Trotz Abwärtstrend – Hamburgs Schüler halten Niveau

Hamburg: Schüler einer Stadtteilschule gehen durch einen Gang zu ihrem Klassenzimmer. Foto: Christian Charisius/dpa
Mathe- und Naturwissenschaften – Hamburgs Jugendliche trotzen dem Negativtrend. Warum die Hansestadt plötzlich zur Spitzengruppe zählt und was noch fehlt.
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Hamburg. Hamburgs Neuntklässler haben ihre Leistungen in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik in den vergangenen sechs Jahren annähernd konstant halten und sich dadurch im Ländervergleich deutlich verbessern können. So kletterten Hamburgs Schülerinnen und Schüler in Mathematik von Platz 11 auf Platz 4 und in den Naturwissenschaften im Schnitt von Platz 15 auf Platz 9, wie aus dem IQB-Bildungstrend 2024 hervorgeht.
Bundesweit mehr als 48.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Die Studie wurde vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen im Auftrag der Kultusministerkonferenz erstellt. Die Stichprobe umfasste den Angaben zufolge bundesweit 48.279 Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe an 1.556 Schulen. In Hamburg waren es 3.142 Jugendliche an 113 Schulen. Im IQB-Bildungstrend 2024 wurde erneut überprüft, inwieweit schulische Erträge mit den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) vereinbarten Kompetenzerwartungen entsprechen.
Die Kernergebnisse: Das Kompetenzniveau hat sich bundesweit verschlechtert, in einzelnen Ländern sogar dramatisch, heißt es in der Studie. So rauschte etwa der Mittelwert in Mathematik in Nordrhein-Westfalen zwischen 2018 und 2024 um 34 auf 455 Punkte ab und in Thüringen um 30 auf 477 Punkte. Kein einziges Bundesland erreichte positive Werte – auch Hamburg nicht. Allerdings sank der Mittelwert in der Hansestadt am wenigsten, nämlich um nur 6 auf 482 Punkte.
Hamburgs Jugendliche steigern sich in Mathematik auf Platz 4
Die Folge: Hamburg liegt bei den Veränderungen auf Platz eins aller Bundesländer und wurde dadurch im Mathematik-Ranking der Neuntklässler vom 11. Platz im Jahr 2018 auf den 4. Platz im Jahr 2024 katapultiert. Hamburg profitierte dabei auch von der Schwäche der anderen Länder. So hätten die 482 von Hamburg erreichten Punkte im Jahr 2018 nur für Platz 13 und im Jahr 2012 nur für den 14. Platz im Länderranking gereicht. Der Bundesschnitt in Mathematik lag diesmal bei 474 Punkten – nach 500 im Jahr 2012.
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Hamburgs Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) zeigte sich dennoch zufrieden: „Die vielen Maßnahmen, die wir seit dem letzten IQB-Bildungstrend 2018 eingeführt und umgesetzt haben, haben Wirkung gezeigt.“ Hamburgs Schülerinnen und Schüler gehörten jetzt auch in Mathematik bundesweit zur Spitzengruppe. „Der deutschlandweite Trend ist aber besorgniserregend“, räumte sie ein. So verringerte sich über alle Bundesländer hinweg der mittlere Kompetenzwert in Mathematik und Biologie um jeweils 24 Punkte und in Physik und Chemie um jeweils 23 Punkte, heißt es in der Studie.
Bekeris: Noch Aufholbedarf in den Naturwissenschaften
Bekeris verwies darauf, dass Hamburg schon 2015 eine Reihe von Veränderungen im Mathematikunterricht eingeleitet habe. „Diese Reformen haben dazu geführt, dass die Hamburger Schülerinnen und Schüler über dem bundesweiten Durchschnitt liegen.“ Auch in den Naturwissenschaften hätten sich Hamburgs Jugendliche verbessert. Es gebe aber noch Aufholbedarf. „Auch hier haben wir inzwischen Maßnahmen und Programme entwickelt, die in den nächsten Jahren flächendeckend umgesetzt ihre Wirkung entfalten sollen.“
Die Schulsenatorin verwies auf die Stärkung fachsprachlicher Kompetenzen. So sei die Sprachbildung als Querschnittsaufgabe und durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen naturwissenschaftlichen Fächern und Jahrgangsstufen hervorgehoben und werde in den Kerncurricula integrativ berücksichtigt. „Die sprachliche Entwicklung einer Schülerin, eines Schülers ist somit eine essenzielle Grundlage zum Verständnis von mathematisch-naturwissenschaftlichen Zusammenhängen und Fragestellungen.“
Anteil von Jugendlichen mit psychosozialen Auffälligkeiten steigt
Der Anteil von Jugendlichen mit psychosozialen Auffälligkeiten hat sich der Studie zufolge seit 2018 vergrößert, und die Schulverbundenheit der Jugendlichen verringert. Insbesondere Mädchen seien von diesen negativen Entwicklungen betroffen. Die Schulbehörde wies darauf hin, dass die Teilnehmer am IQB-Bildungstrend 2024 zu Beginn der Corona-Pandemie in der Regel in der 5. Klasse gewesen seien und damit zu Beginn ihrer Laufbahn in einer weiterführenden Schule von pandemiebedingten Einschränkungen betroffen gewesen sein, was ihre Entwicklung beeinträchtigt haben dürfte. Die aktuelle Weltlage wie auch die verstärkte Nutzung sozialer Medien könnten zudem die sozio-emotionale Entwicklung negativ beeinflusst haben.