Solarenergie rund um die Uhr: Wann sich ein Speicher für Strom lohnt

Solaranlagen sind auf den Dächern von Einfamilienhäusern montiert. Foto: Monika Skolimowska/dpa
Wer eine Solaranlage auf dem Dach hat, hat immer häufiger auch einen Batteriespeicher im Keller. Lohnt sich das?
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In deutschen Kellern landet immer mehr Sonnenstrom vom eigenen Dach in Batteriespeichern - um zeitversetzt zum Einsatz zu kommen. Verbraucherschützer begrüßen das: „Der größte Vorteil eines Speichersystems: Sie können Ihren Eigenverbrauch und Autarkiegrad steigern“, heißt es bei der Verbraucherzentrale.
Auch finanziell lohne sich ein Batteriespeicher für Privathaushalte oft: „Durch die deutlich gesunkenen Preise ist so ein Speicher durchaus interessant“, sagt Energieexperte Thomas Zwingmann von der Verbraucherzentrale NRW.
Das fanden im vergangenen Jahr erneut Hunderttausende Haushalte. Nachdem schon 2023 rund 594.000 neue Heimspeicher installiert wurden, kamen 2024 nach einer Schätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) etwa 580.000 weitere dazu.
Rund 1,8 Millionen Heimspeicher waren Ende 2024 laut Verband bereits in Betrieb. Damit ist in fast der Hälfte aller rund 3,8 Millionen Photovoltaikanlagen im sogenannten Heimsegment ein Batteriespeicher installiert.
Verband: Auch E-Mobilität Treiber für Speicherkauf
Der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES), der unter anderem Speicherhersteller vertritt, sieht mehrere Gründe für die starke Nachfrage. Neben der Nutzung günstig erzeugter Energie und der Optimierung der eigenen Energieversorgung sei die E-Mobilität ein besonderer Treiber.
„Günstiger als mit Solarstrom vom eigenen Dach kann ein E-Auto nicht geladen werden“, sagt die BVES-Fachbereichsleiterin für Märkte und Technologien, Beatrice Schulz. In Verbindung mit einem Speicher sei das Laden dann sogar nachts möglich.
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Bei der Kaufentscheidung sollten Verbraucher darauf achten, dass der heimische Speicher nicht zu groß ausfällt, betont Verbraucherschützer Zwingmann. Es könne sonst sein, dass die Photovoltaikanlage den Speicher über weite Strecken nicht voll bekomme. „Das heißt, ich habe eine Kapazität im Keller stehen, die ich nicht nutzen kann.“
Allerdings sei es möglich, den Speicher so anzuschließen, dass er auch Strom aus dem Netz beziehen könne. Bei der Nutzung von dynamischen Stromtarifen könne man dann Strom preiswert einkaufen und speichern. „Und ihn dann nutzen, wenn die Strompreise hoch sind“, sagt der Energieexperte.
Laut BVES speichern die meisten Geräte zwischen 5 und 15 Kilowattstunden. „Sinkende Preise und weitere Geschäftsmodelle für den Haushaltsspeicher sowie die Integration zusätzlicher Anwendungen lassen weiteres Wachstum bei der durchschnittlichen Speichergröße erwarten“, sagt Schulz.
Verband: Speicherpreise sind um 75 Prozent gesunken
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sieht den Hauptgrund für die hohe Speichernachfrage in den gesunkenen Kosten. „In den letzten zehn Jahren sind die Preise für schlüsselfertig installierte Solarstromspeicher um 75 Prozent gesunken“, sagt Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. 80 bis 90 Prozent aller neuen Solarstromanlagen hätten einen Batteriespeicher. „Kaum noch eine Solaranlage wird ohne Speicher installiert.“
Der Verband betont die Vorteile von Batteriespeichern: Könne man ohne Speicher nur etwa 20 Prozent des erzeugten Sonnenstroms unmittelbar selbst nutzen, könnten es mit einem Speicher bis zu 80 Prozent sein, sagt Körnig. Hinzu komme: „Ein intelligenter Speicherbetrieb spart nicht nur Stromkosten für die Betreiber, sondern entlastet auch die Netze und reduziert die Kosten der Energiewende.“ So werde man künftig die Speicher auch netzdienlich einsetzen können, etwa um Windstrom ein- und auszuspeichern.
