendes Unternehmen für das Recycling von Kupfer, Edelmetallen und anderen Nichteisenmetallen, die sich in den verschiedensten metallhaltigen Konsum- und Gebrauchsgütern wie elektronischen Geräten verbergen. Neben Kupfer, Blei, Nickel und Zink fallen im Recycling beispielsweise auch Gold und Silber oder Platin und Palladium an.
Aufgrund des mutmaßlich erneuten Metalldiebstahls hatte Aurubis auch seine Jahresprognose getrichen. Der Stahlkonzern Salzgitter zog seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr ebenfalls zurück. Salzgitter ist mit knapp 30 Prozent größter Einzelaktionär bei Aurubis. (dpa)