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Notunterkünfte

Noch mehr Ukraine-Flüchtlinge im Norden erwartet

Ukrainische Flüchtlinge verlassen mit ihrem Gepäck die Flüchtlingsunterkunft in Hamburg.

Ukrainische Flüchtlinge verlassen mit ihrem Gepäck die Flüchtlingsunterkunft in Hamburg.

Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wollten viele Hamburger helfen, stellten auch private Unterkünfte bereit. Doch als langfristige Lösung ist das meist schwierig.

Dienstag, 15.11.2022, 10:00 Uhr

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Die Bereitschaft und Möglichkeit zur privaten Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine geht laut Hamburger Sozialbehörde zurück. "Für alle Beteiligten stellt es eine gewisse Belastung im Haushalt dar, Menschen gewissermaßen auf dem Sofa zu beherbergen, und oft ist eine solche Unterkunft nur bedingt als mittel- bis langfristige Lösung geeignet", sagte der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

"In über 2000 Fällen haben sich bei uns Menschen gemeldet, die zuvor auf eine solche Weise untergekommen waren, nun aber doch auf eine städtische Unterkunft zurückgreifen mussten." Ihnen seien Plätze in öffentlichen Unterkünften angeboten worden.

Über 900 Wohnungen wurden bei Bürgerstiftung gemeldet

Über einen Aufruf der Bürgerstiftung Hamburg und vom Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen gab es nach Angaben der Sozialbehörde insgesamt etwa 930 angebotene Wohnungen. Von denen hätten sich etwa 780 als geeignet erwiesen. 815 Schutzsuchende hätten so vermittelt werden können.

"Auch hier ist die Zahl der Wohnungen, die gemeldet werden, allerdings erheblich zurückgegangen", berichtete Helfrich. Es werde aber weiterhin gesucht. Dabei gehe es nicht notwendigerweise um eine kostenfreie Überlassung: "Die Schutzsuchenden aus der Ukraine erhalten in Deutschland Sozialleistungen, dazu gehört auch die Zahlung der Kosten für die Unterkunft durch die zuständige Behörde."

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Rund 18.400 Schutzsuchenden aus der Ukraine, die in Hamburg registriert wurden, gaben laut Sozialbehörde an, dass sie auf eine von der Stadt bereitgestellte Unterkunft angewiesen seien. 17.100 hätten anders unterkommen können - in einer eigenen Unterkunft oder bei Verwandten oder Freunden.

Länder rechnen mit mehr Flüchtlingen

Niedersachsen bereitet sich auf die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge in den nächsten Wochen und Monaten vor. Auch in anderen Bundesländern werden verstärkt Notunterkünfte eingerichtet, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Mehrere Länder betonten, die Nutzung von Turnhallen als Flüchtlingsunterkünfte vermeiden zu wollen.

Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen verfügt laut Innenministerium aktuell über rund 11.000 Plätze, sagte Pressesprecher Philipp Wedelich. Darüber hinaus sei ab 2023 eine Erweiterung um weitere 5000 bis 10.000 Plätze geplant.

Grund für den Ausbau ist nicht allein der Krieg in der Ukraine. So seien aktuell rund 8800 Menschen in Räumen der Landesaufnahmebehörde untergebracht. Teils werde dabei auch auf „Behelfsräume“ zurückgegriffen, so Wedelich. Der Anteil ukrainischer Kriegsflüchtlinge sei mit rund 600 Personen allerdings vergleichsweise gering. Eine Prognose für die weitere Entwicklung im Winter sei nicht möglich, sagte der Sprecher. „Dennoch bemüht sich das Land, zeitnah weitere Kapazitäten zur Unterbringung zu schaffen und so auf mögliche Situationen vorbereitet zu sein.“

160.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschlan

Sachsen-Anhalt warf dem Bund vor, keine verlässlichen Prognosen über die Ankunft Asylsuchender vorzulegen. In den vergangenen Jahren reisten insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten besonders viele Menschen auf der Suche nach Schutz in Deutschland ein. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern erklärte ähnlich wie Niedersachsen, die weitere Entwicklung lasse sich „unmöglich seriös vorhersagen“. Mit einer Entspannung der Lage sei aber nicht zu rechnen.

Bis Oktober zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im laufenden Jahr fast 160.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschland. Das waren fast 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die meisten Antragssteller kamen aus Syrien, gefolgt von Menschen aus Afghanistan und der Türkei. Zugleich schätzen die Behörden die Zahl der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Deutschland auf rund eine Million. Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen, kommen oftmals bei Verwandten unter und lassen sich nicht immer registrieren.

Daher halten sich nur wenige Ukrainerinnen und Ukrainer in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer auf, sie werden in der Regel unmittelbar von den Kommunen übernommen. (epd/axt/dpa)

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