Enpal: Fast alle Solarkunden nehmen auch einen Speicher
Auch der Energiedienstleister Enpal, der unter anderem Solaranlagen anbietet, verzeichnet eine hohe Nachfrage nach Batteriespeichern. „Fast alle Kunden nehmen einen Speicher mit dazu“, sagt ein Enpal-Sprecher. „Und diejenigen, die noch keinen Speicher haben, möchten sehr häufig nachrüsten.“
Batteriespeicher spielen auch bei einem aus Solaranlage und Speicher bestehenden Enpal-Produkt eine zentrale Rolle. Dabei sorgt ein Energiebetriebssystem dafür, dass neben der üblichen Nutzung des eigenen Solarstroms beispielsweise nachts günstiger Strom aus dem Netz eingespeichert wird, der dann zu anderen Zeiten wieder ausgespeichert und von Enpal an der Strombörse teurer verkauft wird.
Auch der Energieversorger Eon hat Solaranlagen im Angebot. „Mehr als 90 Prozent unserer Photovoltaikanlagen verkaufen wir inzwischen mit Batterie-Speicher“, sagt ein Sprecher. Für Kunden seien solche Systeme ein zentrales Thema bei der Planung von Solaranlagen, die auf Eigenverbrauch optimiert seien. „Intelligente Energiemanagementsysteme unterstützen darüber hinaus, Erzeugung und Verbrauch noch besser zu synchronisieren.“
Der Energiespeicher-Branchenverband rechnet mit weiter starkem Wachstum. Speicher könnten nun auch verstärkt für das Gesamtsystem aktiviert werden, sagt Schulz vom BVES. „Dies wird durch kürzlich beschlossene Änderungen im Energierecht unterstützt: Statt die Anlage abzuregeln, kann der Speicher künftig einfacher ins Netz einspeisen.“
Auch Eon betont die Rolle der Speicher für das Energiesystem: „Generell sind Speicher ein wichtiger Baustein zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Stabilisierung der Energiepreise“, erklärte der Sprecher. Sie könnten Strom in Zeiten hoher Erzeugung einspeichern und diesen bei einer hohen Nachfrage wieder ins Netz zurückspeisen. Heimspeicher würden aktuell überwiegend zur Optimierung des Eigenverbrauchs eingesetzt. Doch auch sie könnten darüber hinaus netzdienlich eingesetzt werden und helfen, Netzkosten zu senken.
Abnehmer dringend gesucht: Strom 2024 häufiger Ramschware
Strom ist in Überangebot-Phasen auf dem deutschen Markt voriges Jahr an der Börse häufiger verramscht worden. 2024 gab es 459 Stunden mit einem negativen Preis auf dem sogenannten Day-Ahead Markt. Dort wird im Großhandel der Strom für den nächsten Tag gehandelt. Im Jahr zuvor waren es 301 Stunden, 2022 nur 69, wie die europäische Strombörse Epex Spot - eine Tochter der EEX in Leipzig - auf dpa-Anfrage mitteilte. Doch gab es ebenfalls deutliche Preisausschläge nach oben. „Die Volatilität am Strommarkt ist gestiegen“, erklärte Epex-Sprecherin Maria Schubotz.
Negative Strompreise entstehen, wenn hohes Angebot auf geringe Nachfrage trifft - etwa bei starkem Wind an Feiertagen. Dann erhalten Käufer an der Börse schon mal Geld, wenn sie kurzfristig Strom abnehmen. 2024 lag der höchste Negativwert bei -135,45 Euro je Megawattstunde. Aufs Gesamtjahr gesehen machten Zeiten mit negativem Strompreis etwa fünf Prozent aus.
