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Gesundheit

Nach Klinik-Aus bei Ameos: Zahl der Notfälle in Reinkenheide schießt in die Höhe

Die Notaufnahme im Klinikum Reinkenheide stößt zunehmend an ihre Grenzen.

Die Notaufnahme im Klinikum Reinkenheide stößt zunehmend an ihre Grenzen. Foto: NZ

Die Patientenbeschwerden über lange Wartezeiten häufen sich: Die Notaufnahme im Klinikum Reinkenheide war mal auf 20.000 Notfälle im Jahr ausgelegt. Nach dem Klinik-Aus in Mitte rechnet Reinkenheide 2024 mit 45.000 Patienten. Wie soll das gehen?

Von Denise von der Ahé Dienstag, 14.05.2024, 05:55 Uhr

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Reinkenheide. Patienten müssen immer öfter stundenlang in der Notaufnahme des Klinikums Reinkenheide warten. „Es war so überfüllt, die Leute saßen teilweise auf dem Fußboden, Patienten haben immer wieder geklingelt, man musste sich gedulden, die Krankenwagen stauten sich“, so schildert eine Patientin die Situation vor wenigen Tagen.

Ein anderer Patient kritisiert die mangelnde Kommunikation zwischen Personal und wartenden Patienten. Weitere Kritikpunkte, die die NORDSEE-ZEITUNG verstärkt erreichen: Zu wenige Untersuchungskabinen, ein zu enger Flur, in dem Patienten auf Tragen auf die Behandlung warten, Rückstau auf dem Gang.

Die medizinische Geschäftsführerin in Reinkenheide, Dr. Susanne Kleinbrahm, beschreibt, wie das Klinikum den Ansturm bewältigen und die Strukturen verbessern will.

45.000 Notfälle in diesem Jahr erwartet

Das Kernproblem: „Unsere Zentrale Notaufnahme ist ursprünglich einmal für die Versorgung von rund 20.000 Notfällen im Jahr ausgelegt worden“, sagt Kleinbrahm. „Im vergangenen Jahr lagen wir nach kontinuierlicher Zunahme bei rund 37.000 versorgten Notfällen.

Jetzt sind die Zahlen innerhalb weniger Wochen noch einmal um rund 20 Prozent angestiegen. Wenn sich der Zustrom der Notfälle nicht ändert, werden wir in diesem Jahr über 45.000 Notfälle bei uns im Haus versorgen müssen.“

Die Veränderungen der stationären Versorgungsstrukturen nach der Klinikschließung von Ameos in Mitte seien nicht die alleinige Ursache dafür. „Auch im niedersächsischen Umland scheint es weiterhin Veränderungen zu geben“, so Kleinbrahm. Etwa die Hälfte der Notfallpatienten kommt aus den umgebenden Landkreisen.

Personal der Notaufnahme aufgestockt

Das Klinikum habe bereits reagiert: Das Team der Notaufnahme sei kurzfristig mit externem Personal aus der Arbeitnehmerüberlassung verstärkt worden. „In einem Maße, wie wir es personell und finanziell derzeit leisten und verantworten können“, betont Kleinbrahm.

„Der tatsächlichen Steigerung der Notfälle in Höhe von rund 20 Prozent seit Jahresbeginn können wir mit diesen Maßnahmen jedoch nicht ausreichend begegnen.“

Kleinbrahm ist stolz auf den Einsatz der Kolleginnen und Kollegen

Mit den Mitarbeitern der Notaufnahme „sprechen wir laufend über einen bestmöglichen Umgang mit dieser nicht einfachen Situation“, so Kleinbrahm. „Die Kolleginnen und Kollegen tun, was sie können, und ich bin stolz darauf sowie dankbar dafür, wie sehr sie sich einsetzen.“

„Wir werden dabei immer versuchen, transparent zu kommunizieren, warum Wartezeiten entstehen“, verspricht Kleinbrahm. „Es geht jedoch auch bei uns, wie in jeder Notaufnahme, immer wieder von jetzt auf gleich um Leben und Tod.

Die Geschäftsführung des Klinikums Bremerhaven-Reinkenheide Witiko Nickel, Susanne Kleinbrahm (Foto) im Gespräch.

Die Geschäftsführung des Klinikums Bremerhaven-Reinkenheide Witiko Nickel, Susanne Kleinbrahm (Foto) im Gespräch. Foto: Scheschonka

Und es wird deshalb auch immer wieder Situationen geben, da müssen wir die akute Versorgung des Menschen gegenüber einer transparenten Kommunikation gegenüber Wartenden priorisieren.“

Reinkenheide sucht nach Lösungen

Wichtiger denn je sei, „dass wir gemeinsam mit allen Beteiligten einen konstruktiven Weg aus dieser Situation finden“, sagt die Ärztin. Folgende Punkte seien dabei enorm wichtig: Gehfähige Patienten, die medizinisch betrachtet nicht unbedingt in der Notaufnahme versorgt werden müssen, „wollen wir nach einer Ersteinschätzung bei uns vor Ort dabei helfen, zeitnah einen Termin in einer Haus- oder Facharztpraxis zu bekommen.

Noch sind wir nicht so weit. Aber ich bin mit der Kassenärztlichen Vereinigung sowie niedergelassenen Ärztinnen und Ärztinnen im Gespräch, ob wir das etwa durch ein gemeinsam einsehbares Terminvergabeportal lösen könnten.“

Gemeinsamer Tresen soll helfen

„Unverändert ist aber auch bei uns vor Ort ein alternatives Versorgungsangebot für Notfälle erforderlich, die keine Akutversorgung im Krankenhaus benötigen“, sagt Kleinbrahm.

„Dazu brauchen wir eine Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zum Betrieb eines gemeinsamen Tresens bei uns im Haus, an dem es nach einer Ersteinschätzung nach rechts zur stationären Notfallversorgung geht.“

Dort müsse es aber auch einen Weg nach links geben, „wo hier bei uns im Haus eine von der KV zugelassene ambulante Notfallversorgung stattfinden kann.

Gute Gespräche zwischen KV und Klinik

Mit der KV sind wir in guten Gesprächen dazu, über das Angebot finanzieller Unterstützung der Senatorischen Behörde zur Erweiterung personeller und räumlicher Kapazitäten in unserer Notaufnahme freuen wir uns.“

Der Umzug des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes von Mitte nach Reinkenheide wäre „eine weitere starke Hilfe“, sagt Kleinbrahm. „So könnten wir auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten der Praxen eine Anlaufstelle für Notfälle anbieten, die medizinisch betrachtet nicht unbedingt im Krankenhaus akut versorgt werden müssen.

Bis wir eine sektorenübergreifende Versorgung bei uns im Haus etabliert haben, bleibt die Lenkung der Patientenströme immens wichtig.“

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