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Grüne Fernwärme

„Karoline“: Hamburger Power-to-Heat-Anlage bleibt jahrelang ungenutzt

Wie in Wedel soll auch im Hamburger Karolinenviertel eine Power-to-Heat-Anlage aus überschüssigem Windstrom grüne Wärme erzeugen. (Archivbild)

Wie in Wedel soll auch im Hamburger Karolinenviertel eine Power-to-Heat-Anlage aus überschüssigem Windstrom grüne Wärme erzeugen. (Archivbild) Foto: Christian Charisius/dpa

Sie soll aus überschüssigem Windstrom Fernwärme produzieren. 5,9 Millionen Euro hat der Bau dieser Power-to-Heat-Anlage in Hamburg gekostet. Doch nach der Fertigstellung passiert lange nichts.

Von dpa Dienstag, 18.03.2025, 17:00 Uhr

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Hamburg. 2018 wurde die sogenannte Power-to-Heat-Anlage „Karoline“ im Hamburger Karolinenviertel im Beisein des Bürgermeisters feierlich in Betrieb genommen. Der 5,9 Millionen Euro teure Elektroheizkessel sollte bei einem Überangebot von Windstrom aus Schleswig-Holstein „grüne“ Fernwärme erzeugen und so die Abschaltungen von Windkraftanlagen verringern, hieß es damals. Wie die Hamburger Energiewerke (HEnW) jetzt mitteilen, blieb „Karoline“ seither jedoch weitgehend ungenutzt.

Schon beim Bau der Anlage sei klar gewesen, dass sie ohne eine Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich zu betreiben sei, sagte Kirsten Fust, Technische Geschäftsführerin und Sprecherin der Geschäftsführung des städtischen Unternehmens. Deshalb habe „Karoline“ seither lediglich als Notfallreserve gedient, um etwa beim Ausfall eines Heizkraftwerks die Wärmeversorgung sicherzustellen. 

Nach sieben Jahren aus dem Dornröschenschlaf geholt

Durch einen neuen Paragrafen im Energiewirtschaftsgesetz habe sich die Lage jetzt geändert. „Unsere Power-to-Heat-Anlage „Karoline“ konnten wir dank der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes endlich aus dem Dornröschenschlaf holen“, sagte Fust. 

Der neue Paragraf 13k regelt das Prinzip „Nutzen satt Abregeln“ und sieht vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber täglich für sogenannte Entlastungsregionen prognostizierte überschüssige Strommengen für den Folgetag ausweisen und den Teilnehmern von berechtigten Anlagen Strommengen zuteilen.

Der Vorteil für Betreiber von Entlastungsanlagen: Sie erhalten den Strom zu einem vergünstigten Preis, da der Übertragungsnetzbetreiber die Differenz zwischen dem sogenannten Day-Ahead-Marktpreis und einem fixen „13k-Preis“ inklusive der Stromnebenkosten ausgleicht.

„Karoline“ soll zunächst mit 20 Megawatt Wärme produzieren 

Auf Grundlage dieser Regelung hätten die HEnW mit dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz zum 1. März einen Vertrag für „Karoline“ geschlossen. Obwohl die Anlage eine Leistung von 45 Megawatt habe, werde sie zunächst testweise nur mit 20 Megawatt Leistung eingesetzt. Rechnerisch könnten so 6.700 Haushalte versorgt und jährlich bis zu 4.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden, teilte das städtische Unternehmen mit. 

Forschungsprojekte wie Karoline zeigten, „dass wir für das Gelingen der Energiewende Weitsicht und einen langen Atem brauchen“, sagte Fust. „Jetzt leistet die Wind-zu-Wärme-Anlage endlich ihren Beitrag zur Dekarbonisierung.“

J
Jochen Mextorf
19.03.202507:02 Uhr

Profecto.

H
Helmut Erb
18.03.202510:40 Uhr

Von Anfang an war klar, daß die Anlage nicht wirtschaftlich zu betreiben war. Trotzdem wurde sie gebaut. Warum? Unter dem grünen Etikett der Klimarettung wird überall Geld verbrannt. Natürlich auch in Hamburg. Das nachträglich als weitsichtig zu verbrämen, scheint mir doch überaus dreist.

1998 hatte das Energiewirtschaftsgesetz 19 Paragraphen. Heute sind es rund 290 mit unzähligen weiteren Detailregelungen. Warum? Es wird seit Jahren versucht, die Energieversorgung planwirtschaftlich zu organisieren, was ständige Ergänzungen und Korrekturen erfordert, weil die Wirklichkeit sich nicht an den Plan hält.
Unter allen Umständen geht es den Regierenden darum, den Nutzen der Ökoindustrie zu mehren. Im Falle „Karoline“ trägt nicht etwa der Netzbetreiber die unvermeidbaren Mehrkosten. Die werden einfach auf die Allgemeinheit umgelegt.

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