Trainer Walter benennt HSV-Problemzone und bittet um Verständnis

Der Hamburger Trainer Tim Walter. Tim Walter setzt im DFB-Pokal auf Matheo Raab. Foto: Uli Deck/dpa
In der Offensive steht der Hamburger SV in der 2. Bundesliga für Spektakel und viele Tore. In der Defensive aber wackelt die Mannschaft wie schon in der letzten Saison bedenklich.
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Von Claas Hennig
Selten hat HSV-Trainer Tim Walter so deutlich die Problemzone in seiner Mannschaft benannt wie vor dem Zweitliga-Topspiel gegen Bundesliga-Absteiger Hertha BSC. „Wir haben zu viele Gegentore kassiert, das muss man so erwähnen“, sagte Walter am Donnerstag. Man müsse dieses Problem aber „ein bisschen differenziert betrachten: Wir haben eine neu formierte Abwehr.“
Noch nach dem mühevollen 4:3 beim Drittligisten Rot-Weiss Essen in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals am vergangenen Sonntag hatte er auf die Frage nach den vielen Gegentoren eher trotzig reagiert. „Ich habe immer gesagt, dass mir ein 5:4 lieber ist als ein 1:0. Und solange wir ein Tor mehr schießen als der Gegner, bin ich sehr zufrieden“, hatte er gesagt.
Mannschaft noch in der „Findungsphase“
Mit der sportlichen Bilanz kann der Trainer durchaus zufrieden sein. Aus den ersten beiden Saisonspielen der 2. Fußball-Bundesliga holte sein Team vier Punkte und steht nun auch in der zweiten Pokal-Runde. Doch acht Gegentore in den ersten drei Pflichtspielen sind für einen Aufstiegsfavoriten zu viel. Vor den drei Treffern in Essen hatten die Hamburger in der Liga gegen Schalke 04 5:3 und beim Karlsruher SC 2:2 gespielt.
„Wir reden schon gar nicht mehr über den hohen Risikoanteil unseres Spielaufbaus. Sondern das sind teilweise Konzentrationsfehler, teilweise leichte Fehler“, sagte Walter. „Für mich ist nur wichtig, dass die Jungs das erkennen und dass wir daran mit Hochdruck arbeiten. Wir waren und sind immer noch in der Findungsphase. Und wir wissen das. Das soll keine Ausrede sein, sondern eine Erklärung.“
Schonlau-Ausfall nicht der einzige Grund
In der Trainingswoche vor dem Spiel gegen die Hertha hatte Walter nach eigener Aussage seinen Schwerpunkt auf die Defensivarbeit gelegt. Nicht mit dabei war Sebastian Schonlau. Vor allem der an der Wade verletzte Abwehrchef und Kapitän wird als Stabilisator vermisst. „Wir müssen von Tag zu Tag schauen“, meinte der 29-Jährige. Ein Einsatz am Samstag (20.30 Uhr/Sky und Sport.1) gegen Berlin kommt aber definitiv noch zu früh.
Sein Fehlen als alleinigen Grund für die große Zahl an Gegentoren anzuführen, ist aber zu einfach. „Wir haben drei Spieler dabei, die in der Philosophie noch nicht zusammengespielt haben“, betonte Walter.
In Essen und eine Woche zuvor in Karlsruhe spielten in Ignace van der Brempt auf der rechten Seite sowie in den Innenverteidiger Guilherme Ramos und Dennis Hadzikadunic drei Spieler in der Viererkette, die in der vergangenen Saison noch nicht da waren. Auch Stephan Ambrosius - zum Saisonauftakt gegen Schalke 04 statt Hadzikadunic in der Innenverteidigung - war in der letzten Spielzeit nicht dabei. Er war im Sommer nach seiner einjährigen Leihe aus Karlsruhe zurückgekehrt.
Immerhin: In der Offensive hat der HSV in den ersten drei Spielen phasenweise wieder Spektakel gezeigt. Unter anderem fiel dabei neben dem viermaligen Saisontorschützen Robert Glatzel in den beiden Liga-Spielen Neuzugang Immanuel Pherai positiv aus. Vermutlich wird er am Samstag aber passen müssen. Für ihn könnte sein niederländischer Landsmann Ludovit Reis sein Saisondebüt geben. Der 23-Jährige hatte wegen einer Schulterverletzung den Saisonstart verpasst. „Er ist wieder voll einsatzfähig“, sagte Walter.
Bundesliga-Absteiger Hertha BSC hat vor dem Spiel im mit 57 000 Zuschauer erneut ausverkauften Volksparkstadion noch weitaus größere Probleme. Die Berliner verloren ihre ersten beiden Zweitliga-Spiele. Der Neuaufbau des Kaders ist dazu noch längst nicht abgeschlossen. Walter warnte dennoch vor dem Relegationsgegner von 2022: „Der Pokal hat gezeigt, dass sie auf einem guten Weg sind.“