Kurzfristige Preisschwankungen nehmen zu
Deutlich stärkere Ausschläge gab es an der Börse in die andere Richtung. 379 Mal habe der Börsenpreis die Marke von 150 Euro überschritten, 21 Mal lag er sogar über 500 Euro. Das entspreche einem Anteil von 4 beziehungsweise 0,2 Prozent, hieß es.
„Im Zuge des Umbaus der Energieversorgung nehmen kurzfristige Preisschwankungen zu“, erklärte Schubotz. Insgesamt ist der Strompreis am Day-Ahead Markt für Deutschland 2024 zuletzt gesunken. Der Durchschnitt lag bei 79,57 Euro. Damit war der Börsenpreis zwar mehr als doppelt so hoch wie 2019 und 2020, lag aber unter den Preisen der Jahre 2021 bis 2023. 2022 war der Preis infolge der Energiepreiskrise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sogar im Schnitt auf 235,45 Euro hochgeschnellt.
Dynamische Tarife an Börsenstrompreis gekoppelt
Die Strompreise an der Börse sind Großhandelspreise. Verbraucher haben in der Regel feste Preise fürs gesamte Jahr mit ihrem Energieversorger vereinbart, die ihren Strom vor allem durch langfristige Verträge beschaffen. Zudem enthält der Endkundenpreis weitere Steuern und Abgaben. Allerdings müssen Stromversorger seit Jahresbeginn auch dynamische Stromtarife anbieten, die an den kurzfristigen Börsenstrompreis gekoppelt sind. Voraussetzung sind intelligente Stromzähler, die aktuelle Verbrauchsdaten übermitteln.
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Das bietet nach Einschätzung von Experten Chancen und Risiken. Zwar können Verbraucher Geld sparen, wenn sie dann ihr E-Auto laden oder Wäsche waschen, wenn der Strom billig ist. Allerdings tragen sie auch das Risiko bei sogenannten Dunkelflauten, wenn Windkraft- und Solaranlagen kaum liefern und der Preis an der Börse in die Höhe schnellt.
Bei EnviaM etwa, größter Energieversorger in Ostdeutschland, gibt es den dynamischen Tarif seit rund einem Jahr. Die Zahl der Kunden liege „im mittleren dreistelligen Bereich“, sagte Sprecherin Cornelia Sommerfeld - bei rund einer Million Stromkunden insgesamt. In diesem Tarif habe 2024 der durchschnittliche Verbrauchspreis etwa 26 Cent pro Kilowattstunde betragen.
Schwankender Strompreis bietet Anreize für Investitionen
Einsparpotenziale hätten vor allem Kunden, die auf schwankende Strompreise reagieren könnten, erläuterte Sommerfeld. Etwa, wenn energieintensive Arbeiten in Zeiten mit niedrigem Strompreis verlagert und nicht benötigte Geräte bei hohen Preisen gezielt abgeschaltet werden. „Das Produkt eignet sich besonders für Kunden mit hohem Verbrauch, die ihren Stromverbrauch flexibel steuern können, zum Beispiel mit Smart-Home-Technologien.“
„Das Stromsystem befindet sich im Umbau“, erklärte Schubotz. Das spiegle sich in den Schwankungen an der Börse wider, die wie eine Art Thermometer für Angebot und Nachfrage sei. Ein wichtiger Schlüssel für mehr Preisstabilität sei eine größere Flexibilität auf Seite der Stromverbraucher. Hier gebe es noch viel Potenzial, das ausgeschöpft werden könne. Dynamische Stromtarife schafften dafür Anreize, so Schubotz. Zugleich seien die Preisschwankungen auch Anreiz für Investitionen, etwa in Stromspeicher.