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Stifteten Rechtsextreme Unruhe beim Deichbrand? Das sagt der Festival-Chef

60.000 Menschen entflohen auf dem Deichbrand-Festival den Sorgen und dem Stress des Alltags. Foto: Sander/High Ground Media

60.000 Menschen entflohen auf dem Deichbrand-Festival den Sorgen und dem Stress des Alltags. Foto: Sander/High Ground Media

Während des Deichbrand-Festivals soll eine Besuchergruppe indizierte Lieder mit politisch rechtsgesinnten Inhalten gespielt haben. Deichbrand-Chef Marc Engelke nimmt Stellung. Auch die Polizei äußert sich.

Freitag, 11.08.2023, 14:00 Uhr

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Von Lennart Keck

Vier Tage lang feierten in diesem Jahr 60.000 Menschen auf dem Deichbrand-Festival am Seeflughafen Cuxhaven/Nordholz und hatten dabei die Gelegenheit, den Sorgen und dem Stress des Alltags zu entfliehen. Doch das Gefühl der Unbesorgtheit soll bei mehreren Festival-Besuchern von einigen Gästen gestört worden sein. So berichtete die "Nordwest-Zeitung" (NWZ) am Donnerstag über einen Vorfall, der sich in einem Zeltkreis auf dem Womo-South-Camp abgespielt haben soll: Eine Besuchergruppe habe zu nächtlicher Stunde lautstark aus Musikboxen indizierte Lieder mit politisch rechtsgesinnten Inhalten abgespielt und dazu mitgesungen. Das gespielte Lied "Polacken Tango" der rechtsextremistischen Band "Landser" wurde wegen Volksverhetzung verboten. Außerdem soll in dem Camp eine Konföderiertenflagge, die ein Symbol für die Sklaverei in den USA und Rassismus darstellt, gehangen haben.

Das teilte zumindest eine Besucherin aus dem Kreis Wesermarsch der Redaktion der NWZ mit. Der Zeltkreis der Freunde soll sich direkt neben der genannten Gruppe befunden haben. Um der Situation Einhalt zu gebieten, habe die Freundesgruppe sich daraufhin an das "Awareness Team" und die Security des Deichbrand-Festivals gewandt.

Deichbrand-Chef Marc Engelke bezieht Stellung

Deichbrand-Chef Marc Engelke bezieht auf Nachfrage unseres Medienhauses klar Stellung zur Situation: "Zu rechtsradikalen Parolen und rechtsradikaler Musik auf dem Deichbrand kann ich versichern, dass wir schon vor der Neuauflage unseres Awareness-Konzepts in diesem Jahr eine Null-Toleranz Politik gefahren haben und das jetzt erst recht tun." Er betont: "Bei offenem Zeigen gehen wir rigoros vor und dulden nichts."

Während des Festivals soll eine Meldung sowohl beim "Awareness Team" als auch in der direkten Übergabe an den Ordnungsdienst eingegangen sein, dass sogenannter "Rechtsrock" in einem Camp gespielt worden sein soll. "Der exakte Standort der Campinggruppe konnte aber nicht benannt werden von den meldenden Personen. Unser Ordnungsdienst hat in dem gemeldeten Bereich niemanden antreffen können, allerdings dann vermehrt in dem Bereich gestreift", schildert der Deichbrand-Chef. "Es konnte allerdings weiterhin niemand ausgemacht werden und entsprechende 'Musik' wurde auch nicht mehr gespielt." So habe der Ordnungsdienst der Veranstaltungsleitung den Sachverhalt am nächsten Tag gespiegelt.

Vorfall wurde bei der Polizei Cuxhaven nicht gemeldet

"Wir sind die gesamten Einsatzaufzeichnungen durchgegangen. Von diesem Vorfall wurde uns nichts gemeldet", bestätigt Sprecher Carsten Bode von der Polizeiinspektion Cuxhaven. Lediglich zu zwei anderen Einsätzen mit rechtspolitischem Hintergrund sei die Polizei hinzugerufen worden. In beiden Fällen sollen Personen aus einem Pkw heraus den Hitlergruß gezeigt und "Heil Hitler" gerufen haben.

"Wir hatten dieses Jahr auch eine Polizeidrohne eingesetzt, die direkt den Bereich angeflogen ist, um zu sehen, ob irgendwas zu erkennen ist", berichtet Bode. Die Drohnenaufnahmen hätten jedoch keine Erkenntnisse geliefert. Laut Bode seien auch durch die Kollegen vor Ort keine Auffälligkeiten festgestellt worden. "Bei 60.000 Besuchern kommen Menschen aller Couleur zusammen", verdeutlicht der Polizeisprecher. "Da kommen welche, die Mainstream sind und welche, da denkt sich der ein oder andere sicherlich: 'Da hätte ich auch drauf verzichten können.' Aber ob auf einem Festival oder bei einem Fußballspiel, das ist überall so." Generell habe das Deichbrand-Festival kein rechtsextremes Problem, betont Carsten Bode mit Nachdruck.

Indizierte Musik ist keine rechtliche Grauzone

Bei der gespielten indizierten Musik solle allerdings jedem bewusst sein: "Das Lied bewegt sich in keiner rechtlichen Grauzone, sondern in einem ganz klaren rechtlichen Bereich." Daher rät Bode: "Verbieten, sicherstellen, vernichten." Das Lied der Band Landser stellt sogar einen Verstoß gemäß Paragraf 130 StGB dar. Wer also dieses Lied öffentlich abspielt oder singt, macht sich strafbar und muss mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.

Awareness auf dem Deichbrand Festival

Auf der Deichbrand-eigenen Homepage weist das Festival unter dem Punkt "Awareness und Inklusion" darauf hin, dass Gäste, sollten sie sich belästigt oder diskriminiert fühlen, jederzeit Unterstützung durch das Awareness-Team erhalten können. Außerdem heißt es dort: "Wir wünschen uns, dass sich alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Alter oder Fähigkeiten akzeptiert und sicher fühlen können. [...] Wir tolerieren deshalb keinen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Queer- und Transfeindlichkeit, Altersdiskriminierung, Ableismus, oder jede andere Form von Diskriminierung oder übergriffigem Verhalten auf dem Deichbrand Festival."

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