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Spaß im Detail

Miniatur Wunderland: Modellbauerin mit besonderer Aufgabe

Modellbauerin Tanja Schlabitz arbeitet in der Werkstatt des Miniatur Wunderlands an der Speicherstadt. Die gelernte Tischlerin und Zeichnerin arbeitet im Miniatur Wunderland in der Abteilung Modellbau und ist für die Erneuerung der Speicherstadt zuständig. Foto: Marcus Brandt/dpa

Modellbauerin Tanja Schlabitz arbeitet in der Werkstatt des Miniatur Wunderlands an der Speicherstadt. Die gelernte Tischlerin und Zeichnerin arbeitet im Miniatur Wunderland in der Abteilung Modellbau und ist für die Erneuerung der Speicherstadt zuständig. Foto: Marcus Brandt/dpa

In den Werkstätten des Miniatur Wunderlands entstehen ständig neue Mini-Welten - doch auch alte Modelle werden überarbeitet. Eine Aufgabe, die auch eine Chance für neue, ausgefallene Details ist, zeigt die Arbeit einer Modellbauerin.

Mittwoch, 02.08.2023, 06:00 Uhr

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Von Franziska Spiecker, dpa

„Ah, schau - das habe ich gesucht!“, sagt Tanja Schlabitz plötzlich. Lächelnd fischt die Modellbauerin ein etwa vier Millimeter großes Teilchen aus einem Mini-Haus im Miniatur Wunderland in der Hamburger Speicherstadt. Das Modell, über das sie sich beugt, ist nicht irgendein Modell. Es ist das Modell des Miniatur Wunderlands selbst.

Gemeinsam mit einem Kollegen arbeitet die 33-Jährige in der nach eigenen Angaben größten Modelleisenbahn der Welt gerade an der Erneuerung der Miniatur-Speicherstadt. Denn das alte Modell ist bereits 21 Jahre alt. „Wir können mit heutigen Mitteln und Techniken viel filigraner und detaillierter bauen, als es damals möglich war“, sagt Wunderland-Gründer Frederik Braun.

Auch Peter Gärtner vom Bundesverband Modell- und Formenbau berichtet, dass sich die technischen Möglichkeiten im Modellbau in den vergangenen 20 Jahren deutlich erweitert hätten - unter anderem durch den 3D-Druck. Für verkleinerte Modelle wie im Miniatur Wunderland böte der die Möglichkeit, kleine Teile „maschineller, besser, schneller“ herzustellen und in größerer Menge.

Begeisterung für die Modelleisenbahn

Die Wahl-Hamburgerin Schlabitz bestätigt, dass auch bei dem seit über einem Jahr laufenden Neubau der Speicherstadt 3D-Druck zum Einsatz gekommen sei - wenn auch nur für einzelne „besonders kleine und detaillierte Teile“. Seit Dezember 2021 ist sie nicht mehr nur als Besucherin im Wunderland. Im Modellbau plant, zeichnet und baut sie. Sie fräst, klebt zusammen und färbt Millimeter große Details.

„Ich hatte immer Lust, hier zu arbeiten“, erzählt die gelernte Tischlerin und technische Produktdesignerin. Es habe sie gereizt, beide ihrer Ausbildungen einzubringen, nicht nur am Rechner oder nur in der Werkstatt zu sein. Zudem habe auch ihre Familie sie geprägt, erzählt Schlabitz: „Mein Vater hat total die Begeisterung für Eisenbahn und hat auch selber eine Modelleisenbahn“. Wenn ihre Eltern sie in Hamburg besucht hätten, „war das immer Pflicht einmal hierher zu gehen“.

Fingerspitzengefühl und Präzision sind gefragt. Foto: Marcus Brandt/dpa

Fingerspitzengefühl und Präzision sind gefragt. Foto: Marcus Brandt/dpa

2001 eröffnet, umfasst die Touristenattraktion nach einigen Erweiterungen inzwischen elf Themenwelten. Auf mehr als 1600 Quadratmetern Modellfläche können Besucherinnen und Besucher Städte und Landschaften aus vielen Teilen der Welt im Miniformat entdecken - von Pinguinen in Patagonien über Skyscraper in Las Vegas bis hin zu Speichern in Hamburg.

Liebe zu Detail

Es sei total cool, in der Speicherstadt an der Speicherstadt zu bauen, berichtet die 33-Jährige. Die Werkstatt um sie herum gleicht einem kunterbunten Wimmelbild. Sie sei oft rausgegangen, habe sich die Gebäude angeschaut und nach Auffälligkeiten geguckt: „Wo ist es besonders dreckig? Wo ist vielleicht ein Gitter verbogen oder irgendein Schild oder ein Muster, was man einfach noch mal als kleines Detail für sich oder für die ganz aufmerksamen Besucher einbaut?“

Trotz oder gerade wegen dieser Liebe zum Detail bei der Arbeit gilt für Schlabitz in ihrer Freizeit eine Devise: „nichts Kleinteiliges mehr“. In ihrem Schrebergarten wühle sie dann gerne in der Erde rum und „mache halt eher so die groberen Sachen“.

Die detailreichen realen Gegebenheiten baut Schlabitz in ihrem Modell nicht einfach nach. Ihr Kollege und sie verarbeiteten „das Schönste aus der Speicherstadt“, das, „was uns besonders gut gefallen hat“. Dabei müssten die Proportionen stimmen und das Modell müsste in die bestehende Anlage passen. Abgesehen davon seien ihrer „Kreativität keine Grenzen gesetzt“, erzählt die 33-Jährige.

Neues Modell voraussichtlich ab Herbst

Für die neue Mini-Speicherstadt hat sie das Wasserschloss gebaut und drei Speicher - darunter auch das neue Wunderland. „Das sind ja wir“, beschreibt Schlabitz diese besondere Herausforderung und ergänzt: „Da steckt so ein bisschen auch der Ehrgeiz drin, dass wir uns da besonders schön darstellen und mal zeigen, was wir jetzt so in den letzten 20 Jahren dazugelernt haben.“

Voraussichtlich ab Herbst können das auch Besucherinnen und Besucher begutachten - dann soll das neue Modell in die Anlage integriert werden. Für diesen Moment haben sich Schlabitz und ihr Kollege eine Belohnung überlegt und diese - stets dem Spaß am Detail folgend - auch schon im Modell verewigt: Auf einer Mini-Bank unter Mini-Bäumen inmitten der Mini-Speicherstadt sitzen Mini-Figuren der beiden und prosten sich zu. „Wenn das endlich eingebaut ist, werden wir uns da auch in Wirklichkeit hinsetzen und ein Bier trinken“, sagt Schlabitz.

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