Seit fast 60 Jahren beantwortet er Briefe an den Nikolaus
Bereits im Laufe des Jahres kommen Briefe aus aller Welt bei Hubert Weddehage an. (Archivbild) Foto: Sina Schuldt/dpa
Aus aller Welt schreiben Kinder, Tausende sind es jedes Jahr. Dass sie eine Antwort aus Nikolausdorf bekommen, darum kümmert sich der ehemalige Steuerberater Hubert Weddehage. So kam er dazu.
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Nikolausdorf. Mehrere Tausend Briefe erreichen den Nikolaus jedes Jahr in Garrel im Landkreis Cloppenburg. Für die meisten gibt es eine vorgedruckte Karte als Antwort. Manche Briefe sind aber so bewegend, dass sie eine persönliche Antwort erhalten, erzählt Hubert Weddehage, der seit Jahrzehnten ehrenamtlicher Leiter des Nikolausbüros in Nikolausdorf ist. Kinder berichteten etwa vom Tod ihrer Oma, der Krankheit ihrer Mama oder von Krieg und Armut. Die meisten aber teilten einfach ihre konkreten Weihnachtswünsche mit.
Diese Briefe, die in diesen Tagen wieder vielfach an den Nikolaus in 49681 Nikolausdorf geschickt werden, landen bei dem 72-Jährigen zu Hause. Sie kommen nicht nur in der Adventszeit, sondern das ganze Jahr über. „Bis Mitte November waren es schon 500“, sagt Weddehage, der lange als Steuerberater gearbeitet hat.
Der Postbote weiß, wo er sie hinbringen muss. Weddehage leitet das Nikolausbüro im örtlichen Pfarrheim, in dem bis zu 20 Helferinnen und Helfer jedem Absender einen Gruß samt Sonderstempel der Deutschen Post zurückschicken. „Wir haben eine gute Truppe“, sagt Weddehage, der bereits sein ganzes Leben in dem 1.200-Seelen-Ort im Landkreis Cloppenburg lebt. „Für uns gehört das zur Adventszeit dazu.“ Aber individuelle Antworten sind bei der Masse nicht auf jeden Brief möglich.
Als Nikolaus bezeichnet er sich nicht
Im Gesangsverein, in dem Weddehage auch aktiv ist, begrüßt man ihn schon mal scherzhaft mit „Ober-Nikolaus“. Er wird aber nicht müde zu betonten, dass er nur ein Helfer sei und ganz sicher nicht der Nikolaus. Dabei ist er schon mal in diese Rolle geschlüpft - auf dem traditionellen Nikolausmarkt im Dorf: Jedes Jahr am 6. Dezember verteilt dort ein rot gewandeter Mann Tüten mit Süßigkeiten an Kinder, die zu Hunderten aus der Umgebung kommen. „Das wurde mir aber zu viel“, sagt er. Die historische Figur spielen längst andere.

Der ehrenamtliche Leiter des Nikolausbüros, Hubert Weddehage, beantwortet im Team die Post an den Nikolaus. Foto: Kai Moorschlatt/dpa
Schon als 17-jähriger Schüler beantwortete Hubert Weddehage gemeinsam mit einem seiner zwei Brüder die Weihnachtspost der Kinder. Während sein älterer Bruder irgendwann ausstieg, übernahm der Jüngere schließlich die Leitung vom Vater. Auch Weddehages Frau hat lange mitgemacht, sie kommt ebenfalls aus dem Dorf.
Vor 60 Jahren Nikolausbüro gegründet
Und nicht nur das: Ihre Tante war Frida Fleming, einst Mitarbeiterin in der örtlichen Poststelle. Als dort in den 1960er-Jahren immer mehr unzustellbare Briefe ankamen, die an den Nikolaus adressiert waren, fing Frida Fleming an, den Absendern zu antworten. Darüber berichtete 1965 die „Nordwest-Zeitung“. „Danach kamen so viele Briefe, dass die Posthalterin mit den Antworten nicht mehr alleine hinterherkam“, erzählt Weddehage.
Ein Lehrer der Volksschule rekrutierte freiwillige Mitstreiter und gründete das Nikolausbüro. Die Kooperation mit der Deutschen Post macht es längst möglich, dass das Dorf kein Geld für Porto ausgeben muss.
Bundesweit sieben Weihnachtspostfilialen
Bundesweit nehmen in der Adventszeit sieben Weihnachtspostfilialen ihre Arbeit auf, darunter neben Himmelsthür oder Himmelpforten eben auch Nikolausdorf. Seinen Namen hat der 1901 gegründete Ort übrigens nicht dem Heiligen Nikolaus von Myra zu verdanken, sondern Erbgroßherzog Nikolaus von Oldenburg (1897-1970), der später im Nationalsozialismus in der SA Karriere machte.

Ein Team von bis zu 20 Ehrenamtlichen beantwortet die Post an den Nikolaus. Foto: Kai Moorschlatt/dpa
Sohn soll Ehrenamt irgendwann übernehmen
Trotz dieser Geschichte lieben die Bewohnerinnen und Bewohner ihren Ortsnamen. Denn ohne diesen würden nicht jedes Jahr Tausende von Briefen mit Wünschen und Grüßen von Kindern aus aller Welt eingehen - so wie von Paul, der sich ein Fußballtrikot und ein Ende des Krieges in der Ukraine wünscht.
Als 1975 Nikolausdorf im Zuge einer Umstellung der Postleitzahlen in Garrel 2 umbenannt werden sollte, wehrten sich die Bewohnerinnen und Bewohner mit Erfolg. „Sonst wäre Nikolausdorf weg gewesen“, sagt Weddehage. Und dann hätte der 72-Jährige sein Ehrenamt als Leiter des Nikolausbüros nicht wie geplant eines Tages an seinen Sohn Jörg übergeben können.

Seit Jahrzehnten ist Weddehage der ehrenamtliche Leiter des Nikolausbüros im örtlichen Pfarrheim. Foto: Kai Moorschlatt/dpa